Im sogenannten Doppelgängerinnen-Mordprozess vor dem Landgericht Ingolstadt hat der Vorsitzende Richter den Antrag auf Aussetzung des Verfahrens abgelehnt. Außerdem hat er den rechtlichen Hinweis auf den Vorbehalt der Sicherungsverwahrung zurückgezogen. Das heißt, der Vorbehalt zur Sicherungsverwahrung wird beim Urteil keine Rolle spielen. Zuvor gab es mehrere Anträge der beiden Verteidigerteams. Seit Jahresbeginn verzögert sich der Prozess immer wieder. Bisher hat das Gericht über 100 Zeugenaussagen gehört und ist an fast 50 Verhandlungstagen zusammengekommen.
Staatsanwaltschaft fordert Sicherungsverwahrung
Der rechtliche Hinweis des Vorsitzenden Richters, dass sowohl die besondere Schwere der Schuld als der Vorbehalt der Sicherungsverwahrung in Betracht gezogen wird, sei zu spät im Verfahren erteilt worden. Beides hatte die Staatsanwaltschaft in ihrem Schlussvortrag in der vergangenen Woche gefordert.
Die "Überraschungsentscheidung", so die Verteidiger, mache ein faires Verfahren unmöglich, sie hätten zu wenig Zeit gehabt, die Verteidigungsstrategie anzupassen. Die Verteidigung des Angeklagten schloss sich am Dienstag dem Antrag aus Aussetzung des Verfahrens an. Sie argumentierten, dass sie bei einem früheren rechtlichen Hinweis bezüglich des Vorbehalts der Sicherungsverwahrung eine andere Verteidigungsstrategie gewählt hätten.
Verteidiger: Degradierung unerträglich
Die Staatsanwältin wies es als "lachhaft" zurück, dass man die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld nicht in Betracht gezogen hätte. Darauf griff die Verteidigung des Angeklagten Sequir K. die Staatsanwaltschaft an: Es sei "unerträglich", wie die Staatsanwaltschaft die Verteidiger degradiere.
Auf die Aussage der Staatsanwaltschaft, es entstünde der Eindruck, die Verteidiger wollen ihre Plädoyers hinauszögern, widersprach einer der Verteidiger der Angeklagten: "Wir haben nicht den falschen Dolmetscher geladen, noch sind wir wieder in die Beweisaufnahme eingetreten." Dennoch war der Prozesstag von vielen Unterbrechungen geprägt. Am Ende des Verhandlungstags stellten beide Verteidigerteams im Namen und Auftrag ihrer Mandanten einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter. Es ist nicht der erste Befangenheitsantrag. Bereits in den vergangenen Wochen hatten die Verteidiger Befangenheitsanträge gestellt – ohne Erfolg.
Besondere Schwere der Schuld
Die besondere Schwere der Schuld sei gegeben, so die Staatsanwaltschaft, da die Tat weit über gewöhnliche Morde hinausrage. Beide Angeklagte hätten "aus Selbst- und Eigennutz ein unschuldiges junges Leben vernichtet". Den perfiden Mordplan habe die Angeklagte gefasst. Der Angeklagte wiederum habe die Tat mit großer Brutalität ausgeführt.
Aussetzung des Verfahrens abgelehnt
Bis Donnerstag (21.11.) müssen beide Verteidigerteams nun ihren Antrag begründen. Die für heute (19.11.) geplanten Schlussvorträge fanden nicht mehr statt. Der nächste Verhandlungstermin ist der kommende Dienstag, 26. November. Wie es da weitergeht, ist noch unklar. Denn die Beweisaufnahme hat der Richter nicht geschlossen, sodass alle Prozessbeteiligten nach wie vor die Gelegenheit haben, neue Beweisanträge zustellen. Der Strafverteidiger der Angeklagten sagte gegenüber dem BR, dass sie diese Möglichkeit prüfen werden. Der Prozess läuft bereits seit Januar.
Darum geht es im Prozess
Zum Hintergrund: Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Angeklagte und der Mitangeklagte im Sommer 2022 eine 23-jährige Frau aus Eppingen an ihrem Wohnort in Baden-Württemberg abgeholt haben soll. Die beiden Angeklagten sollen ihr Opfer in einem Waldstück zwischen Eppingen und Heilbronn mit 56 Messerstichen getötet haben. Danach soll die Angeklagte in ihrem Wagen zurück nach Ingolstadt gefahren seien. Dort wohnten beide Angeklagte zur Tatzeit im Sommer 2022. Der Komplize soll auf dem Beifahrersitz gesessen, die Tote auf der Rückbank gelegen haben.
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