Konsequente Abschiebungen, Abschreckungspolitik und am liebsten hohe Zäune an den EU-Außengrenzen – Dänemark tritt in Sachen Migrationspolitik besonders strikt auf. Und das, obwohl die dänische Regierung sozialdemokratisch geführt ist.
Ein dänischer Sozialdemokrat, hofiert von der CSU
Dementsprechend verwundert es auch nicht, dass der sozialdemokratische dänische Minister für Einwanderung und Integration, Kaare Dybvad Bek, nicht von der SPD oder Olaf Scholz hofiert wird, sondern vom politischen Konkurrenten: der CSU. Sie hat den dänischen Minister ins oberbayerische Kloster Seeon eingeladen, um sich gleich zum Jahresauftakt mit ihm über die Asylpolitik auszutauschen. "Das ist meine erste Einladung nach Deutschland, um das Thema zu diskutieren", gibt der dänische Minister auf Nachfrage zu. "Ich hoffe, es wird mehr."
Schmuckgesetz, Ghettogesetz – die harte dänische Migrationslinie
Bek ist gern zu Gast bei der CSU, denn Dänemark arbeitet daran, mehr EU-Staaten von seiner Migrationslinie zu überzeugen. Die dänische Migrationspolitik ist deutlich härter als die deutsche: Asylbewerber werden konsequent abgeschoben. Ein Schmuckgesetz erlaubt der Polizei, Asylbewerbern Wertsachen abzunehmen. Und laut "Ghettogesetz" dürfen nicht zu viele "nicht-westliche Ausländer" in einem Stadtteil leben, um zu verhindern, dass Parallelgesellschaften entstehen. Die dänische Regierung schaltete auch schon Anzeigen im Nahen Osten, in denen sie Flüchtlinge vor Dänemark warnte.
Der dänische Minister erklärt, worum es ihm gehe: Den Menschen helfen, die wirklich in Not sind. Nicht denen, die es zuerst schaffen, herzukommen. Deutschland hatte im Jahr 2022 rund 14-mal so viele Einwohner wie Dänemark, aber 53-mal mehr Asylbewerber.
Dänischer Minister: "Menschen fliehen auch zu etwas"
"Wir haben Hunderttausende Flüchtlinge in Kongo, Zentralafrika und Myanmar, die in Camps leben. Sie haben keine Chance, nach Europa zu kommen, während sehr viele, die es nach Europa schaffen, nicht aus Kriegsgebieten kommen, sondern aus friedlichen, aber sehr armen Ländern", so Bek. Um den wirklich Schutzbedürftigen zu helfen, müsse die Attraktivität eines Landes für Flüchtlinge aus sicheren Staaten gesenkt werden. Dass es Pull-Faktoren gibt, ist für ihn klar: "Menschen fliehen von etwas, aber sie fliehen auch zu etwas", so der dänische Minister.
Dobrindt: Deutschland mit "größter Magnetwirkung"
Aus Sicht der Dänen muss Deutschland Pull-Faktoren abbauen. Alexander Dobrindt, Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, konkretisiert: Pull-Faktoren, das seien die in Deutschland hohen Asylleistungen, das Bürgergeld und bald auch die Staatsbürgerschaftsreform, der zufolge es bereits nach drei Jahren Aufenthalt möglich sein soll, den deutschen Pass zu bekommen. Deutschland habe auch wegen dieser Punkte "die größte Magnetwirkung in Europa", so Dobrindt.
Was Deutschland außerdem von Dänemark lernen könne: konsequenter abzuschieben, so der dänische Einwanderungsminister Bek. In Dänemark gebe es aktuell nur etwa 400 Personen, die kein Bleiberecht hätten und noch in ihre Heimatländer rückgeführt werden müssten.
Für die CSU ist klar: Sie würde gern das schaffen, was in Dänemark schon geklappt hat - mit einer strikten Migrationspolitik den Rechtspopulisten das Wasser abgraben. Der dänische Kurs in der Migrationspolitik habe in Dänemark dazu geführt, dass Rechtsaußen-Parteien dort von über 20 Prozent wieder unter zehn Prozent gefallen sind, sagt Dobrindt.
In einem Punkt wirkt selbst die CSU zahm
"Große Einigkeit" gebe es zwischen dem dänischen Minister und der CSU beim Thema Migration insgesamt, betont Dobrindt. Beide plädieren dafür, Asylverfahren künftig in Ländern außerhalb der EU durchzuführen. Nur bei der Entwicklungshilfe scheint man nicht ganz auf einer Linie zu sein. Denn Dänemark ist auch hier sehr strikt: Länder, die keine Flüchtlinge zurücknehmen, bekommen keine Entwicklungshilfe mehr. Die CSU habe "eine ähnliche, aber eine differenziertere Diskussion an der Stelle", räumt CSU-Landesgruppenchef Dobrindt ein.
Entwicklungshilfe in der CSU offenbar Streitpunkt gewesen
Beim Thema Entwicklungshilfe gab es im Vorhinein in der CSU offenbar Knatsch. Denn ein Passus dazu schaffte es nicht hinein in den fertigen Entwurf des CSU-Beschlusspapiers von Seeon. Ursprünglich stand da mal: "Deutsches Geld für deutsche Interessen verwenden". In dem Passus machte sich die CSU dafür stark, dass weltweit künftig keine Projekte mehr im Gießkannenprinzip gefördert werden, zum Beispiel Gendertrainings in China. Nur noch Projekte sollten Geld bekommen, die dazu dienen, deutsche Interessen im Ausland durchzusetzen.
Im Video: CSU-Klausur 2024 in Kloster Seeon
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