Es läuft der 50. Verhandlungstag im sogenannten Doppelgängerinnen-Mordprozess vor dem Landgericht Ingolstadt. Eine Ende ist aktuell nicht abzusehen. Denn die Verteidiger der Angeklagten haben nun drei weitere Beweisanträge gestellt. Zum einen fordern sie einen Gutachter zu laden, der objektiv Auskunft über die Ähnlichkeit zwischen der Angeklagten und dem Opfer gibt. Darauf stützt sich die Anklage der Staatsanwaltschaft und ihre Theorie der "Doppelgängerin". Die Verteidiger begründen, dass die bearbeiteten Instagram-Bilder nicht aussagekräftig seien. Die Staatsanwältin argumentierte, dass die Angeklagte das spätere Opfer auch nur über bearbeitete Insta-Fotos gekannt habe.
Schwester der Angeklagten und jesidischer Experte sollen aussagen
Außerdem soll ein Experte zum jesidischen Glauben geladen werden. Konkret schlägt der Verteidiger als Sachverständige die Vorsitzende des Zentralrats der Jesiden vor. Diesen beiden Anträgen folgen die Verteidiger des Angeklagten. Die Verteidiger erhoffen sich, dass sich die Kammer auf diese Weise Kenntnis über die Gepflogenheiten und Lebensweise der Jesiden verschafft. Dies sei wichtig mit Blick auf die magischen Briefchen, die im Prozess eine Rolle spielten, ebenso für die Frage, inwieweit im Kulturkreis der Angeklagten das Anrufen höherer Kräfte verbreitet sei und dies das Denken und Handeln der Angeklagten beeinflusst habe. In einem dritten Antrag wollen die Verteidiger der Angeklagten die Schwester laden, damit sie Auskunft über die innerfamiliären Beziehungen gibt. Die Staatsanwaltschaft lehnt auch diese Anträge ab. Die Vorsitzende der Jesiden könne keine Angaben zu den Umständen in der Familie machen. Wichtig sei, was die Angeklagte empfunden habe, und das ginge aus zahlreichen Chat-Nachrichten hervor. Durch die Handyauswertung sei klar, dass sie sich von der Familie eingeschränkt gefühlt habe.
Prozess dauert an
Das Gericht hat nach kurzer Unterbrechung beschlossen, die Schwester der Angeklagten zu laden, so wie auch die Vorsitzende des Zentralrats der Jesiden. Über den Antrag über das anthropologische Gutachten berät das Gericht noch. Die Verhandlung wird am kommenden Donnerstag fortgesetzt. Ob dann die Beweisaufnahme wieder geschlossen wird und die Plädoyers der Verteidigung gehalten werden, ist noch unklar. Die Staatsanwaltschaft hatte bereits vor einigen Wochen ihren Schlussvortrag gehalten. Sie forderten lebenslange Haftstrafen wegen Mordes sowie die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld und den Vorbehalt der Sicherungsverwahrung. Nach dem Plädoyer trat der Richter wieder in die Beweisaufnahme ein, sodass es den Prozessbeteiligten wieder möglich war, neue Beweisanträge zu stellen.
Die Tat im August 2022
Zum Hintergrund: Im August 2022 sollen die Angeklagte und der Mitangeklagte eine 23-jährige Frau aus Eppingen an ihrem Wohnort in Baden-Württemberg abgeholt haben. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die beiden Angeklagten ihr Opfer in einem Waldstück zwischen Eppingen und Heilbronn mit 56 Messerstichen getötet haben. Danach soll die Angeklagte in ihrem Wagen zurück nach Ingolstadt gefahren seien. Dort wohnten beide Angeklagte zur Tatzeit im Sommer 2022. Der Komplize soll auf dem Beifahrersitz gesessen, die Tote auf der Rückbank gelegen haben.
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