In Mainfranken gibt es wohl nur wenige Rettungsdienstler, die Ernst Freier nicht kennen. Seit Jahrzehnten ist der Rettungsassistent am Boden und in der Luft im Einsatz, um Menschenleben zu retten – und hat sich dabei viele Freunde gemacht. "Ach, der Ernst!", heißt es überall mit strahlenden Augen, wenn man nach ihm fragt. Mit schweren Herzen lassen ihn die Malteser nun in den Ruhestand gehen. Am Freitag haben sie ihm einen besonderen Abschied bereitet.
Oldtimer-Konvoi durch Würzburg
Aus Köln haben sie extra Oldtimer-Fahrzeuge der Malteser nach Würzburg beordert, um Ernst Freier als Überraschung damit zuhause abzuholen. "Das finde ich toll. Mit so einem bin ich damals in den Anfangsjahren noch gefahren", erzählt der erfahrene Rettungsassistent begeistert und ein wenig gerührt mit Blick auf einen alten Opel. Am Freitag nun darf er damit zu all den Einsatz-Partnern in der "Blaulicht-Familie" fahren, bei denen er sich in all den Jahren auch einen Namen gemacht hat.
Vom BRK geht es mit dem Oldtimer-Konvoi zu den Johannitern. Bei der Berufsfeuerwehr setzen ihn die Feuerwehrkollegen mit der Drehleiter auf dem Dach der Feuerwehrstation ab und er darf sich persönlich in der Leitstelle verabschieden – von dort wurde er zu tausenden Einsätzen geschickt. Danach tuckert der Konvoi an der Residenz vorbei zur Polizei und am Ende natürlich zu seinen Maltesern in der Mainaustraße.
Fast fünf Jahrzehnte im Dienst
1972 hat Ernst Freier als Ehrenamtlicher angefangen. Seit 1975 war er schließlich bis jetzt hauptamtlich im Dienst. Bis zum 31. Juli ist er noch der stellvertretende Rettungsdienstleiter in Würzburg, bevor er im August offiziell in den Ruhestand geht.
Wie viele Einsätze er in den fast fünf Jahrzehnten genau gefahren und geflogen ist – das weiß keiner so genau. Um die 25.000 müssen es gewesen sein. Unzählige Leben hat Ernst Freier in all den Jahren gerettet. Um seine Person macht er kein großes Aufheben. Noch immer sei er vor Einsätzen angespannt, auch wenn er sich das äußerlich nicht anmerken ließ. Man wisse vorher ja nie, was auf einen zukomme.
Steckenpferd: Rettungshubschrauber
41 Jahre lang ist der Rettungsassistent auch auf dem Christoph 18 mitgeflogen – sein besonderes Steckenpferd. Vom ersten Tag an war Ernst Freier dabei, als der Rettungshubschrauber in Ochsenfurt stationiert wurde. Am 31. Juni 2021 war sein letzter Einsatz in der Luft. Im Umkreis von 60 Kilometern um Ochsenfurt ist Freier in jeden Winkel Unterfrankens geflogen.
Besonders hängen geblieben ist ihm ein Einsatz im südlichen Landkreis: Er und seine Kollegen wurden zu einer beginnenden Geburt gerufen. Während der Pilot zurück zur Klinik flog, um eine Hebamme zu holen, haben Ernst Freier und ein Kollege – "wir zwei Familienväter", wie er noch heute mit leuchtenden Augen erzählt – der Mutter bei der Geburt beigestanden. Alles ging gut. Der Junge war noch vor dem Eintreffen der Hebamme gesund geboren. Seine dankbaren Eltern tauften ihn in Anlehnung an den Rettungshubschrauber auf den Namen Christoph.
Schwierige Einsätze gut weggesteckt
Neben solchen schönen Einsätzen gab es auch viele dramatische. Damit sei er gut klar gekommen: Seine Uniform sei wie eine "Ritterrüstung" gewesen. Und man könne nach den Einsätzen ja auch darüber sprechen. Es gibt zudem professionelle Gesprächsangebote bei den Maltesern.
Nach dem Messerangriff in der Würzburger Innenstadt im Juni 2021 war er es, der bei den Maltesern kurzfristig organisiert hat, dass die Helfer nach dem Einsatz mit vielen schrecklichen und aufwühlenden Bildern noch am gleichen Abend in einem geschützten Umfeld darüber sprechen konnten.
Rettungsdienst ist stressiger geworden
Wenn man Ernst Freier fragt, was sich in all den Jahren im Rettungsdienst geändert habe, erzählt er, dass es früher auch mal Dienste gegeben habe, in denen es längere Pausen für das Team gab. Man hätte sich auch mal ablegen können – auch, wenn er selbst das in 40 Jahren nie geschafft habe: Er sei innerlich immer in Bereitschaft gewesen.
Heute jedoch seien die meisten Dienste so, dass man bei Dienstbeginn vom Hof fahre und erst zum Dienstende wieder zurück komme. Pausen gebe es kaum noch. Die Patienten hätten heute höhere Ansprüche und würden den Rettungsdienst auch schon mal rufen, um ihn als eine Art Fahrdienst zu nutzen.
"Gute Seele" will im Notfall noch aushelfen
Ernst Freiers Weggefährten beschreiben ihn als "gute Seele" und einen, der immer für die anderen da gewesen sei. Viele junge Kollegen habe er an den Dienst herangeführt. Und nun? "Von 200 Prozent auf null, das geht nicht", sagt Ernst Freier.
Auf Minijobbasis bleibt er den Maltesern auch noch im Ruhestand treu. Den ein oder anderen Einsatz will er auch dann noch fahren. "Wenn mal Not am Mann ist", so der Rettungsassistent bei seiner Verabschiedung.
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