Sonntag, kurz vor 9 Uhr in Regensburg. Stefan schließt die Klappe des Rad-Anhängers mit der Aufschrift "Veloclub Ratisbona". Hier werden nachher die Räder der Fahrerinnen und Fahrer eingeladen, die beim Arber-Radmarathon nicht mehr weiterfahren können. Gemeinsam mit Busfahrer Sergej fährt Stefan den sogenannten "Besenwagen". Und er weiß eins: Es ist immer eine Überraschung, wer hier einsteigt.
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Technischer Defekt nach 50 Kilometern
Eine weitere Aufgabe für Stefan und Busfahrer Sergej ist es, Wegweiser-Schilder einzusammeln, damit auf der Strecke von Regensburg bis in den Bayerischen Wald im Nachhinein wieder alles verräumt ist. 250 Kilometer stehen an. Abgefahren wird die große Runde der Arber-Radmarathon-Strecke, neben der es noch neun weitere Strecken mit verschiedenen Distanzen und Schwierigkeitsgraden gibt - ab 56 Kilometern Länge.
Nach einer halben Stunde muss der Besenwagen schon zum ersten Mal halten. Meist entweder für junge Männer, die Wetten abgeschlossen haben oder ältere Männer, die selbst überschätzen, sagt Stefan lachend. Doch Fehlanzeige in diesem Jahr: Der erste Mann, der einsteigt, ist Jannis, er kommt aus dem Ruhrgebiet und hat nach rund 50 Kilometern Pech mit seiner Bremse gehabt. Technische Defekte sind auch häufig der Grund für ein vorzeitiges Beenden des Rennens, sagt Stefan.
"Immer mehr junge Frauen ganz vorne mit dabei"
Dass sich in den letzten Jahren gefühlt ein Hype ums Radfahren entwickelt hat, spürt auch Stefan. Vor allem aber sagt er, dass es mehr junge Frauen gibt, die locker mithalten und auch manchmal ambitionierter sind als ihre männlichen Kollegen.
Sportlich wird es auch im Besenwagen: Stefan muss immer wieder aus dem Bus springen, um mit Handschuh und Zange Schilder von Säulen zu entfernen. Inzwischen gibt es schon einen weiteren Gast im Bus: Michael. Sein Magen hat nicht mehr mitgemacht, deshalb ist er jetzt aus gesundheitlichen Gründen Teil der Besenwagen-Crew. Für die anderen gibt es Brezen, Kuchen und verschiedene Getränke, um sich zu stärken. Busfahrer Sergej verteilt die Verpflegung mit großer Passion.
Bei Erschöpfung und Pannen hilft die Besenwagen-Crew
Stefan ist selbst ehemaliger Marathonläufer und aktiver Radfahrer. Er kennt sich daher bestens mit Langstrecken aus. Stefan schaut deshalb immer wieder aus dem Busfenster und prüft vorsichtig, wie der Gesichtsausdruck der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist. Er sagt, dass man manche auch überreden muss, zur Erholung zumindest abschnittsweise mit dem Besenwagen mitzufahren. "Man sieht das an der Körperhaltung, und wenn man mit den Radlern spricht. Viele sind so erschöpft, dass sie eigentlich nicht mehr viel sagen und blass im Gesicht sind." Dann holt er sie zu sich in den Bus.
Heute läuft es aber gut, ein weiterer Gast ist jetzt auch "nur" wegen technischer Schwierigkeiten bei Sergej und Stefan im Wohlfühl-Bus angekommen. Sein Reifen macht Probleme, er ist aber ganz froh um die Mitnahme und sagt: "Der Bus hat mir sehr geholfen. Ich war mitten in der Pampa, weil es kein Taxi gab und auch die DB Navigator App hat gesagt, ich hätte drei Stunden zu Fuß nach Cham gebraucht."
Verpflegungsstationen gut besucht
Highlight auf der Besenwagen-Fahrt sind für Stefan und Sergej auch immer wieder die Verpflegungsstationen, denn da sind die anderen ehrenamtlichen Helfer und versorgen die Sportler.
Aus dem Bus raus geht es für die Crew zu einem stimmungsvollen Halt in Viechtach. Dort schenkt Errmelinde seit elf Jahren Getränke aus und verpflegt die Sportler auf dem "zu langen Berg", wie sie selbst sagt. Ihr Kaffee ist dabei so beliebt, erzählt sie mit einem Lächeln, dass viele ihn als Power für den steilen Berg bezeichnen. In diesem Jahr waren es deutlich mehr Sportlerinnen und Sportler, die bei Errmelinde Verpflegung suchten. Auch in anderen Verpflegungsstationen musste man teilweise gegen Mittag schon 300 Semmeln nachkaufen wegen der hungrigen Sportler.
"Worst-case"-Szenario: Ein Unfall
Extrem entschleunigt sitzen derweil die Abbrecher im Bus und müssen Geduld aufbringen, da es immer hinter den anderen Radlern her und damit ganz langsam durch das Panorama des Bayerischen Waldes geht. Stefan ist inzwischen ganz schön geschafft von den vielen Schildern, die er einsammeln musste. Außerdem hat er auch während der Fahrt immer wieder Radler auf der Strecke mit Bananen versorgt.
Er ist aber zufrieden, denn 2023 sind Sergej und er mit dem Bus zu einem frischen Unfall gekommen. Das zu sehen, ist für ihn der "Worst Case". In diesem Jahr hat es beim Arber einen schweren Unfall am Vormittag bei Nässe gegeben. Sieben Leichtverletzte mussten ins Krankenhaus.
250 Kilometer "aus dem Stand": zu viel
Als letzten sammelt Stefan an der Verpflegungsstation in Kolmbach Leo auf. Leo ist 21 Jahre alt wollte gemeinsam mit Freunden "aus dem Stand", also untrainiert, die längste Strecke über 250 Kilometer fahren. Nach 180 Kilometern war dann erst einmal Schluss und es geht für Leo über einen steilen Berg via Besenbus. Nach ein paar Kilometern darf Leo auf eigenen Wunsch wieder weiterfahren, da es bergab geht.
"Premium Zieleinfahrt" in Regensburg
Stefan freut sich immer wieder, Sportlern die Möglichkeit zu geben ins Ziel einzufahren, denn das sei - wenn man auch zwischendrin abgebrochen hat - immer noch ein besonderes Erlebnis. Deshalb werden gegen 18 Uhr auch ein paar Radler aus der Besenbus-Crew noch einmal zehn Kilometer vor Regensburg auf die Strecke gelassen, solange es die Technik eben erlaubt. Stefan bezeichnet es vor allem für die letzten Fahrer als "Premium Zieleinfahrt", mit Polizei-Konvoi ins Ziel gebracht zu werden.
Positives Fazit nach Zehn-Stunden-Tour
Stefans und Sergejs Fazit, abends um 18.30 Uhr zurück in Regensburg - nach knappen zehn Stunden Fahrt: In diesem Jahr haben besonders viele Sportler durchgehalten. Es gab nur wenige Abbrecher. Das sei 2023 anders gewesen. Der Grund: Gute Bedingungen - und vielleicht sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einfach sportlich fitter gewesen.
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