Eine Million Euro. Das ist Jochen Griesbach-Scriba zufolge der Marktwert der etwa 80 Objekte um deren Erhalt das Museum kämpft. Griesbach-Scriba ist der Direktor der Antikensammlung im Martin-von-Wagner Museum der Universität, das in der Würzburger Residenz untergebracht ist. Eine Million Euro hat das Museum aber nicht, für Ankäufe gibt es keinen Etat. Da helfen auch ein gewährtes Vorkaufsrecht und eine Frist von 10 Jahren nichts. Das Museum ist auf Spenden angewiesen, um die bedeutende Sammlung zu bewahren.
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Japanische Erben wollen Leihgaben zurück
Das internationale Renommee und die Tatsache, dass das Museum die drittgrößte Antikensammlung ihrer Art in Deutschland ausstellen kann, gründet sich auch auf den etwa 80 Leihgaben eines japanischen Sammlerehepaars. Seit den 1980ern hat es dem Museum immer wieder kostbare und seltene Stücke als Dauerleihgaben zur Verfügung gestellt. Ein Erbe des Paares möchte nun alles zurück und laut Mitteilung des Museums zu Geld machen. „Das wäre ein Kahlschlag“ erklärt Griesbach-Scriba. Verliert das Museum die antiken Objekte, wären sie wohl für die Wissenschaft und Öffentlichkeit für immer verschwunden, fürchtet er. Lehre und Führungen wären stark beeinträchtigt, gerade von letzteren lebt das Museum.
Interesse an Vergangenheit lässt nach
Dass gerade die Erben der vormals großzügigen Leihgeber antiken Objekte zurückfordern, bestätigt eine Beobachtung von Jochen Griesbach-Scriba. „Wir befinden uns an einer Wasserscheide. Es geht gerade eine Generation zu Ende, die sehr Antiken-begeistert war.“ Die humanistische Bildung sei heutzutage ein nachlassender Faktor: die alten Sprachen und die Beschäftigung mit den antiken Kapiteln der Menschheitsgeschichte sind kein selbstverständlicher Schulinhalt mehr, sagt Griesbach-Scriba.
Antiker Partyspaß und Terrakotta-Barbie auf Prioritätenliste
Durch den Spendenaufruf hofft das Museum auf 200.000 bis 300.000 Euro. Eine Prioritätenliste wurde erstellt, um wenigstens die wichtigsten Stücke zu bewahren. Wortwörtlich das Gesicht der Kampagne ist eine etwa 2.500 Jahre alte Trinkschale, mit der Griesbach-Scriba gerne seine Führungen beginnt, weil sich damit interaktiv das griechische Symposion erklären lässt. War die Schale mit Rotwein gefüllt, schien es, als würden die Schiffe darauf schippern. Beim letzten Schluck musste der Trinkende erstarren, weil er in die hässliche Fratze der Gorgo-Medusa blickte. Dem Mythos zufolge versteinerte dieses Monster die Menschen durch den bloßen Anblick. Aber auch die umstehenden Beobachter kamen auf ihre Kosten: beim Anheben der Schale machten aufgemalte Pumaaugen den Trinkenden zum Tier. Ein antiker Partyspaß mit einem heutigen Wert von 40.000 Euro.
Eine Seltenheit ist die Terrakotta-Puppe für Kinder. Nur noch ein weiteres Exemplar davon gibt es weltweit. Die Besonderheit: im Bauch ist ein Loch, das mit einer Klappe versehen war. Darin befindet sich ein Embryo aus Terrakotta. Wie mit einer Barbie heute konnten antike Kinder so Schwangerschaften nachspielen. Ihren Wert schätzt das Museum auf 25.000 Euro.
Bis zu 300.000 Euro würde eine Amphore einbringen, auf der als kleines Detail einer Tanzszene eine Leier mit sieben Saiten zu sehen ist. Datiert auf das 7. Jahrhundert vor Christus ist es wohl die früheste Darstellung dieses Instruments, dass in Ganz- und Halbtönen gestimmt war. Laut dem Musikarchäologen Florian Leitmeir beweist es, wie dieses Tonsystem aus dem Orient nach Griechenland kam und unsere abendländische Musik bestimmt hat.
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