Archivbild: Über 100.000 Demonstranten protestieren rund um das Siegestor sowie in der Ludwigstraße und Leopoldstraße gegen Rechtsextremismus
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Debatte über "Lichtermeer": Minister gegen Fridays for Future

Debatte über "Lichtermeer": Minister gegen Fridays for Future

Unterstützung für die Ziele der Demo, Unbehagen über den Veranstalter Fridays for Future: Bayerns Justizminister Eisenreich blickt mit gemischten Gefühlen auf das "Lichtermeer" am Sonntag. Für den Demo-Aufruf gibt es derweil breite Unterstützung.

Vor dem für Sonntag geplanten "Lichtermeer für Demokratie – gegen Rassismus, Antisemitismus und Hetze" in München wird erneut kontrovers über den Mit-Veranstalter Fridays for Future (FFF) diskutiert. Der Münchner CSU-Chef und bayerische Justizminister Georg Eisenreich sagt auf BR24-Anfrage, er teile die Ziele der Demonstration. "Ich bin am Sonntag leider verhindert, ansonsten wäre ich dabei gewesen." Allerdings bleibe er dabei: "Für mich ist Fridays for Future als Organisator derart wichtiger Demonstrationen fehl am Platz."

Auch der bayerische SPD-Fraktionschef Florian von Brunn sagte dem BR über FFF als Demo-Veranstalter: "Ich kann diese Kritik nachvollziehen." Es sei als völlig unangebracht, wenn die CSU und auch die Ampel in einen Topf mit der AfD geworfen würden, betonte er mit Blick auf die Großdemonstration vor drei Wochen. Daher begrüße er es, dass das "Lichtermeer" von vielen Organisationen aus der Mitte der Gesellschaft unterstützt werde.

Die bayerische Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Martina Borgendale, teilt die Kritik dagegen nicht. "Die GEW Bayern begrüßt es, wenn junge Menschen, die bereits für das Klima kämpfen, auch Stellung beziehen gegen Rechtsextremismus und für unsere Demokratie", teilte sie dem BR mit.

Bisher keine gemeinsame Initiative der Parteien

Wie eine Reihe weiterer Politiker hatte Eisenreich schon rund um die Großdemonstration am Münchner Siegestor vor drei Wochen einen Teil der Veranstalter, allen voran Fridays for Future, kritisiert – nahm an der Kundgebung mit mindestens 100.000 Menschen aber trotzdem teil. Zwar betonten damals CSU, Freie Wähler, Grüne und SPD ihre Bereitschaft, eine mögliche weitere Demo mitzuorganisieren - bisher ist es aber nicht dazu gekommen.

Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) nahm zwar die Anregung auf, zu einem breit angelegten "Dialog für Demokratie und gegen Rechtsextremismus" einzuladen. Ein erstes Gespräch findet jedoch erst am 19. Februar statt. Eisenreich hofft, dass Reiters Initiative "dazu beiträgt, ein Bündnis gegen Rechtsextremismus in München zu schmieden, das künftig statt Fridays for Future Organisator von Demonstrationen gegen Rechtsextremismus sein kann". Auch das Bayerische Bündnis für Toleranz wäre dem Minister zufolge auf Landesebene ein geeigneter Veranstalter.

Veranstalter des "Lichtermeers" am Sonntagabend auf der Theresienwiese ist wieder Fridays for Future zusammen mit Lichterkette e.V., Bellevue di Monaco und "München ist bunt". Unterstützt wird der Demo-Aufruf von Dutzenden Organisationen – darunter sind Gewerkschaften, Sozialverbände und Kultureinrichtungen. Darüber hinaus ruft dieses Mal auch das Bayerische Bündnis für Toleranz zur Teilnahme auf. In dem Bündnis sind mehr als 90 Organisationen zusammengeschlossen: von Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften über Kirchen und Religionsgemeinschaften bis hin zum Bayerischen Landtag und Eisenreichs Justizministerium. Auch der BR ist Mitglied.

Eisenreich: FFF spaltet Solidarität der Demokraten

Einer der Kritikpunkt bei der Demo vor drei Wochen war die "sprachliche Unschärfe" des damaligen Mottos der Kundgebung: Statt "Gemeinsam gegen rechts" müsse es "Gemeinsam gegen Rechtsextremismus" heißen. Eisenreich begrüßt es daher, dass das Motto des "Lichtermeers" nun unmissverständlich sei: "Sich 'für Demokratie und gegen Rassismus, Antisemitismus und Hetze' einzusetzen, ist eine Kernaufgabe unserer Gesellschaft und Konsens der Demokraten." Er freue sich, wenn sich viele Bürgerinnen und Bürger offen für diese Ziele engagierten.

Zugleich kritisiert Eisenreich, Fridays for Future versuche, CSU und CDU "aus Kalkül in eine rechte Ecke zu schieben" und spalte damit die Solidarität der Demokraten im Kampf gegen den Rechtsextremismus. Erst vor wenigen Tagen habe Luisa Neubauer in einem BR-Interview versucht, die Union in "diffamierender Weise" in die Nähe der AfD zu rücken. "Das ist für mich inakzeptabel", betonte der Minister. Auch das Verhältnis von Vertretern von Fridays for Future zur antisemitischen Gedankenwelt von Greta Thunberg sei ungeklärt.

Neubauer hatte im Interview mit dem BR-Politikmagazin "Kontrovers" einen "Ruck nach rechts" in der demokratischen Mitte beklagt. In den vergangenen Monaten seien aus dem konservativen Lager – auch aus der CSU – "tief rechte, hochproblematische" Wörter und Erzählungen in die Welt gesetzt worden. Natürlich sollten bei solchen Demos alle demokratischen Parteien vertreten sein: "Sie müssen es aber ehrlich meinen."

FFF wehrt sich gegen Kritik

Fridays for Future München wehrt sich auf BR-Anfrage gegen Eisenreichs Kritik: "Die AfD ist eine faschistische Partei, die CSU ist das nicht. Keine Frage." Aber gerade deshalb sei es so wichtig, dass die CSU sich von den Rechtsextremen klar abgrenze. Wenn sie das in bestimmten Fällen nicht tue, sei es selbstverständlich die Pflicht aller Demokratinnen und Demokraten, dies lautstark zu kritisieren.

Zugleich betonen die Klimaaktivisten: "Wir als Fridays for Future München haben uns, genauso wie FFF Deutschland, mehrfach von den Aussagen von Greta Thunberg und der internationalen Ebene distanziert."

Stadtdekan: "Müssen aus der alten Bequemlichkeit raus"

Der Münchner evangelische Stadtdekan Bernhard Liess äußerte die Hoffnung, dass am "Lichtermeer" viele Menschen teilnehmen. "Und ich hoffe, dass es Kultstatus bekommt, zu den Demonstrationen zu gehen", sagte er dem Evangelischen Pressedienst. Die Mitte der Gesellschaft sei aufgewacht. "Wir haben erkannt, dass Demokratie keine Selbstverständlichkeit ist, sie wurde mühsam errungen." Sie müsse gegen die jetzt offen erkennbaren Feinde verteidigt werden.

Liess mahnte: "Wir müssen aus der alten Bequemlichkeit raus, dass andere diesen Job machen, während wir in der Kneipe oder im Kino sitzen." All jene Menschen, die sich ehrenamtlich in politischen Parteien für Demokratie und Pluralität engagierten, bräuchten ein klares Zeichen der Unterstützung - "auch wenn wir politisch vielleicht anderer Meinung sind."

Im Audio: "Lichtermeer" gegen Hass: Parteien schauen wieder nur zu

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