"Alle Häuptlinge sind heute da", bemerkt Lothar Thaler vom Verein "Brennerdialog Rosenheimer Land" schmunzelnd. Und tatsächlich: Die Vertreter der Bürgerinitiativen sind vollzählig anwesend: aus dem Inntal, aus Rohrdorf, aus Kolbermoor, von der Initiative "Brennerdialog Rosenheimer Land" - und auch der Kreisvorsitzende des Bund Naturschutz Rosenheim ist gekommen. Alle wollen dabei sein, wenn über den Alternativplan zum Brenner-Nordzulauf gesprochen wird. Alle sind sicher: Es braucht keinen Neubau zwischen Kiefersfelden und München.
Modernisiertes bisheriges Schienennetz "reicht locker"
Einfach das nutzen, was schon da ist, das ist das Credo der Bürgerinitiativen. Die Zugstrecke von Kiefersfelden bis München, von Rosenheim nach Mühldorf und die Strecken von München und Mühldorf nach Regensburg sollten ausgebaut und modernisiert werden. Dann wäre der teure Neubau des Brenner-Nordzulaufes mit zum Teil neuen Trassen gar nicht mehr notwendig, sind sich die Initiativen sicher. Das bestehende Eisenbahnnetz in Südostoberbayern könne den Güterverkehr der Zukunft locker fassen.
Um Milliarden günstiger?
Und diese Variante sei auch um einiges günstiger als ein Trassen-Neubau, betonen die Bürgerinitiativen. Die Projektkosten würden sich von zehn Milliarden Euro (laut Bürgerinitiative reichen die von der Bahn genannten sieben Milliarden nicht) auf rund zwei bis drei Milliarden Euro reduzieren lassen. "Es ist immerhin unser Steuergeld, was hier verbaut wird", betont Sprecher Lothar Thaler. Ein weiterer Vorteil sei, dass man je nach Bedarf die bestehenden Strecken modernisieren könne, sozusagen ein Stufenplan. "Man ist damit flexibler. Das wäre doch besser, als von vornherein eine Strecke in die Landschaft zu betonieren und darauf zu warten, ob ein Zug kommt", so der Kreisvorsitzende des Bund Naturschutz, Rainer Auer. Schneller, billiger, nachhaltiger sei das Motto.
Ein Güterzugtunnel unter Rosenheim?
Allen voran solle die "ABS 38", die Strecke München-Mühldorf-Freilassing, fertiggestellt werden. Sie könne bereits viel auffangen, wenn 2023 der Brenner-Basistunnel fertig sei, sagen die Initiativen. Die Strecke Kiefersfelden-München müsse ebenfalls modernisiert und digitalisiert werden. Erst ab Stufe 3 des Alternativplans regen die Initiativen einen rund fünf Kilometer langen Streckenneubau an – und zwar unterirdisch: einen Güterzugtunnel unter der Stadt Rosenheim. Das würde die Stadt vom erwarteten Güterzugverkehr enorm entlasten, finden die Bürgerinitiativen.
Direkte Gespräche mit der Stadt Rosenheim über diesen Vorschlag würden zwar aktuell nicht geführt, gibt Lothar Thaler zu. Man wolle den Gesprächsfaden aber nicht abreißen lassen. Insgesamt sei die Idee mit dem Stufenplan auch zeitlich schneller umzusetzen - was bedeuten würde, dass der Güterverkehr zehn Jahre früher auf die Schiene komme als mit einem Neubau, den die Deutsche Bahn nach eigenen Angaben um 2040 in Betrieb nehmen möchte.
Alternativplan soll in Berlin auf den Tisch
Die Bürgerinitiativen rund um den Brennerdialog sind sich sicher, dass das Eisenbahnbundesamt ihren Alternativvorschlag prüfen wird. Letztendlich werde man aber auch selbst dafür sorgen, das alle Parlamentarier in Berlin, insbesondere im Haushalts- und Verkehrsausschuss, von diesem Alternativplan aus Rosenheim erfahren, macht ein engagiertes Mitglied klar. Es gehe darum zu verdeutlichen, das bei weitem nicht alle mit den Planungen der Deutschen Bahn einverstanden sind, fasst Lothar Thaler zusammen.
Bahn hält Bestandsstrecke im Inntal für ungeeignet
Inzwischen hat die Deutsche Bahn zu dem Alternativplan Stellung genommen. Dieser sei ungeeignet, um die verkehrlichen Ziele des Bundesverkehrswegeplans umzusetzen. Schon mehrfach habe man dargelegt, dass ein Fokus auf die Bestandsstrecke im Inntal die Probleme nicht lösen könne, weil die Strecke durch die Ortschaften führe. Desweiteren sei ein Tunnel unter der Stadt Rosenheim aufgrund des schwierigen Untergrunds, dem sogenannten Seeton, nicht machbar. Der Verweis auf die Ausbaustrecke Mühldorf stelle nur eine Problemverlagerung dar, so die Deutsche Bahn weiter.
Ihr abschließendes Resüme: "Die veröffentlichten Ideen erscheinen deshalb nach erster Sichtung nicht zukunftsfähig angesichts der Aufgabe, Schienenwege bereitzustellen, die auch in den kommenden Jahrzehnten noch Verkehr aufnehmen können". Die DB verspricht allerdings, alle Kernforderungen der Bürgerinitiativen auf technische und verkehrliche Umsetzbarkeit zu prüfen.
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