"Schörkellos" könnte man sie nennen, die Technik aus den frühen 70er-Jahren. Das Schaltpult des Immenreuther Tannenberglifts besteht im Wesentlichen aus einem großen roten Knopf, über dem "Aus" steht und einem großen grünen Knopf mit "Ein". Mit dem aktiviert ein Bauhof-Mitarbeiter den Schlepplift: Vielleicht zum letzten Mal überhaupt rattern die Anker über den aktuell schneelosen, grünen Skihang.
Ohne Schnee lohnt sich keine Investition in einen Skilift
Die 2.000-Einwohner-Gemeinde Immenreuth im Oberpfälzer Landkreis Tirschenreuth hat den kleinen Tannenberglift über 50 Jahre lang selbst betrieben. Die jüngste TÜV-Abnahme war dabei ein Drahtseilakt im wahrsten Sinne des Wortes: Dem Liftseil fehlte nur exakt ein einziger gebrochener Draht zum endgültigen Aus, auch die Drainagen auf dem Hang bedürfen unbedingt der Sanierung. Größere Investitionen, die aus Sicht des Gemeinderates keinen Sinn mehr ergeben, angesichts der Tatsache, dass der Schnee in den letzten Jahren jeweils für nicht einmal eine Woche Liftbetrieb gereicht hat.
Ein Minus-Geschäft sei der Tannenberglift immer gewesen, sagt Bürgermeister Thomas Kaufmann (CSU): "Aber wenn ich halt mehrere Wochen im Jahr noch die Nutzung hab, dann macht es auch irgendwo Sinn, das zu erhalten, auch für die Lebensqualität der Bevölkerung. Aber mit null oder zwei Tagen pro Jahr dann fünfzig-, siebzig- oder hunderttausend Euro in die Hand zu nehmen, das ist nicht mehr vermittelbar."
Des einen Freud', des anderen Leid
Für die Technik selbst könnte es allerdings noch weitergehen. Der rund 25 Kilometer entfernte Gehrenlift im oberfränkischen Bischofsgrün verwendet eine baugleiche 70er-Jahre-Liftanlage. Betreiber Max Fischer hat deshalb Interesse am Tannenberglift bekundet und ihn auch schon genauer in Augenschein genommen. Für ihn könnte sich das Ende des Tannenberglifts als Glücksfall entpuppen: Ersatzteile für die über 50 Jahre alte Technik seien zunehmend schwer zu kriegen.
Der Gehrenlift verfügt über eine Beschneiungsanlage, während Immenreuth rein auf Naturschnee angewiesen war. Außerdem liegt die Anlage in Bischofsgrün etwa 100 Meter höher, deswegen kommt man hier noch auf etwa 20 bis 30 Betriebstage im Jahr. Das reicht laut Max Fischer zumindest noch dafür, die Betriebskosten zu decken: "Es ist ein ziemlich teures Hobby. Aber der Opa hat den Lift gebaut und seitdem ist der halt in Familienbesitz. Und wir fanden das einfach 'ne schöne Tradition und wollen das fortsetzen."
Andere Nutzungen durch Biotop ausgeschlossen
Die Immenreuther hätten ihre Skilift-Tradition auch gerne fortgesetzt. Aber ohne Schnee ergibt das einfach keinen Sinn mehr, das sehen, laut Bürgermeister Kaufmann, inzwischen auch 95 Prozent der Bürger so. Überlegungen in Richtung alternativer Nutzungsmöglichkeiten liefen ebenfalls schnell ins Leere, weil der Hang ein kartiertes Biotop ist, das im Sommer nicht befahren werden darf. Das macht sowohl eine Nutzung außerhalb des Winters für Mountainbiker unmöglich als auch Gedankenspiele einer künstlichen Beschneiung: Dazu müssten Wasserleitungen gelegt werden, wofür wiederum schwere Maschinen den Hang befahren müssten.
Immer mehr kleinere Lifte in Bayern stehen dauerhaft still
Immerhin wird der Tannenberglift wohl das Leben des Bischofsgrüner Gehrenliftes noch um einige Jahre verlängern. "Ich bin froh drum, wenn sich eine Nachfolgenutzung findet und er nicht einfach irgendwo in den Schrott wandert. Dafür ist er wirklich zu schade und jahrelang gut gepflegt worden", sagt der Immenreuther Bürgermeister. Beim Preis werde man sich irgendwie einigen: Verschenken könne die Gemeinde die Liftanlage nicht, andererseits sei klar, dass die finanziellen Kapazitäten des hobbymäßig betriebenen Gehrenliftes ihre Grenzen haben.
Der große rote "Aus"-Knopf des Tannenberglift-Schaltpultes ist jedenfalls endgültig ein letztes Mal gedrückt worden. In der fortschreitenden Klimaerwärmung ist er weder der erste kleinere Lift in Bayern, der aufgegeben wird, noch wird er der letzte sein. Jüngere Beispiele finden sich schon auf der anderen Seite des Landkreises Tirschenreuth beim Anfang des Jahres aufgegebenen Skilift Rathaushütte – oder auch im Bayerischen Wald und im Allgäu.
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