Ein Arbeiter geht über eine noch nicht fertige Gleisanlage der Bahn.
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Wer für einen Schaden, wie beispielsweise ein durchtrenntes Kabel, haftet, hängt von den Umständen ab.

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Tagelanges Bahn-Chaos in München: Wer trägt die Verantwortung?

Tagelanges Bahn-Chaos in München: Wer trägt die Verantwortung?

Ein Baggerfahrer hat in München am Wochenende versehentlich mehrere Kabel an einem Stellwerk durchtrennt. Die Störungen im Bahnverkehr rund um die Stadt dauern weiter an. Pro Bahn sieht die Politik in der Verantwortung.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Die Deutsche Bahn will den Stellwerksschaden, der den dritten Tag in Folge den Schienenverkehr in Bayern behindert, bis zum Abend behoben haben. Das teilte eine Sprecherin dem BR auf Anfrage mit. Weil ein Bagger am Samstag bei Wartungsarbeiten an einem Stellwerk bei Pasing versehentlich Kabel durchtrennt hat, kommt es bei der S-Bahn und verschiedenen Regionalbahnen immer noch zu Zugausfällen und Verspätungen.

Regionalzüge und S-Bahnen betroffen

Auf den Strecken von München nach Buchloe, Weilheim und Tutzing fallen Regionalzüge aus. Die S2 fällt zwischen den Haltestellen Allach und Ostbahnhof weiter aus. Auch ICE-Züge haben Verspätungen. Laut Bahn handelt es sich bei den durchtrennten Kabeln um "mehrere Leit- und Sicherungskabel mit unzähligen Adern, die aufwendig neu verlegt werden müssen.

Damit konnte der Zugverkehr in mehreren Stellwerken ab Samstagvormittag nur noch eingeschränkt gesteuert werden." Die DB verweist darauf, dass die S-Bahnen größtenteils wieder fahren – es gibt allerdings noch Einschränkungen bei der S2 und S20. Im Regionalverkehr sind die Strecken in Richtung Tutzing/Weilheim und Buchloe weiterhin von Verspätungen und Zugausfällen betroffen.

Schaden an neuralgischer Stelle für Münchner Zugverkehr

Am Samstag musste die Bahn die Schadstelle zunächst lokalisieren, ehe Arbeiter mit der Planung der Reparatur beginnen konnten, heißt es von der Bahn. "Anschließend ging es darum, das für die Reparatur erforderliche Material zu beschaffen sowie die zur Instandsetzung nötigen Fachkräfte zu binden."

Da sich die Kabel zwischen Pasing und München Hauptbahnhof an einer neuralgischen Stelle für den gesamten Zugverkehr rund um München befinden, waren die Auswirkungen gravierend, räumt die Bahn ein, "zumal die S-Bahn-Stammstrecke zusätzlich wegen des geplanten Instandhaltungswochenendes komplett gesperrt war. Mit dem zunehmenden Reparaturfortschritt konnten wir bereits gestern wieder mehr Züge verkehren lassen."

Pro Bahn: Politik nimmt Bahn nicht wichtig genug

Unterdessen kritisiert der Fahrgastverband Pro Bahn die Politik in Bayern und im Großraum München scharf, weil die Ausfälle so lange dauerten. Andreas Barth von Pro Bahn Oberbayern sagte dem BR, mehrere Tage massive Bahnstörungen im Großraum München zeigten, dass die Politik das Thema Bahn und S-Bahn komplett ignoriere. Die politische Aufmerksamkeit für die Bahn sei viel zu gering.

Die Hälfte der Entfernungen im Raum München würden mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt, das seien in etwa so viele Menschen, wie im Auto fahren. Wenn die Hälfte der Autobahnen um München zwei Tage gesperrt gewesen wäre, dann hätten sich viele Politiker gemeldet, vermutet Andreas Barth von Pro Bahn: "Dann hätte es einen Aufschrei gegeben."

Kabel durchtrennt: Wer zahlt den Schaden?

Wer für einen Schaden wie durch ein abgetrenntes Kabel haftet, hängt immer von den jeweiligen Umständen ab. Eine große Rolle spielt dabei zum Beispiel, ob die Baufirma, beziehungsweise der Baggerfahrer vorher einen Plan bekommen hat, wo alle verlegten Kabel genau eingezeichnet sind, sagt Josef Müller, Jurist beim Bayerischen Bau-Industrieverband, im Gespräch mit dem BR. Das Bauunternehmen oder der Baggerführer könnten haften, wenn sie ihre Sorgfaltspflichten verletzen, so Müller.

"Diese Unternehmen, die müssen vorher prüfen, wo sich eventuell Erdkabel befinden und dann entsprechend sorgfältig arbeiten. Entscheidend sind immer die genauen Umstände des Vorfalls, man kann es nicht allgemein sagen, wer jetzt wirklich im Endeffekt haftet", erklärt Müller. Gegebenenfalls müsse ein Sachverständiger hinzugerufen werden, um die Haftungsfrage zu klären.

Bahn-Chaos auch im Vorjahr durch Bauarbeiter ausgelöst

Dass ein Baggerfahrer Kabel durchtrennt oder beschädigt, passiert immer wieder, zuletzt im September 2023 in München. Im Bahnbereich können solche Unfälle heftige Auswirkungen auf den Verkehr haben, sie passieren aber auch auf kleineren Baustellen. Hans Soyer, Leiter einer Erdaushebungsfirma aus Grafing bei München, berichtet, dass ein Problem auch sei, dass manchmal die Pläne nicht stimmen.

"Wir beantragen die Spartenpläne, wo wir davon ausgehen, dass die im Erdreich vorhanden sind. Gehen diese dann mit unseren Mitarbeitern durch, entweder auf der Baustelle oder zuvor im Büro", so Soyer. Besonders mit den Glasfaserkabeln habe es in letzter Zeit Probleme gegeben. Er sagt: "Es kann sein, dass die Kabel nicht dort liegen, wo sie sein sollen und dann kann sowas natürlich schon mal vorkommen, dass man ein Kabel erwischt."

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