Richterhütte - Schutzhütte des Deutschen Alpenvereins in den Zillertaler Alpen
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Richterhütte (2.374 m) in den Zillertaler Alpen

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Das Hochgebirge verändert sich: Diskussion um Hüttensaison

Das Hochgebirge verändert sich: Diskussion um Hüttensaison

Traditionell ist im September Hochtouren-Saison. Jetzt bieten Bergschulen die Gletschertouren aber schon früher im Jahr an, weil es ab August zu gefährlich wird. Müsste man auch die Hüttensaison an die veränderten Bedingungen im Hochgebirge anpassen?

Über dieses Thema berichtet: Rucksackradio am .

Hochtouren im Spätsommer – das war eigentlich immer die perfekte Zeit dafür. Doch wo früher Schnee und Eis waren und der Permafrost alles zusammenhielt, treffen Alpinisten jetzt auf instabile, brüchige Felsen und loses Geröll.

Gletscherrückgang macht das Hochgebirge gefährlicher

Stefan aus Unterhaching hat das zum Beispiel beim Aufstieg zur Wildspitze, dem höchsten Berg der Ötztaler Alpen mit 3.768 Metern, erlebt. Ein mannshoher Fels habe sich plötzlich gelöst, erzählt der Bergsteiger, als ein anderer Hochtourengeher sich daran festgehalten habe. Reines Glück sei es gewesen, dass niemand von dem Stein erschlagen wurde. Ein Schockerlebnis für den 33-Jährigen.

Doch solche Situationen kennen Bergführer wie Hubert Nagl von der Bergschule Watzmann im Berchtesgadener Land gut. Steinschlag, mehr offene Gletscherspalten und steiler werdende Gletscher, tiefe Randklüfte am Übergang zwischen Gletscher und Fels – der Rückgang des Eises und das Auftauen des Permafrostes bergen viele Gefahren. Besonders jetzt im Spätsommer, weiß Manfred Lorenz vom DAV Summit Club. Deshalb hat die Bergschule ihr Programm geändert. Ab August bietet sie keine Hochtouren mehr in den Alpen an.

"Klimawandel hat in den letzten Jahren durchgeschlagen"

Wenn über Wochen die Nullgradgrenze auf über 4.500 Meter steigt, gefriert nichts mehr, berichtet der Bergführer aus Tirol. "In den letzten Jahren hat der Klimawandel im Hochgebirge einfach durchgeschlagen".

"Die Gletscherrückgänge kann man nicht mehr wegdiskutieren, weil man sie sehen kann." Manfred Lorenz, DAV Summit Club

Durch den Gletscherrückgang wird die Situation im Hochgebirge instabiler, unvorhersehbarer und gefährlicher. Genauso wie der DAV Summit Club bietet auch das AlpinCenter Oase in Oberstdorf nur noch bis Ende Juli Hochtouren in den Alpen an. Dafür starten die Tourenveranstalter früher in die Saison. Deshalb wäre es gut, wenn Ende Mai oder Anfang Juni auch schon die Hütten im Hochgebirge aufmachen würden. Bisher sind sie zu diesem Zeitpunkt in der Regel noch geschlossen.

Hütten früher aufmachen?

Passt die traditionelle Hüttensaison noch zu den veränderten Bedingungen im Hochgebirge? Nach einem heißen August sind es nicht nur die alpinen Gefahren für die Hochtourengeher, sondern auch die Wasserknappheit, die den hoch gelegenen Hütten zu schaffen macht. Er wird bereits vereinzelt reagiert, berichtet Robert Kolbitsch vom Deutschen Alpenverein. Auf der Neuen Prager Hütte am Großvenediger habe sich der Hüttenwirt etwa entschlossen, früher zu öffnen. Dort beginne jetzt die Saison schon Ende Mai, wenn die Bedingungen für eine Großvenediger-Besteigung auch noch wesentlich besser seien.

So habe man auch weniger Wasserprobleme. Denn schon jetzt musste die Neue Prager Hütte auf 2.796 Metern im Nationalpark Hohe Tauern wegen Wassermangel zum wiederholten Male vor dem regulären Saisonende schließen.

Gut gegen Wassermangel

Früher öffnen, früher schließen – das Modell der Neuen Prager Hütte könnte Schule machen. Wenn die Bergsteiger im Hochgebirge künftig früher im Jahr unterwegs sein müssen, wird man auch mit den Hüttenöffnungszeiten reagieren müssen, meint Robert Kolbitsch vom DAV. All das müsse man aber mit den Sektionen besprechen und dann im Einzelfall entscheiden. "Wir wollen Bergsport ermöglichen und wenn dazu notwendig ist, die Hütten früher aufzumachen, dann werden wir das auch tun", so Kolbitsch.

Natürlich muss man aber auch berücksichtigen, dass die Hütten in den Hochlagen nicht nur von Hochtourengehern genutzt werden, sondern auch von Weitwanderern, die eine Alpenüberquerung machen. Ob der Betrieb von bewirtschafteten Hütten in gewissen Höhen in Zukunft überhaupt noch Sinn ergibt, auch darüber wird man nachdenken müssen.

Fakt ist: Das Hochgebirge verändert sich massiv durch den Klimawandel. Die Berge sind in Bewegung. Wer in der Wildnis der Dreitausender unterwegs ist, so wie Tourengeher Stefan, erlebt das hautnah und begreift, dass sich nicht die Berge, sondern die Menschen an die neue Situation anpassen müssen.

Aktuelle Warnung vor Touren im Hochgebirge

Wegen des Temperatursturzes an diesem Wochenende und den zu erwartenden Schneemengen warnt der Alpenverein besonders vor Wanderungen oberhalb der Waldgrenze. Meteorologen erwarten bis zu 150 Zentimeter Schnee. Kein Wetter für Touren im Hochgebirge, so die Experten von Geosphere Austria in Innsbruck. Bereits kleine Schneemengen können dazu führen, dass Wegmarkierungen kaum erkennbar sind und aus leichten Wanderungen schwerere Touren werden als geplant.

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