Landwirt Edgar Thomas bei seinen Schottischen Hochlandrindern auf einer Weide bei Nüdlingen im Landkreis Bad Kissingen.
Bildrechte: BR/Ralph Wege
Audiobeitrag

Die Blauzungenkrankheit hat auch die Rinderherde von Edgar Thomas aus dem Landkreis Bad Kissingen erreicht.

Audiobeitrag
>

Blauzungenkrankheit: Wie ein betroffener Landwirt damit umgeht

Blauzungenkrankheit: Wie ein betroffener Landwirt damit umgeht

Die Blauzungenkrankheit ist hochansteckend: Infiziert werden vor allem Schafe und Kühe. Gerade in Unterfranken breitet sich die Tierkrankheit aktuell aus. Wie ein betroffener Rinderzüchter damit umgeht und wieso er optimistisch ist.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

Es war eigentlich ein ganz normaler Tag: Landwirt Edgar Thomas betritt seine Weide im unterfränkischen Landkreis Bad Kissingen, um nach seinen Tieren zu schauen. Seine Hochlandrinder mit dem braunen flauschigen Fell und den langen Hörnern stehen dort und grasen. Doch schnell fällt dem Bauern auf, dass etwas nicht stimmt.

Hochlandrind hat Blauzungenkrankheit

Eine Hochlandkuh steht abseits, ihre Ohren hängen schlaff herunter. "Da haben wir gleich gedacht: Was ist da los? Wir haben natürlich Fieber gemessen und haben gemerkt, die Kuh hat hohes Fieber. Sie ist schlapp", beschreibt der Landwirt aus Nüdlingen die Situation. Er isoliert die Kuh vom Rest der Herde. Ein Tierarzt nimmt eine Blutprobe. Das Labor-Ergebnis ist eindeutig: Das Tier leidet an der Blauzungenkrankheit.

Bauer ist bestürzt: Virus breitet sich in Kuh-Herde aus

Inzwischen zeigen weitere Rinder aus Edgar Thomas Herde Symptome. Mit seinem Geschäftspartner hält der Landwirt rund 100 Rinder auf mehreren Weiden verteilt. "Ich bin schon bestürzt. Man hört zwar von der Blauzungenkrankheit – aber man denkt, es geht an einem vorbei. Jetzt hat es uns auch erwischt", sagt Thomas.

Blauzungenkrankheit breitet sich in Unterfranken aus

Das Blauzungenvirus Typ 3 hat nicht nur Rinder im Landkreis Bad Kissingen befallen. Bei einem Weiderind im Landkreis Kitzingen wurde letzte Woche ebenfalls eine Infektion mit dem Blauzungenvirus festgestellt. Seit Wochen breitet sich das Virus von Nordwestdeutschland kommend über das Bundesgebiet aus. Mitte August gab es den ersten bayerischen Fall bei einem Schaf aus einem Betrieb in Aschaffenburg.

Mittlerweile gibt oder gab es in Unterfranken Fälle bei Schafen und Kühen in den Landkreisen Rhön-Grabfeld, Aschaffenburg, Miltenberg, Main-Spessart, Kitzingen, Würzburg – und eben Bad Kissingen. Auch im Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm in Oberbayern wurde bisher ein Fall gemeldet. Über die aktuellen Zahlen informiert das Tierseuchen-Informationssystem [externer Link].

Übertragung durch Insekten – nicht von Tier zu Tier

Den Erreger verbreiten blutsaugende Gnitzen - auch Bartmücken genannt - heißt es vom Friedrich-Loeffler-Institut (FLI). Dabei handelt es sich um das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit. Das heißt: Von Tier zu Tier kann sich die Krankheit nicht übertragen.

Übertragungen treten verstärkt saisonal in der warmen Jahreszeit bei feuchtwarmem Wetter auf. Die Gnitzen fallen vor allem während der Abend- und Morgendämmerung Tiere im offenen Gelände an.

Friedrich-Loeffler-Institut: "Infektionswelle rollt erst an"

Derzeit sind laut dem FLI rund 6.000 bestätigte Fälle bei Tierhaltungen bekannt. In Bayern waren bislang 34 Tierhaltungen betroffen (Stand: 30.08.24). Bei den infizierten Tieren handelt es sich hauptsächlich um Schafe. Rinder sind auch betroffen, in seltenen Fällen Ziegen.

FLI-Sprecherin Elke Reinking geht davon aus, dass die Infektionswelle in Bayern erst anrollt und nun erst richtig losgehen werde. Bayern galt jahrelang als seuchenfrei, was die Blauzungenkrankheit betrifft.

Schafe können an Blauzungenkrankheit sterben

"Die Blauzungenkrankheit ist definitiv eine sehr schwerwiegende Krankheit", erklärt Carola Sauter-Louis im BR24-Interview. Sie ist die Leiterin des Instituts für Epidemiologie am FLI. Vor allem bei Schafen kann die Blauzungenkrankheit sehr schlimm verlaufen. Viele von ihnen könnten daran sterben. Rinder hätten meistens mildere Symptome.

Für Menschen ist das Virus ungefährlich

Für den Menschen ist die Krankheit dagegen völlig ungefährlich. "Selbst wenn wir mit den Tieren in Berührung kommen, kann uns nichts passieren. Das Virus ist auf Wiederkäuer spezialisiert, hauptsächlich auf Rinder und Schafe", so Sauter-Louis weiter. Das gelte auch für den Verzehr von Fleisch- oder Milchprodukten, die von betroffenen Tieren stammen. Die könne man ohne Bedenken zu sich nehmen.

Landwirt: "Keine Impfung, Tiere werden das überstehen"

Den Menschen, die Nutztiere halten, empfiehlt das FLI eine Impfung gegen die Blauzungenkrankheit. So seien die Tiere besser geschützt. Auch Landwirt Edgar Thomas hat darüber nachgedacht: "Wir haben uns entschieden, nicht zu impfen. Wir gehen davon aus, dass unsere Tierrassen sehr vital sind und das überstehen werden." Er hält Schottische Hochlandrinder, Rotes Höhenvieh und Angus-Rinder. Angesichts der rasanten Ausbreitung könnte der Impfstoff knapp werden, fürchtet Thomas. Deshalb sollte er an die Tiere gehen, die ihn dringend brauchen, also die Schafe.

Obwohl Thomas damit rechnet, dass sich das Virus in seinen Herden weiter ausbreiten wird, bleibt der Landwirt optimistisch: Er geht davon aus, dass sich die infizierten Rinder wieder erholen werden. So wie es auch bei seiner erkrankten Kuh der Fall ist – ihr geht es offenbar schon wieder besser.

Edgar Thomas spricht über die Krankheit einer seiner Kühe.
Bildrechte: BR
Videobeitrag

Edgar Thomas

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!