Für die größere Tochter sei das eine Katastrophe, sagt Flüchtlingshelfer Alfred Hirsch. Er hatte die Familie betreut und kennt das zwölf Jahre alte Mädchen nach eigenen Angaben gut. Sie hatte bei einer Freundin übernachtet und war deshalb nicht in der Dillinger Gemeinschaftsunterkunft, als die Polizei kam, um die Familie mitzunehmen.
Jugendamt kümmert sich um das Mädchen
Als sie danach zur Unterkunft gekommen sei, habe sie alles verschlossen vorgefunden. Hilfe habe sie dann in der Pfarrgemeinde gefunden. Dort sei sie gut bekannt. Das Mädchen sei gut integriert, diene auch als Ministrantin in der Kirche. Inzwischen kümmert sich das Jugendamt um die zwölf Jahre alte Realschülerin.
Wo sich der Vater aufhält, ist nicht bekannt. Von der Polizei heißt es, sie werde bei Abschiebungen nur auf Veranlassung der Ausländerbehörde oder auf Anordnung eines Gerichts unterstützend tätig. In diesem Fall habe die Polizei die Ausländerbehörde im Zuge der Amtshilfe unterstützt. Man fahnde aktuell nicht nach dem Vater. Die beiden seien jedoch weiter ausreisepflichtig, würden sie nicht freiwillig ausreisen würden sie ebenfalls abgeschoben, heißt es von der Zentrale Ausländerbehörde in Schwaben (ZAB). Fest stehe allerdings, dass die beiden nur gemeinsam abgeschoben werden sollen, heißt es aus der Behörde weiter.
Familie war ausreisepflichtig und ist dem nicht nachgekommen
Die Zentrale Ausländerbehörde in Schwaben (ZAB) bestätigt, dass man nur die Mutter mit ihren beiden Kleinkindern nach Nigeria abgeschoben habe. Der Rest der Familie sei nicht anwesend gewesen. Der Familie sei jedoch bekannt gewesen, dass sie ausreisepflichtig sei, nachdem ihr Asylantrag abgelehnt worden war. Nachdrücklich habe man sie darauf hingewiesen, dass sie freiwillig ausreisen könne. Dem sei sie aber nicht nachgekommen. Deshalb wurden laut ZAB "aufenthaltsbeendende Maßnahmen" eingeleitet und die Abschiebung vollzogen, soweit die Familienangehörigen anwesend waren.
Weiter heißt es in dem Schreiben der ZAB: "Die Trennung der Familie sollte sich auf einen kurzen Zeitraum beschränken, sofern der verbliebene Elternteil und das Kind umgehend freiwillig ausreisen. Dazu sind die beiden ohnehin seit 2022 rechtlich verpflichtet." Die beiden sollen jetzt darauf hingewiesen werden, dass sie einen Antrag stellen können – dann würde ein Flug für sie in das Heimatland gebucht und bezahlt.
Familie fürchtet Genitalverstümmelung der Töchter
Flüchtlingshelfer Georg Schrenk wollte genau das verhindern. Er hatte einen Antrag bei der Härtefallkommission für die Familie gestellt. Der aber sei noch nicht bearbeitet worden, so Schrenk. Der Familienvater habe bis Ende des vergangenen Jahres gearbeitet. Als die Duldung nicht verlängert wurde, habe man ihm die Beschäftigungserlaubnis entzogen. Das zwölf Jahre alte Mädchen, das sich noch in Deutschland aufhält, hätte überdurchschnittlich gute Leistungen in der Schule, berichtet der Flüchtlingshelfer. Sie besucht die fünfte Klasse der Realschule und sei sehr gut integriert.
Die Familie war bereits seit 2019 in Deutschland. Nach Nigeria wollten sie auf keinen Fall zurück, berichtet auch Flüchtlingshelfer Alfred Hirsch. Die Zwillingsschwester der Zwölfjährigen sei in Nigeria bei der Genitalverstümmelung verblutet. Deshalb sei die Mutter stark traumatisiert gewesen. Sie fürchtete, dass dies auch ihren kleinen Töchtern drohte, wenn sie zurück nach Nigeria gingen. Christen würden außerdem in Nigeria oft verfolgt, so Schrenk weiter. Am meisten aber kritisiert er, dass die Familie bei der Abschiebung zerrissen worden sei. Für das Mädchen sei das sicher ein schlimmer Schock, das werde sie ihr Leben lang nicht vergessen.
Dieser Artikel ist erstmals am 18. April 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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