Zweieinhalb Wochen vor der Bundestagswahl verliert die CSU deutlich an Rückhalt, dafür legt vor allem die SPD zu. Der BR-BayernTrend sieht die Christsozialen in der Sonntagsfrage bei 28 Prozent im Freistaat, das sind acht Prozentpunkte weniger als bei der letzten Erhebung im Juli.
Söder: Man muss sich gegen Trend stemmen
CSU-Chef Markus Söder bedauert das weitere Abrutschen seiner Partei im aktuellen BayernTrend. Bei einem Wahlkampfauftritt in Nürnberg erklärte er: "Der Trend im Moment ist nicht gut." Er räumte weiter ein: "Auch eine CSU kann sich nicht vom Bundestrend abkoppeln." An die Anhänger der CSU appellierte Söder, diesen Trend zu brechen. Er fügte hinzu: "Es reicht nicht nur Trends zu beschreiben, man muss sich dagegenstemmen."
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Söder sprach von einem Richtungskampf und warnte erneut vor einer Regierung, an der die Partei Die Linke beteiligt sei. Wörtlich sagte Söder: "Deutschland kann doch nicht im Ernst eine Regierung wollen, wo manche Teile vom Verfassungsschutz beobachtet sind und die ein völlig ungeklärtes Verhältnis zur deutschen Geschichte haben."
Der CSU-Chef forderte die Union auf, den Wahlkampf stärker auf Sachthemen auszurichten. Zur Begründung sagte er: "Die Zeiten sind ernst." Die Corona-Krise sei noch nicht vorbei, die Klimakrise gehe erst los und die internationale Stabilität wackele. Auch drohe die Gefahr eines neuen Aufschwungs für Terrorismus in der Welt.
CSU-Generalsekretär Blume gibt sich kämpferisch
CSU-Generalsekretär Markus Blume sagte im Interview mit BR-Chefredakteur Christian Nitsche, es gebe derzeit leider einen sehr, sehr starken Bundestrend, der nicht für die Union laufe. Diesen Trend wolle man nun brechen und drehen. Der CSU-Parteitag am Wochenende sei hierzu der richtige Zeitpunkt und auch der richtige Ort, so der CSU-Generalsekretär. Die CSU war im heute veröffentlichten BayernTrend in der bayerischen Wählergunst auf 28 Prozent abgerutscht.
Für diesen Trend gebe es mehrere Faktoren, so Blume weiter. Natürlich stünde man in Bayern mit einem Kanzlerkandidaten Söder anders da, aber das sei nicht das Thema. Vielmehr gehe es jetzt darum, die hohen Zustimmungswerte, die Markus Söder nach wie vor habe, in Zuspruch bei der Bundestagswahl für die CSU umzusetzen. Nach aktuellen Umfragen drohe ein "dramatischer Linksrutsch", so Blume. Es komme nun darauf an, inhaltlichen Wahlkampf zu führen, denn es läge ein klares Kontrastprogramm auf dem Tisch. Die Union stehe für Stabilität, wogegen auf der anderen Seite eine "linke Belastungsorgie" stehe, die am Ende zu höheren Steuern, mehr Schulden und weniger Sicherheit führen würde.
Angesprochen, warum sich die CSU nicht vom Bundestrend der CDU abkoppeln könne, antwortete Blume, dass sich die CSU auch bei den vergangenen drei Bundestagswahlen nur um sechs bis acht Prozentpunkte von der CDU abgesetzt habe. Aktuell liege man vielleicht sogar etwas besser, sagte Blume. Aber die aktuellen Umfrageergebnisse könnten natürlich nicht Maßstab für die CSU sein. Er sei sich bezüglich der Bundestagswahl sicher: "Da ist definitiv das letzte Kapitel noch nicht geschrieben."
Dobrindt sieht "Warnsignal" in BayernTrend
Für CSU-Spitzenkandidat Alexander Dobrindt ist das deutliche Absacken der CSU "unbefriedigend" und ein "ultimatives Warnsignal", dass Rot-Rot-Grün nach der Wahl am 26. September real werden könnte. Dobrindt fordert, dass der Machtanspruch der Union im Wahlkampf sichtbarer wird.
"Mut zur Kontroverse, Mut zum Kontrast zu anderen Parteien, Mut zur klaren Kante - das ist jetzt die Aufgabe, die muss erfüllt werden." Nur so, erklärte Dobrindt, könne der Trend gegen die Union und deren Kanzlerkandidat Armin Laschet gebrochen werden.
SPD im BayernTrend obenauf
Erfreut zeigen sich die Sozialdemokraten, sie sind laut dem aktuellen BayernTrend der große Gewinner. Die SPD kann demnach mit 18 Prozent im Freistaat rechnen, ein Zuwachs von 9 Punkten im Vergleich zum Juli. Vier von zehn Wahlberechtigten in Bayern würden bei einer Direktwahl des Kanzlers für SPD-Kandidat Olaf Scholz stimmen.
Bayerns SPD-Spitzenkandidat Uli Grötsch ist dementsprechend obenauf. Er betonte, die Menschen spürten, dass Scholz der Richtige für die Zukunft des Landes sei. Scholz beweise jeden Tag als Vize-Kanzler, "dass er das kann", er habe einen "klaren Plan". Zudem träten die Sozialdemokraten sehr geschlossen auf und das Wahlprogramm überzeuge die Bürger.
Grüne machen Wechselstimmung aus
Grünen-Spitzenkandidatin Claudia Roth sagte mit Blick auf die Ergebnisse des BR-BayernTrends: "Man kann wirklich daraus erkennen, dass die Menschen auch in Bayern einen Wechsel wollen". Zwar hätten die Grünen mit 16 Prozent zwei Punkte im Vergleich zum Juli verloren, dennoch stehe man weitaus besser da als bei der letzten Bundestagswahl. Die Verluste für die CSU seien "dramatisch", die Menschen wollten ganz klar eine Veränderung. Dafür stünden die Grünen, die SPD sei schließlich in den letzten Jahren an der Regierung beteiligt gewesen, so Roth.
Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger erklärte, er sei mit den 7 Prozent (plus 1 Punkt) für seine Partei im BR-BayernTrend zufrieden. Er gehe aber davon aus, "dass wir bis zur Wahl noch einiges zulegen werden", so der Spitzenkandidat. Man habe sich bei den Wählern ordentlich präsentiert und sie sähen, "dass wir in Berlin massiv fehlen". Man setze darauf, dass viele der noch unentschiedenen Wähler nicht zu den etablierten Parteien gingen, sondern sich "überproportional" für die Freien Wähler entschieden.
FDP will mehr
Die Liberalen liegen laut BayernTrend bei 12 Prozent und können damit einen Punkt zulegen - FDP-Landeschef und Spitzenkandidat Daniel Föst ist dennoch nicht ganz zufrieden: "Hand aufs Herz - ich möchte mehr." Zwar profitiere man aktuell noch nicht so stark wie erhofft, dennoch sei er zuversichtlich für den Wahltag. Föst betonte: "Uns ist es wichtig, dass wir so stark werden, dass keine Regierung ohne uns möglich ist."
Der bayerische AfD-Spitzenkandidat Peter Boehringer bezeichnet das Ergebnis des BR-BayernTrends als eine echte "Watschn" für die CSU und deren Parteichef Markus Söder. Dass die AfD unverändert bei 10 Prozent verharrt, sei zwar weiter "anständig", aber noch ausbaufähig, so Böhringer.
Die Linke kommt aktuell auf 3 Prozent im BayernTrend, ein Punkt weniger als im Juli. Bayerns Linken-Spitzenkandidat Klaus Ernst räumte ein, die Linke habe zuletzt "nicht die beste Performance" abgegeben. Die Kernthemen hätten nicht immer im Vordergrund gestanden. Das wolle man zum Ende des Wahlkampfes ändern.
Grafik: BR-BayernTrend
Der BR-BayernTrend
Für den BR-BayernTrend befragte das Meinungsforschungsinstitut infratest dimap von 2. bis 6. September 1.195 Wahlberechtigte in Bayern. Es handelt sich um eine repräsentative Zufallsauswahl, die Befragung erfolgte mit Telefon- und Online-Interviews.
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