Die typischen Rhönschafe: weißes flauschiges Fell, schwarzer Kopf. Jetzt im Sommer grasen sie in Herden auf den hügeligen Wiesen der Rhön. Doch die Menschen, die die Tiere dort halten, sind jetzt in Alarmbereitschaft: In der Rhön in Unterfranken ist der erste bestätigte Fall der Blauzungenkrankheit aufgetreten – einer akuten Virus-Erkrankung.
Schaf in der Rhön mit Blauzungenkrankheit infiziert
Wie es vom Landratsamt in Bad Neustadt heißt, handelt es sich bei dem infizierten Tier um ein Schaf aus dem Nord-Westen des Landkreises. Der Tierhalter habe eine Tierärztin hinzugezogen, die das Schaf von seinen Schmerzen und Leiden erlöst hat.
Die Blauzungenkrankheit, auch kurz BT (Bluetongue Disease) genannt, tritt vor allem bei Schafen, Ziegen und Rindern auf. Das Landratsamt Rhön-Grabfeld appelliert an Halter und Halterinnen, dass sie vermehrt auf Krankheitsanzeichen bei ihren Tieren achten sollen. Bei Auffälligkeiten sollen sie einen Tierarzt oder eine Tierärztin hinzuziehen. Durch Proben kann man schnell feststellen, ob die Tiere mit der Blauzungenkrankheit infiziert sind oder nicht.
Welche Symptome haben Schafe?
Laut dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, treten bei Schafen schwere Symptome etwa sieben bis acht Tage nach der Infektion auf. Sie äußern sich folgendermaßen:
- Die Tiere haben oft hohes Fieber.
- Sie wirken krank und sondern sich von der Herde ab.
- Die Maulschleimhäute schwellen an und röten sich. Das führt zu vermehrtem Speichelfluss und Schaum vor dem Maul.
- Die Zunge kann anschwellen und aus dem Maul hängen.
- Eine typische blaue Verfärbung der Zunge ist selten und tritt nur in schweren Fällen auf.
- Schafe können auch lahmen.
- Trächtige Tiere können Fehlgeburten haben.
- In sehr schweren Fällen kann die Krankheit tödlich enden, insbesondere bei Tieren, die bereits zuvor geschwächt waren.
Wie macht sich die Blauzungenkrankheit bei Rindern bemerkbar?
Bei Rindern können die Symptome denen der Maul- und Klauenseuche (MKS) ähneln. Es kommt zu Entzündungen der Zitzen und Schleimhäute in Augen, von Maul und Genitalien. Auch die Milchleistung kann sinken. Rinder haben in der Regel einen weniger schwerwiegenden Verlauf als Schafe, aber auch Rinder können an der Blauzungenkrankheit sterben.
Übertragung der Krankheit durch Insekten
Den Erreger übertragen blutsaugende Insekten – die Gnitzen, auch Bartmücken genannt. Nach Angaben des FLI tritt dies verstärkt saisonal in der warmen Jahreszeit bei feuchtwarmem Wetter auf. Die Gnitzen fallen vor allem während der Abend- und Morgendämmerung Tiere im offenen Gelände an.
Eine Übertragung durch direkten Kontakt oder über kontaminierte Gegenstände ist bisher nicht bekannt.
Erreger ist für Menschen ungefährlich
Der Erreger der Blauzungenkrankheit ist für den Menschen nicht gefährlich. Fleisch und Milchprodukte der Tiere können ohne Bedenken verzehrt werden, betont das FLI. Auch Hunde und Katzen sind von der Krankheit nicht betroffen.
Landwirte und Landwirtinnen können ihre Tiere gegen die Blauzungenkrankheit impfen lassen. Auch wenn es bereits mehrere Impfstoffe gegen den neu aufgetretenen Serotyp 3 gibt: Keiner von ihnen ist in Studien langzeiterprobt. Deshalb fehlt die offizielle Zulassung. Damit die Landwirte ihre Tiere dennoch zeitnah schützen können, wurde ihnen die Anwendung von drei Blauzungenkrankheit-Impfstoffen per Eilverordnung gestattet – noch vor der offiziellen Zulassung, heißt es vom Bundeslandwirtschaftsministerium.
Die Kosten pro verabreichter Impfung unterscheiden sich je nach Standort und Tierart und können zwischen drei und 15 Euro liegen.
Auswirkungen der Blauzungenkrankheit auf die Landwirtschaft
Die Blauzungenkrankheit hat erhebliche Auswirkungen auf die Landwirtschaft, insbesondere auf Betriebe mit Rindern, Schafen und Ziegen. Nach einem Ausbruch dürfen Tiere aus betroffenen Gebieten nur dann in seuchenfreie Regionen transportiert werden, wenn sie gesund sind oder geimpft wurden. Kranke oder gar tote Tiere verursachen zusätzlich finanziellen Schäden für die Landwirte.
Mehrere Fälle der Blauzungenkrankheit in Unterfranken
Den ersten bestätigten Fall in der Rhön hat das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) ermittelt. Das Schaf war mit dem Blauzungenvirus, Serotyp BTV-3 infiziert, so das Landratsamt Rhön-Grabfeld.
Weitere bestätigte Fälle gibt es bereits bei Schafen in den Landkreisen Aschaffenburg, Main-Spessart und Miltenberg, so das FLI. Im Landkreis Aschaffenburg leiden auch Rinder an der Blauzungenkrankheit.
- Zum Podcast von "Landwirtschaft und Umwelt": Blauzungenkrankheit hat Bayern erreicht
Im Audio: Blauzungenkrankheit hat die Rhön erreicht
Bayern ist nicht mehr "seuchenfrei"
Bayern galt seit 2021 als "seuchenfrei" – bis Mitte August: Da war das Virus bei Schafen aus einem Betrieb im Landkreis Aschaffenburg nachgewiesen worden, heißt es vom Bayerischen Umweltministerium. "Somit ist ein Ausbruch der Blauzungenkrankheit in Bayern amtlich bestätigt". Vor allem am Untermain gab es zuvor schon Befürchtungen, dass die Erkrankung aus dem benachbarten Hessen eingeschleppt werden könnte.
Die Blauzungenkrankheit gilt als Tierseuche und stammt ursprünglich aus Afrika. Sie hat sich aber inzwischen weltweit verbreitet. Seit 2006 wurden auch in verschiedenen Ländern Europas Ausbrüche erfasst.
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