In der Diskussion um den Preis des Deutschlandtickets schließt der bayerische Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) eine Teuerung nicht aus. Im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk sagte er: "Wir stehen in Berlin kurz vor der Sommerpause, wenn das jetzt denn entschieden wird und wir Klarheit haben, dann wird das Ticket ab 1. September heuer noch teurer." Der Preis werde mindestens um zehn Euro steigen müssen.
Bernreiter: Deutschlandticket brachte keine zusätzlichen Einnahmen
Bernreiter forderte den Bund auf, seine finanziellen Versprechen einzuhalten. Der Bundeskanzler habe – so der bayerische Verkehrsminister – den Ländern im November 2023 die Zusage gegeben, dass die Mittel, die 2023 für das Deutschland-Ticket nicht verbraucht wurden, auf 2024 übertragen werden. "Diese Zusage ist bis heute nicht erfüllt", sagte Bernreiter und fügte an: "Jetzt brauchen wir aber erst mal einen Kassensturz und ich weiß nicht, in welcher Republik wir leben, wenn die Zusage eines Bundeskanzlers nichts mehr gilt."
Einen Grund für die Finanzprobleme sieht Bernreiter darin, dass meist nur Dauerfahrer auf das Deutschlandticket umgestiegen und kaum zusätzliche Bahnkunden gewonnen worden seien: "Wir haben ja etwa elf Millionen, maximal zwölf Millionen Fahrgäste, das sind die Fahrgäste in den Ballungsräumen, die sich eigentlich deutlich zu vorher Geld sparen." Es sei "kein zusätzliches Geld ins System geflossen. Das ist unser ganz großes Problem".
Lindner: Entweder die 49 Euro bleiben oder wir investieren
Über den Preis des Deutschlandtickets gibt es schon länger Streit. Bund und Länder subventionieren das Angebot pro Jahr mit jeweils 1,5 Milliarden Euro. Nur noch für dieses Jahr wurde der Preis von 49 Euro beschlossen.
Die Ampel-Koalition bezifferte das notwendige Investitionsvolumen bei der Bahn ursprünglich auf 45 Milliarden Euro bis 2027. Diese Summe wurde nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom November 2023 auf 27 Milliarden Euro gekürzt.
Bundesfinanzminister Christian Lindner hatte angesichts dieser Finanzklemme am Wochenende die Diskussion um eine Verteuerung des Deutschlandtickets neu angestoßen: "Irgendwann muss die Politik entscheiden, ob wir eher in die Schiene investieren wollen oder ob der Preis von 49 Euro bleiben soll", sagte der FDP-Politiker der "Welt am Sonntag".
CSU: "Übergünstiges Ticket" geht auf Kosten der Infrastruktur
Bernreiter griff diesen Ansatz auf und sagte dem BR: "Es gibt ein Gutachten des Bundesverkehrsministeriums, dass den Ländern bis zum Jahr 2031 40 Milliarden Euro Mittel fehlen, um den Schienenpersonennahverkehr auf dem Status quo halten zu können. Und da will Lindner vorbauen und wir müssen schauen, wie wir da klarkommen."
Auch Unionsfraktionsvize Ulrich Lange (CSU) sah aufgrund der Äußerungen Lindners seine Befürchtungen bestätigt, dass die Förderung für "das übergünstige deutschlandweite ÖPNV-Ticket" nun bei der Schieneninfrastruktur fehle. Es bringe "überhaupt nichts, ein Ticket bereitzustellen, wenn die Schienen kaputt sind und die Züge nicht fahren", erklärte er.
SPD: "Erfolgsprojekt" Deutschlandticket darf nicht zur Disposition stehen
Die SPD ging dagegen prompt auf Konfrontation zu Lindners Vorstoß: Das Deutschlandticket sei ein "absolutes Erfolgsprojekt", sagte SPD-Fraktionsvize Detlef Müller der Deutschen Presse-Agentur: "Ein wichtiger Faktor für diesen Erfolg ist Planbarkeit und Preisstabilität des Angebotes. Beides darf im Rahmen der Haushaltsverhandlungen nicht zur Disposition gestellt werden."
Ramelow will neues Sondervermögen für die Bahn
Thüringens Regierungschef Ramelow (Linke) brachte im Gespräch mit dem "Spiegel" eine andere Lösung ins Spiel: Die derzeitige Finanzierung der Deutschen Bahn sei eine "Strohfeuerpolitik", so Ramelow: "Mal hier ein paar Milliarden zu investieren, mal dort - damit werden wir nicht weiterkommen." Daher fordere er "unabhängig vom Bundeshaushalt" ein neues Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für den Staatskonzern.
Dieses Sondervermögen müsse an das Vermögen der Bahn, also an das Schienennetz, gekoppelt sein: "So schaffen wir eine Institution, die selbst kreditfähig ist." Auf diese Weise könnten die Milliarden "mobilisiert" werden, die die Bahn in den nächsten Jahren dringend brauche.
Pro Bahn: Mehr als 59 Euro geht nicht
Der Fahrgastverband Pro Bahn versucht unteressen schon, gegen allzu drastische Preisanhebungen beim Deutschlandticket vorzubauen: Zehn Euro seien die absolute Obergrenze Grenze bei einem Aufschlag: "Die Politik darf bei der Preissteigerung nicht übertreiben. Das Ticket darf im kommenden Jahr nicht teurer werden als 59 Euro", sagte der Bundesvorsitzende Detlef Neuß dem WDR.
Mit Informationen von dpa und AFP
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