Hier und da liegen noch Sperrmüllhaufen und Sandsäcke an den Gartenzäunen. Ansonsten erinnert auf den ersten Blick wenig an das Hochwasser, das Offingen vor zwei Wochen überschwemmt hat. "Von Normalität kann hier aber noch keine Rede sein", sagt Bürgermeister Thomas Wörz.
Er steht im Keller seines Elternhauses. Ein Trocknungsgerät surrt im Hintergrund. Weil die Stromkosten bei vielen Betroffenen geradezu "explodieren", will er beim Stromversorger nach einem "Bautarif" für Hochwassergeschädigte fragen. Einige Menschen in der Siedlung stünden vor dem finanziellen Ruin, sagt der Bürgermeister.
Junge Familien vom Hochwasser überrascht
Gleich hinter dem Gartenzaun seiner Eltern erstreckt sich eine Neubausiedlung. Vor allem junge Familien, im Alter zwischen 25 und 35 Jahren, hätten hier gebaut. Jetzt kommen zu den ohnehin oft hohen Kreditsummen wahrscheinlich weitere Schulden, denn manche waren nicht versichert.
- zur Videoreportage: Hochwasser in Bayern: Schritte zurück ins Leben
Behörden wie das Wasserwirtschaftsamt unterziehen neue Baugebiete einer Prüfung, bevor sie sie bewilligen. "Bei einer Gefährdung durch ein hundertjähriges Hochwasser hätten die Behörden das Neubaugebiet nicht genehmigt. Aber dieses Hochwasser lag sogar weit darüber. Das war eine Flut, mit der niemand gerechnet hat", sagt Wörz. Wer schon einen Notartermin für ein neues Grundstück vereinbart hat, könne diesen wieder absagen und sich den Kauf bis Ende des Jahres in Ruhe überlegen, verspricht der Bürgermeister.
Drei Millionen Euro an Soforthilfe
Bayerns Staatsregierung hat vor einigen Tagen ein Soforthilfeprogramm gestartet. Über 1.000 Anträge wurden im Landkreis Günzburg schon gestellt und insgesamt mehr als drei Millionen Euro ausbezahlt. Der Schaden pro Haus beläuft sich allerdings nicht selten auf mehrere zehntausend oder sogar über hunderttausend Euro.
Einige sind so schwer beschädigt, dass sie vielleicht sogar abgerissen werden müssen. Die Türen vieler Fahrzeuge sind weit geöffnet, damit die nassen Sitze und der restliche Innenraum trocknen können. Auf der Straße fährt ein Mann mit einem Elektroroller vorbei. Sein Auto springe nicht mehr an, sagt er, und im eigenen Haus stehe noch viel Wasser. Er wisse nicht mehr weiter.
Emotionaler Halt für Geschädigte
Ein Kriseninterventionsteam des Roten Kreuzes war in den vergangenen Tagen in Offingen unterwegs, um Menschen in emotionalen Ausnahmezuständen zu helfen. "Die Menschen brauchen manchmal nur ein offenes Ohr oder jemanden, der für sie da ist, damit sie sich nicht mehr so hilflos fühlen", sagt Tanja Altmaier. Sie will den Menschen Stabilität zurückgeben und den Blick auch auf Gutes lenken, damit sie nicht verzweifeln.
"Oft sind die Menschen, die Hilfe sofort ablehnen, diejenigen, die sie am dringendsten brauchen", sagt Altmaier. Sie und ihr Team hinterlassen oft eine Telefonnummer, damit sich die Betroffenen melden können, sollten sie es sich doch noch anders überlegen.
In den Kellern steht die ölverschmutzte Brühe
Bei Thomas Wörz stand das Handy zuletzt kaum mehr still, denn Bürgerinnen und Bürger suchten Rat und Hilfe. "Die Verteilerkästen für den Strom liegen oft im Keller. Bis die alle repariert sind und alle Menschen wieder Strom haben, könnten noch viele Tage vergehen" sagt der Bürgermeister. Es gibt allerdings auch Lichtblicke. Eine Chemiefirma im Ort hat sich bereit erklärt, das Gemisch aus Öl und Wasser, das immer noch in einigen Häusern steht, kostenlos zu entsorgen. Nach der Aufhebung des Katastrophenfalls wäre dafür eigentlich jeder Hausbesitzer selbst zuständig.
Hoffen auf finanzielle Hilfe
Doch es bleiben viele Fragen. Noch sind zwei von drei Supermärkten im Ort wegen der Folgen des Hochwassers geschlossen. Wann sie wieder aufmachen? Unklar. Es bleibt das Risiko, dass sie vielleicht in einigen Jahren oder Jahrzehnten wieder überschwemmt werden könnten.
Auch manche Privatleute überlegen deshalb, ob sie ihr Haus nicht besser verkaufen sollten. Thomas Wörz hofft, dass mehr staatliche Gelder, aber auch Spenden nach Offingen fließen. "Gerade Familien müssen Arztbesuche machen oder Einkaufe erledigen und brauchen dafür dringend ein Fahrzeug. Die Leute haben nach dem Hochwasser teilweise nicht mal mehr Fahrräder."
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