Darmkrebs ist die zweithäufigste Krebserkrankung bei Frauen und die dritthäufigste bei Männern in Bayern. Dabei schützt ein Darmkrebs-Screening erfolgreich vor der Erkrankung, die oft tödlich verläuft. "In den letzten zehn Jahren hat die Vorsorge durch Stuhltests und Darmspieglungen die Todesrate um 40 Prozent gesenkt", sagt Dr. Berndt Birkner vom Netzwerk gegen Darmkrebs. "Die Darmspiegelung schützt effektiv davor, dass sich ein Darmkrebs unbemerkt entwickelt. Das verhindert unnötiges Leiden und Sterben."
Zellen aus der Darmschleimhaut können wuchern und lassen zunächst harmlose Ausstülpungen, sogenannte Darmpolypen, wachsen. Doch sie können zu Krebs mutieren, falls sie nicht rechtzeitig entdeckt werden.
Darmspieglung verhindert die Entwicklung von Darmkrebs
Bei der Darmspiegelung wird ein Schlauch mit einer kleinen Kamera über den After in den Darm eingeführt, um verdächtige Veränderungen zu erkennen. Schauspielerin Elena Uhlig ist Botschafterin der Felix-Burda-Stiftung und will der Untersuchung das Tabu nehmen. "Ich selbst hatte Scheu davor und die Darmspiegelung trotz Beschwerden vier Jahre hinausgezögert", sagt Uhlig. Die Schauspielerin hatte wiederkehrende Verdauungsbeschwerden und mit 47 Jahren ihre erste Darmspiegelung: "Die Getränke zur Darmentleerung vor dem Termin sind das Schlimmste, ich halte mir da die Nase zu. Dann geht das. Die Darmspiegelung selbst ist harmlos, da gibt's erst ein Höschen mit Schlitz und dann eine Narkose, daran ist nichts eklig oder peinlich."
Ohne die Untersuchung hätte sie heute womöglich Krebs, betont die vierfache Mutter. Denn neben einer chronischen Entzündung, die ihre Verdauungsbeschwerden verursacht hatte, wurden auch Vorstufen von Darmkrebs entdeckt. Die Darmpolypen wurden gleich entfernt. Seitdem geht Uhlig regelmäßig zu Nachkontrollen.
Strategie für eine bessere Darmkrebsfrüherkennung
Versicherte ab 50 Jahren können wählen, zwischen einem jährlichen Stuhltest oder zwei Vorsorge-Darmspiegelungen innerhalb von zehn Jahren. Diese Erfolgsgeschichte ist laut Dr. Birkner in Gefahr: "In den Corona-Jahren die Untersuchungsrate drastisch gesunken. Obwohl es jetzt wieder mehr Darmspiegelungen gibt, erreicht die Vorsorge zu wenig Menschen. Nur rund vier Prozent der Vorsorgeberechtigten im Alter zwischen 50 und 65 Jahren haben eine Vorsorge-Darmspiegelung, eine Koloskopie gemacht. Da brauchen wir einen drastischen Zuwachs."
Hat sich ein bereits Karzinom im Darm entwickelt, ist die Behandlung oft schwierig und nur bei rund 50 Prozent der Betroffenen erfolgreich. Weil mit dem Lebensalter das Darmkrebsrisiko steigt, rechnet der Darmkrebsexperte mit einer Welle neuer Erkrankungen im nächsten Jahrzehnt. Er wirbt mit dem Netzwerk gegen Darmkrebs deshalb für eine neue Vorsorge-Offensive. Risikofaktoren sind neben Alkohol und Rauchen ein höheres Lebensalter, die genetische Veranlagung und starkes Übergewicht.
Kampf gegen Engpässe bei der Vorsorge
Fehlende Vorsorgetermine sind das größte Problem, vor allem in ländlichen Regionen in Bayern. Auch auf eine sogenannte Abklärungs-Darmspiegelung, wenn ein Stuhltest den Verdacht auf Krebs erbracht hat, müssen Betroffene lange warten, für Birkner ein Skandal: "Die Wartezeiten sind inakzeptabel hoch und betragen zwischen sechs bis zwölf Monate. In dieser Zeit kann sich ein Darmkrebs entwickeln, der dann eben nicht oder verspätet entdeckt wird."
Abhilfe sollen eine bessere Honorierung für die Untersuchung und langfristig flexiblere Versorgungsstrukturen schaffen. Der Darmkrebsspezialist berät das bayerische Gesundheitsministerium, das gerade einen "Masterplan Prävention" entwickelt, der die Vorsorge attraktiver für die Bevölkerung machen soll.
Digitalisierung und Forschung gegen Darmkrebs
Die Bayerische Krebsgesellschaft hält den Einsatz neuer Technologien und Forschung für entscheidend. Um die Diagnose von Polypen zu verbessern, könnten künftig hochauflösende "High Definition Koloskope" eingesetzt werden, ebenso eine KI, die bereits getestet wird. Ein standardisierter neuer Bluttest auf Darmkrebs ist laut Birkner womöglich in einigen Jahren einsatzbereit. Die Erforschung von Biomarkern soll die Vorsorge erheblich einfacher und kostengünstiger machen.
Der künftige Test könnte ähnlich unkompliziert wie ein Corona-Schnelltest in der Apotheke gekauft und dann zuhause gemacht werden, so die Hoffnung der Experten. Auch eine digitale Auswertung der Testergebnisse, die Vernetzung von Darmkrebsexperten und die digitale Patientenakte wären wichtig, um den Kampf gegen den Krebs flächendeckend zu verbessern.
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