Das unterfränkische Haßfurt hat schon sehr früh voll auf erneuerbare Energien gesetzt. Kurz vor der Jahrtausendwende fing es an. Inzwischen gibt es mehrere große Photovoltaik-Anlagen und einen Bürgerwindpark, die zusammen über 60 Megawatt bringen. Außerdem liefert eine Biogasanlage auch dann Strom und Wärme, wenn die Sonne nicht scheint und kein Wind weht. In der Summe deckt das Stadtwerk damit 300 Prozent des Strombedarfs aller Bürger. Es wird also dreimal so viel Strom selbst erzeugt, wie in Haßfurt verbraucht wird.
Wasserstoff zur Stromspeicherung
Dass der überschüssige Strom nicht verloren geht, macht eine sogenannte Power-To-Gas-Anlage möglich. Die erzeugt mittels Elektrolyse aus überschüssigem Wind- und Sonnenstrom Wasserstoff. Der kann bei Bedarf rückverstromt werden. Dadurch bleibt die Energie in der Region und kann auf Nachfrage geliefert werden. In Haßfurt geht man sehr sorgsam mit Strom um. In den Haushalten hat das Stadtwerk schon 10.000 intelligente Stromzähler eingebaut. Sogenannte Smart Meter. Damit können die Verbraucher variable Stromtarife buchen und dann nutzen, wenn es gerade günstig ist.
Engagement seit mehr als 25 Jahren
Verantwortlich für die gelungene Energiewende ist Norbert Zösch, der langjährige Leiter der Stadtwerk Haßfurt GmbH. Er hat schon 1998 damit begonnen, seine ehrgeizigen Ziele umzusetzen. Dieses Jahr hat er die Geschäftsleitung an seinen Sohn Felix übergeben und ist nur noch Senior Advisor. Allerdings wäre die Umsetzung der mutigen Pläne ohne Rückendeckung aus der Politik nicht möglich gewesen. Denn zu diesem Zeitpunkt galten erneuerbare Energien noch als grüne Spinnerei. Der damalige CSU-Bürgermeister Rudi Eck musste also gegen Widerstände aus der eigenen Partei und von Bürgerseite ankämpfen.
Vorreiter der Energiewende
Für ihren Mut wurde die Stadtwerk Haßfurt GmbH schon vor zwölf Jahren von der Deutschen Umwelthilfe als Vorreiter der Energiewende ausgezeichnet. Geholfen hat dabei auch die Wissenschaft. Viele Ideen kamen von der Technischen Hochschule in Schweinfurt, mit der Haßfurt schon seit vielen Jahren zusammenarbeitet. Die Hochschule hat vor vier Jahren den in Deutschland ersten Bachelorstudiengang Wasserstofftechnik gestartet. Für die Studierenden ist die unterfränkische Kleinstadt längst zur Spielwiese für die Energiewende geworden.
Unterstützung durch Hochschule
Die Studenten haben Machbarkeitsstudien erstellt. Dazu wurden einige Bachelor- und Masterarbeiten vergeben. Darauf aufbauend folgten dann die Anlagenplanung und viele Gespräche mit der Firma Siemens, die die Power-To Gas-Anlage gebaut hat. Aber auch die Akquise von Fördergeldern war Thema an der Technischen Hochschule. Das neueste Projekt ist ein mit einer Brennstoffzelle betriebenes Flugzeug. Das soll noch im Frühjahr vom Flugplatz in Haßfurt aus abheben. Angetrieben vom Wasserstoff, der vor Ort erzeugt wird.
Vordenker aus der Politik
Zu den Mentoren der Verantwortlichen in Haßfurt zählte in den Anfangstagen der damalige Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Josef Fell aus Hammelburg. Der gilt als Vater des sogenannten Erneuerbare-Energien-Gesetzes, kurz EEG, das dieses Jahr sein 25-jähriges Bestehen feiert. Damals im Jahr 2000 wurden die Ideengeber noch belächelt, mehr als zwei Prozent könne man niemals schaffen, meinten die Kritiker. Heute sind es deutschlandweit etwa 60 Prozent.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!