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Doppelpunkt-Cover: Nach 40 Jahren ist Schluss mit dem Veranstaltungs- und Kleinanzeigen-Heft für den Großraum Nürnberg.

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Ein Kultmagazin hört auf: Der letzte Doppelpunkt

Ein Kultmagazin hört auf: Der letzte Doppelpunkt

Seit 40 Jahren liegt in den Kneipen in Nürnberg, Fürth und Erlangen der Doppelpunkt aus. Nun ist die letzte Ausgabe des Veranstaltungsmagazins erschienen, das vor allem für seine lustig kommentierten Kleinanzeigen berühmt wurde.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Das Team vom Doppelpunkt schwelgt in Erinnerungen: 40 Jahre lang haben sie ihr Veranstaltungsheft für Nürnberg, Fürth und Erlangen herausgebracht. Diese Ausgabe ist ihre letzte. Anfangs war das Heft noch in schwarz-weiß, erstellt mit Druckfahnen, zugeschnittenen und aufgeklebten Layouts – Seite für Seite. Einmal im Monat.

"Das längste Layout hat 36 Stunden gedauert", erinnert sich Mitgründer Hans-Jürgen Knappe. Der Zeitdruck sei der Wahnsinn gewesen, erzählt er: "Die Sachen mussten ja fertig werden, wir haben einen Termin beim Drucker gehabt und dann haben die Satzfahnen gefehlt, dann waren Fehler drin." Mehrfach mussten sie in der Hektik korrigieren. Sein Kollege Werner Mende sei auf der Fahrt in die Druckerei sogar eingeschlafen. "Gott sei Dank war ich Beifahrer", schmunzelt er. Trotz großer Arbeitsbelastung schaffen sie es mit ihrem Doppelpunkt immer pünktlich zum 15. des Monats zu erscheinen.

Der Hit waren die Kleinanzeigen

Die drei unterfränkischen Gründer Werner Mende, Hans-Jürgen Knappe und Werner Schmitt kannten sich schon vom Studium. Einer ist Redakteur, einer Buchhalter und einer Grafiker. Mit der Idee der Veranstaltungstipps trauen sie sich in den 1980er-Jahren in die Selbstständigkeit. Das sei eine harte Zeit gewesen, erinnern sie sich. "Wir haben zwei Jahre oder länger nichts verdient, aber wir haben einfach nicht aufgegeben und irgendwann haben sie uns dann gemocht, die Nürnberger“, sagt Knopp.

Ganz besonders lieben die Leser die Kleinanzeigen im Heft. Vor der Internetzeit seien die 30 Seiten lang gewesen und unsortiert. "Das war eine Monatslektüre", erzählt Werner Schmitt. Da seien richtige Unterhaltungen entstanden, über Monate hinweg hätten sich die Menschen darüber ausgetauscht. Ehepartner, Freunde, Buchclubs und Wandergruppen hätten sich so gefunden.

Geheimnis der kommentierenden "Setzerin" gelüftet

Die Zuschriften hätten sich in Wäschekörben in der Redaktion im unterfränkischen Reichenberg getürmt. "Und dann kam uns die Idee mit der Setzerin", sagt Schmitt. Als "Setzerin" hat die Redaktion die Kleinanzeigen kursiv kommentiert – oftmals die Kontaktanzeigen. "Wenn da einer eine schlanke oder besonders hübsche Frau gesucht hat, dann haben wir geschrieben: Du Chauvi!", berichtet Schmitt. Das seien nicht nur lustige Anmerkungen gewesen, sondern durchaus auch feministische und gesellschaftskritische Kommentare, sagen die Redakteurinnen, die die Kommentare gesetzt haben. Denn wer die "Setzerin" ist – nämlich die Mitarbeiterinnen des Magazins, dieses Geheimnis wurde am Schluss gelüftet. "Irgendwann haben uns die Menschen sogar gebeten, ihre Anzeigen zu kommentieren, das sei nämlich so eine Art Ritterschlag gewesen", erinnert sie sich.

Nackt am Schreibtisch

Familiär sei es zugegangen in der Redaktion und immer sehr menschlich, bestätigen alle. Der Gründer Werner Mende wohnt direkt über den Redaktionsräumen. "Einmal kamen die damalige Grafikerin und ich an einem Verteilmorgen in die Redaktion und wir haben uns gewundert, dass Werner oben ohne am Telefon saß", erzählt Sonja Mutterlose. "Er hat einen roten Kopf bekommen und ist so nach unten gerückt unter den Schreibtisch, weil er einfach nackt war. An dem Morgen ist ein Verteiler ausgefallen, und unten im Büro war das Telefonrondell und er ist halt schnell nackig von seiner Wohnung runter gerannt, weil es ja schnell musste, genau", alle lachen.

Nachfolger gesucht

Nun liefern sie ihr letztes Heft in die Kneipen in Erlangen, Fürth und Nürnberg aus. So mancher Wirt erinnert sich, dass früher schon Tage vor dem Erscheinungstermin nach dem Doppelpunkt gefragt wurde. Wenn er dann da war, sei er sofort vergriffen gewesen. Für viele Kneipengänger gehörte er als Lektüre dazu. Sie finden es schade, dass das Kultmagazin vielleicht verschwindet. "Da wird auch uns das Herz ein bissle zusammengedrückt", sagt Schmidt, vor allem wenn er an all die positiven Rückmeldungen auf ihr letztes Heft denkt. Aber vielleicht geht es doch noch in irgendeiner Form weiter ... Denn die drei Gründer suchen gerade nach einem Nachfolger, der den Doppelpunkt übernimmt.

Die drei Herausgeber zusammen an einem Tisch.
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Das letzte Kapitel des „Doppelpunkt“

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