Die Bayern schwärmen für die Bienen. Das zeigen die Mitgliederzahlen der Imkervereine. Die Anzahl der Bienenhalterinnen und -halter im Freistaat steigt stetig – im Jahr 2023 waren es rund 42.000 in den Landesverbänden. Das sind etwa 10.000 mehr als vor zehn Jahren.
Grafik: So hat sich die Anzahl der Bienenhalterinnen und -halter in Bayern entwickelt
Bayern steht auch im Bundesländervergleich mit Abstand an der Spitze – jeder vierte Vereinsimker in Deutschland lebt hier. Hinzu kommen die Imker, die nicht im Verein organisiert sind und somit in der Statistik nicht auftauchen.
"Bayern ist eben ein Flächenstaat", sagt Johannes Selmansberger, selbst Imker und Mitglied des Landesarbeitskreises Artenschutz im Bund Naturschutz Bayern. Dazu komme der hohe Stellenwert der Imkerei im Freistaat und das Volksbegehren "Rettet die Bienen". "Dadurch bekamen die Bienen Aufmerksamkeit in einer breiten Bevölkerungsschicht."
Das führt dazu, dass mehr Menschen die Bienenhaltung als Hobby entdecken. "Die Ortsvereine – das ist ein Trend, den beobachten wir bayernweit – werden immer jünger und weiblicher", sagt Inga Klingner vom Landesverband Bayerischer Imker.
Grafik: Jeder vierte Imker ist in Bayern im Verein
Dargestellt ist nur die Anzahl der Mitglieder aus den Regionalverbänden des Deutschen Imkerbundes.
Um herauszufinden, welche Gemeinde innerhalb Bayerns die Imkerhauptstadt ist, hat BR24 bei allen Landkreisen und Städten in Bayern nachgefragt. Die Behörden bekommen die Zahlen wiederum von den Veterinärämtern, denn dort muss jede Bienenhaltung laut Bienenseuchenverordnung gemeldet werden. So kann im Falle einer Seuche wie zum Beispiel der Amerikanischen Faulbrut schneller gehandelt werden. Nicht alle Bienenhalterinnen und -halter kommen der Meldepflicht allerdings nach – eine weitere Einschränkung in den Daten.
Imkerhochburgen Salgen und Stiefenhofen
Bei der Betrachtung des Imker-Einwohner-Verhältnisses fällt auf: Eine richtige Imkerregion gibt es nicht. Aber manche Orte stechen dennoch heraus: Salgen, die Gemeinde, in der Bio-Imker Josef Strobel lebt, zum Beispiel. Auf die rund 1.500 Einwohnerinnen und Einwohner kommen 29 Imkerinnen und Imker. Das liege unter anderem am örtlichen Imkerverein mit vielen aktiven Mitgliedern wie ihm selbst. "Klar, wenn jemand was macht und sich Zeit nimmt, gibt’s auch mehr Interesse", sagt der Imker. Er zeigt seine Bienenvölker zum Beispiel auch Schulklassen und Kindergartengruppen. Für den jüngsten "Boom" ist laut Josef Strobel aber auch tatsächlich ein gewachsenes Interesse der Gesellschaft an den Bienen und der Natur im Allgemeinen verantwortlich.
Eine höhere Imker-Dichte als in Salgen gibt es nur noch in Stiefenhofen in Schwaben. Auf die rund 2.000 Einwohnerinnen und Einwohner kommen hier 42 gemeldete Bienenhalterinnen und -halter. Dort ist die Zahl unter anderem auf das in Bayern staatlich geförderte "Imkern auf Probe" zurückzuführen. Dabei nimmt ein erfahrener Imker oder eine erfahrene Imkerin einen Anfänger unter seine Fittiche. Eine Einschränkung in den Daten: Nicht immer wohnen die Imker in den Gemeinden, sondern haben nur dort ihre Bienenstöcke aufgestellt.
Die meisten registrierten Imker insgesamt gibt es in der Landeshauptstadt München – circa 1.500.
"Menschen, die im Beruf wahnsinnig viel um die Ohren haben, können bei den Bienen abschalten", erklärt Inga Klingner vom Landesverband Bayerischer Imker. Denn im Umgang mit den Bienen müsse man sich wirklich ruhig verhalten: "Bienen spüren Nervosität und Anspannung." Hinzu kommt: Menschen würden eine sinnvolle Beschäftigung suchen, sind vielleicht naturverbunden und essen zudem noch gerne Honig.
Die Anzahl der Imker steigt stärker als die der Bienenvölker. 2008 kamen im Schnitt 7,4 Bienenvölker auf einen Imker. Inzwischen sind es nur noch 6,5. Der Trend habe sich im Vergleich zu den 50er-, 60er-Jahren gewandelt, sagt Inga Klingner vom Landesverband Bayerischer Imker. "Früher war es so, dass wenige Imker viele Bienenvölker gehalten haben, und jetzt ist es so, dass wir sehr viele Imkerinnen und Imker haben, die wenige Völker halten." Die überwiegende Anzahl der bayerischen Imker seien Freizeit-Imker.
Nach Angaben des StMELF waren den Landesverbänden in Bayern 2023 circa 272.000 Bienenvölker gemeldet.
Grafik: Entwicklung der Bienenvölker in Bayern
Volksbegehren "Rettet die Bienen" sorgt für Imker-Ansturm
Der Ansturm durch das Volksbegehren sei aber nicht immer förderlich gewesen, sagt Inga Klingner. "Die Idee, ich stelle mir ein Bienenvolk in den Garten und tue der Umwelt etwas Gutes, ist zu kurz gedacht." Man übernehme schließlich Verantwortung für viele Lebewesen, um die man sich kümmern muss. Um Imker zu werden, ist in Deutschland keine Ausbildung oder Prüfung – wie etwa beim Fischen – notwendig.
"Jeder Imker, der schlampig arbeitet, erweist den Imkerinnen und Imkern im Umkreis einen Bärendienst", meint Inga Klingner. "Wenn Seuchen ausbrechen, dann werden schnell die Imker im Flugradius der Biene – circa drei Kilometer – mit ins Verderben gezogen."
Expertin: Bienenhaltung lernt man nicht auf YouTube
Deswegen hält sie das "Imkern auf Probe" für sehr sinnvoll. "Das ist in meinen Augen ein tolles Projekt, weil man Imkerei durch praktisches Tun lernt. Dieser Trend, ich schau' mir ein YouTube-Video an und dann weiß ich Bescheid – das funktioniert vielleicht, wenn ich einen Fahrradreifen flicke, aber nicht, wenn ich mich um Bienen kümmere." Durch das Programm könne man unverbindlich testen, ob die Imkerei überhaupt das richtige Hobby ist.
Und nicht nur an die eigenen Honigbienen sollte man als Imker oder Imkerin denken: "Fakt ist, dass die Honigbienen eine Konkurrenz zu den Wildbienen darstellen", sagt Johannes Selmansberger vom Bund Naturschutz. "Das massive Wildbienensterben dürfen wir aber nicht der Honigbiene in die Schuhe schieben." In einem Positionspapier des Nabu heißt es dazu: "Wildbienen sind eigentlich nicht durch Honigbienen bedroht, sondern durch einen Mangel an Lebensraum."
💡 Sophie Menner und Claudia Kohler analysieren für BR24 TV, Radio und hier im Digitalen Daten – mit dem Fokus auf Bayern. Die Recherchen beleuchten datengestützt aktuelle Themen und deren Hintergründe und Zusammenhänge. Eine Kooperation mit der Tageszeitung Main-Post ist preisgekrönt. Haben Sie ein Thema, auf das wir mit der Datenbrille schauen sollen? Schreiben Sie uns: br24.feedback@br.de, Stichwort: Datenthema
Video: Auf der Suche nach Pollen: Roadtrip mit Bienen
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