Ob München, Nürnberg, Passau, Ansbach oder Bad Reichenhall. Mit Sternfahrten, Kundgebungen oder Mahnfeuern haben Landwirte ihrem Ärger in den letzten Tage Luft gemacht.
Günther Felßner, der Präsident des Bayerischen Bauernverbands, ist mehr als zufrieden, wie die Proteste bisher laufen. Während in der Vergangenheit oft nur Schweinehalter, Milchviehbetriebe oder Ackerbauern demonstriert haben, stehen nun alle zusammen. Er habe erwartet, dass man die Bauern stark mobilisieren könnte. Dass nach wenigen Tagen mehr als 100.000 Menschen an den Demonstrationen teilnehmen und sich so viele Berufsgruppen hinter die Landwirte stellen, das habe er nicht erwartet.
9.500 Polizisten im Einsatz
Für die Polizei war die erste Protestwoche eine große Herausforderung, bestätigt Jürgen Köhnlein, der Landesvorsitzende der Polizeigewerkschaft. Im Laufe der Woche haben Beamte bayernweit mehr als 700 Versammlungen betreut. Etwa 9.500 Polizisten waren im Einsatz, wie das Bayerische Innenministerium auf Anfrage des BR bestätigte. Der Großteil der Proteste war genehmigt, ein Drittel waren unangemeldet. In Lindau hatte ein Konvoi von rund 50 Traktoren z. B. einen Kreisverkehr und damit eine Autobahnauffahrt blockiert.
Bisher sei zum Glück – trotz der Fülle der Veranstaltungen und der Größe der Maschinen – wenig passiert, so Köhnlein weiter. An die 80.000 Traktoren und Zugmaschinen waren in den vergangenen Tagen unterwegs. Man vertraue auf die Fahrfähigkeiten der Landwirte und Landwirtinnen. Anzeigen gab es aber, Nötigungstatbestände oder Verkehrsordnungswidrigkeiten. Inwiefern die Anzeigen weiter verfolgt werden, bleibe abzuwarten.
- Zum Artikel: Bauernproteste: Alles Nötigung oder was?
Im Video: Doku Bauernproteste: Wenn Landwirte auf die Straße gehen
Polizei bestätigt friedliche Demos
Insgesamt seien alle Demos sehr friedlich abgelaufen und meist kooperativ, fasst Jürgen Köhnlein zusammen. Auch Probleme mit radikalen Gruppierungen beschränken sich auf Einzelfälle.
Vor der Beginn der Protestwoche wurde viel über mögliche Trittbrettfahrer berichtet, die die Demonstrationen für Ihre Zwecke nutzen könnten, z. B. rechtsextreme Gruppen. Auf Social Media hatten sich viele Landwirte davon klar distanziert und Veranstalter der Demos, wie Bauernverband oder Landwirtschaft verbindet Bayern, hatten derartige Gruppen explizit ausgeladen. Offenbar größtenteils mit Erfolg. "Die Beamten haben das seit Montag beobachtet und mussten nicht großartig einschreiten", so Köhnlein von der Polizeigewerkschaft.
Politiker zwischen Selfies und Buh-Rufen
Viele Politiker nutzten die erste Protestwoche in Bayern, um sich zu positionieren. Die bayerische Landwirtschaftsministerin Michael Kaniber (CSU) war regelmäßig anzutreffen, ebenso wie Hubert Aiwanger (Freie Wähler), der in München für Selfies mit Demonstranten posierte. Ein schweres Los hatte bei der Kundgebung am Odeonsplatz der Grünen-Politiker Karl Bär, der bei seiner Rede auf der Bühne lautstark ausgebuht wurde. Auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erntete bei seinem Auftritt am Freitag in Nürnberg teilweise Buh- und "Heuchler"-Rufe aus dem Publikum.
Staureicher Januar für die Bürger?
Ansonsten beherrschten die erste Woche vor allem Verkehrsbehinderungen. Bauernpräsident Günther Felßner bekräftigte im Interview, dass man die Geduld der Bevölkerung nicht überstrapazieren wolle. Klar sei aber: Die Proteste enden erst, wenn die Bundesregierung nachgibt. "Wenn das nicht der Fall ist, dann werden wir unsere Aktionen fortführen müssen. Dann wird es weitere Beeinträchtigungen geben", so Felßner. Der Landwirt droht mit einem "heißen Januar", wie ihn Deutschland noch nie erlebt habe.
Felßner kündigt Pause an
Pendler können nächste Woche aber womöglich erstmal durchatmen. Bei der Demo am Freitag in Nürnberg erklärte Felßner, dass es nächste Woche eine Verschnaufpause und Zeit für Gespräche geben könne. Für kommenden Montag haben die Fraktionsvorsitzenden der Ampel-Koalition die Vertreter der Landwirtschaft zu einem Gespräch nach Berlin eingeladen.
Im Audio: "Bauernproteste – gerechtfertigt oder überzogen?"
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