Böllerschützen in Bayern
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Böllern für Gott: Sind Schüsse an Fronleichnam noch zeitgemäß?

Böllern für Gott: Sind Schüsse an Fronleichnam noch zeitgemäß?

Das Böllern an Fronleichnam gehört in vielen bayerischen Gemeinden dazu wie das Amen in der Kirche. Für die einen ist es ein guter alter Brauch. Für die anderen nichts weiter als Lärmbelästigung. Doch wer es abschaffen möchte, stößt auf Widerstand.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Vor allem in Altbayern sind sie am Fronleichnamstag wieder zu hören: Bei den traditionellen Prozessionen gehört das Böllern der Schützenvereine einfach dazu. Manche stellen das nun infrage. Zu laut und schlicht überflüssig.

Die Salutschüsse seien eine Ehrenbezeugung der Schützen zu christlichen Festen, sagt Rudolf Neumaier, Geschäftsführer des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege, im Gespräch mit BR24. Dass den Brauch heute allerdings viele Menschen nicht mehr verstehen oder hinterfragen, davon zeugt ein "ganz dicker Aktenordner" den der Verein aufgrund vieler Anfragen in den vergangenen Jahren angelegt habe.

"Gott und Kriegsgefallene kann man auch anders ehren"

Alfred Rietzler gehört zum Lager der Kritiker des Böllerschießens. Im Jahr 2018 hat er im Gemeinderat im oberbayerischen Hohenbrunn den Vorstoß unternommen, das Böllern bei der Fronleichnamsprozession abzuschaffen - und scheiterte. Nach wie vor sei er für die Abschaffung, betont er gegenüber BR24. "Gott und Kriegsgefallene kann man auch anders ehren. Man könnte zum Beispiel die Glocken läuten."

Menschen und besonders Tiere würden unter dem Lärm leiden, sagt Rietzler. "Warum an Fronleichnam schießen? Kein Mensch kann mir das erklären. Die Befürworter kommen dann immer mit der Tradition. Man muss Traditionen aber auch mal über Bord werfen, wenn sie nicht mehr zeitgemäß sind."

Woher stammt die Tradition des Böllerschießens?

Woher die Tradition des Böllerns an Fronleichnam kommt, darüber gibt es tatsächlich mehr Spekulationen als gesichertes Wissen. Die Begründungen fallen je nach Region unterschiedlich aus. So schreibt der Heimatforscher Sepp Probst aus dem niederbayerischen Regen in seinem Buch 'Rauhnächte im Bayerischen Wald', "die Nacht zum Fronleichnamstag wird als böse Nacht, als Rauhnacht angesehen". Am Abend vor und am Morgen des Fronleichnamstags wurde daher auf den "Herrgott Salut geschossen". "Der Sinn hinter dem Schießen sei, dass durch den Lärm die Geister, Dämonen und der Teufel vertrieben werden sollten", so Probst im Gespräch mit BR24.

Den Ursprung des Böllerns sieht Heimatforscher Rudolf Neumaier im Berchtesgadener Land. Die Schützen dort "gelten als vorbildlich". Doch auch hier ist nichts über die genauen Hintergründe der Fronleichnamstradition überliefert, sagt Thomas Holm, Vorsitzender der Vereinigten Weihnachtsschützen. In der Früh des Fronleichnamstages gebe es einen "Weckruf" mit zwölf Schuss. Während der Prozession werde dann "langsam geschossen im Abstand von fünf bis zehn Sekunden". 15 bis 20 Schützen seien am Böllern beteiligt, wobei ein jeder ungefähr zehn Schuss abfeuere. "Man hört dann ständig das Schießen", erklärt Holm. Den Abschluss bildeten dann nochmals drei Salven.

Fürstenfeldbruck schafft Böllern an Fronleichnam ab

Die Kritik am Böllern kann der Schütze nicht verstehen. In Berchtesgaden werde die Tradition von der Bevölkerung mitgetragen und die Mehrheit erwarte, "dass zu gewissen Zeiten geschossen wird". Neben Fronleichnam gebe es unter anderen das Christkindl-Anschießen am 17. Dezember, das Schießen an Weihnachten, zum Hochfest der Muttergottes am 1. Januar und an Pfingsten. Geschossen werde von festen Standplätzen aus, "weit genug weg von den Häusern", sagt Thomas Holm.

Im oberbayerischen Fürstenfeldbruck dagegen entschied der Pfarrverbandsrat schon 2012, dass die Böllerschützen nicht mehr bei der Prozession schießen dürfen. Der Grund: Es passe nicht zum Anlass - und den Leuten sei es zu laut. "Viele Leute sagen, sie können mit der Schießerei nichts anfangen", begründete die Vorsitzende des Pfarrverbandsrats, Birgitta Klemenz, damals im "Münchner Merkur" die Entscheidung. Man bete für Frieden und dann werde geböllert.

Heimatpfleger: Bräuche ändern sich

"Ich kann die Entscheidung auch als Heimatpfleger sehr gut nachvollziehen", sagt Rudolf Neumaier zu BR24. Er selbst halte den Brauch für "martialisch" - gerade in Zeiten, in denen es wieder Krieg in Europa gebe. Fronleichnam sei "so ein schönes Fest, bei dem die Kirche ihre ganze Pracht entfalten kann, dass ich mich frage, ob es die Lärmkulisse braucht". Bräuche würden sich stetig ändern und anpassen. Er könne sich daher vorstellen, dass die Entscheidung der Fürstenfeldbrucker "wegweisend für andere" sei, insbesondere in der aktuellen Situation.

Von einem generellen Verbot hält Neumaier jedoch nichts. Vielmehr plädiert er dafür, die Menschen vor Ort selbst entscheiden zu lassen. Denn das mache Bräuche aus: Sie sollen gemeinschaftsstiftend sein. Wenn sie das nicht mehr seien oder gar "kontraproduktiv für die Gemeinschaft", sollte aber auch über deren Abschaffung diskutiert werden dürfen.

Im Audio: Fronleichnam in Bamberg und Nürnberg

Teil einer Fronleichnamsprozession in Bamberg 2019
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Teil einer Fronleichnamsprozession in Bamberg 2019

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