Eine Person, die eine orangene Schürze mit der Aufschrift "Tafel" trägt, steht hinter gefüllten Lebensmittelkisten. (Symbolbild)
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Die Tafel in Bayreuth händigt bereits seit 20 Jahren Lebensmittel für wenig Geld an Bedürftige aus. (Symbolbild)

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Ein Euro für den Einkauf: Tafel Bayreuth hilft seit 20 Jahren

Ein Euro für den Einkauf: Tafel Bayreuth hilft seit 20 Jahren

Eigentlich wurde sie als Notbehelf gegründet. Mittlerweile gibt es die Tafel in Bayreuth seit 20 Jahren. Mit steigender Altersarmut wächst die Kundschaft - doch die Spendenbereitschaft geht zurück.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Franken am .

"Ich habe 2008 als Gemüseputzer hier in Bayreuth angefangen, jetzt bin ich Vorsitzender der Tafel Bayern." Das hatte sich Peter Zilles so nicht vorgestellt. Im Gegenteil: Damals waren er und seine Mitstreiter davon überzeugt, dass es die Tafel nicht lange geben würde.

Zur ersten Lebensmittelausgabe am Menzelsplatz im Stadtteil Altstadt kamen 123 Menschen. Das war im November 2004. 20 Jahre und zwei Umzüge innerhalb des Stadtgebietes später zählen sie bis zu 1.800 Kundinnen und Kunden an der heutigen Ausgabestelle in der Justus-Liebig-Straße.

Tafel Bayreuth: Kundschaft wächst stetig an

Das sei um 2013 herum gekippt, erklärt Peter Zilles. Damals kamen die Kriegsflüchtlinge vermehrt zur Tafel. Bis dahin waren es vor allem ältere Menschen und Alleinerziehende aus der Stadt und dem Landkreis Bayreuth. Doch auch die einheimische Kundschaft wuchs stetig an. Seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine 2022 noch Inflation und hohe Lebensmittelpreise, dazu die steigende Altersarmut. Peter Zilles ist überzeugt, dass es die Tafeln noch viele Jahre geben werde. In ganz Bayern gibt es 176 Tafeln.

Ohne ehrenamtliche Helfer geht es nicht

Ohne die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer sei es nicht zu stemmen, meint die Vorsitzende der Tafel Bayreuth, Ingrid Heinritzi-Martin. "Das Wissen und Können der Ehrenamtlichen ist ein großer Schatz", betont sie beim Festakt zum 20-jährigen Bestehen. Gemüseputzer, wie einst Peter Zilles, gibt es immer noch, dazu die Fahrer und Beifahrer, die Spenden und Lebensmittel in Supermärkten abholen. Die helfenden Hände im Lager, der Ausgabestelle, im Verkauf.

Bis zu 170 Ehrenamtliche zählt die Tafel, nicht jede habe immer Zeit und nicht jeder traue sich alle Arbeiten zu, erklärt Ingrid Heinritzi-Martin.

Mini-Preise für Nahrung: Einkaufen dürfen nur Berechtigte

Die Waren kosten die Kunden einen symbolischen Preis. Das hängt von der Anzahl der bedürftigen Personen ab. Eine Person zahlt einen Euro für den Einkauf, eine dreiköpfige Familie zwei Euro. Das Bezahlen habe auch etwas mit dem Selbstwertgefühl der Kundschaft zu tun, erklärt Peter Zilles. Es soll ganz bewusst keine Almosen geben.

Einkaufen bei der Tafel dürfen nur Menschen, die einen Berechtigungsschein einer Wohlfahrtsorganisation vorweisen können. Es sei nicht Aufgabe der Tafel das zu bewerten oder zu kontrollieren, erklärt Heinritzi-Martin. Alle 14 Tage dürfen Berechtigte bei der Tafel einkaufen.

Tafeln sind heute wie professionelle Lebensmittel-Unternehmen

Früher seien sie mit ihren privaten Autos umhergefahren und hätten Spenden eingesammelt. Mittlerweile betreiben sie eigene Lieferwagen, auch ein Kühlhaus. Die Tafeln hätten sich professionalisiert. Ganz wichtig sei auch, dass die Helferinnen und Helfer geschult würden, meint Peter Zilles. Das reiche von der Ladungssicherung bis zu Hygienevorschriften und Lebensmittelsicherheit. "Wir werden vor dem Gesetz wie ein Lebensmittelhändler behandelt", erklärt Zilles. "Wir wollen nicht, dass unsere Kunden und unsere Mitarbeitenden zu Schaden kommen."

Altersarmut könnte großes Problem werden

Jeden Samstag ist Ausgabetag bei der Bayreuther Tafel. Die Menschen stehen in einer langen Schlange auf dem Gehsteig. Das werde sich absehbar nicht ändern, meint Andreas Steppuhn, Vorsitzender der Tafeln Deutschland. Er lobt die Bayreuther als Vorzeigetafel, sagt aber auch, dass die Altersarmut in den nächsten Jahren dafür sorgen werde, dass die Aufgabe der Tafeln nicht leichter werde. Knapp jeder fünfte Rentner war bereits im vergangenen Jahr durch Armut gefährdet. Ein großes Problem sei die zurückgehende Spendenbereitschaft. Das liege auch an der besseren Lagerhaltung der Lebensmittelhändler.

Sie bemühten sich bundesweit verstärkt an Großspenden der Lebensmittelindustrie zu kommen. Aus Überproduktion beispielsweise. Das könne teils landesweit an die 970 Tafeln in Deutschland verteilt werden. Die Herausforderungen werden also auf allen Ebenen nicht weniger. Ingrid Heinritzi-Martin von der Tafel Bayreuth würde sich freuen, wenn sich auch künftig freiwillige Helferinnen und Helfer bei ihr melden.

Helferinnen der Tafel geben Essen aus.
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Tafel Bayreuth

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