Demonstranten vor dem Erlanger Rathaus
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Vor Beginn der Sitzung des Stadtrats demonstrieren Gewerkschafter gegen den angekündigten Sparkurs der Stadt Erlangen

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Erlangen ohne genehmigten Haushalt – wen trifft es besonders?

Erlangen ohne genehmigten Haushalt – wen trifft es besonders?

Die Stadt Erlangen hat keinen genehmigten Etat. Grund dafür ist der massive Steuereinbruch. Trotzdem hat der Stadtrat jetzt einen Haushalt beschlossen. Was bedeutet das und wen trifft der Sparkurs besonders hart?

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

Die Erlanger Stadträte debattieren ihren Haushalt mit viel Herzblut. So wie jedes Jahr. Das ist in den Haushaltsreden zu spüren. Am Donnerstagabend hat der Stadtrat mit großer Mehrheit den Etat verabschiedet. Und doch ist alles anders als in den Jahren zuvor. Denn es ist klar, dass der Erlanger Haushalt nicht genehmigt werden wird. Bei einer Stadt dieser Größe komme das in Bayern sehr selten vor, sagt Stadtkämmerer Konrad Beugel (CSU).

Haushalt ist lediglich Wunschliste

Er hat sich schon im Vorfeld mit der Regierung von Mittelfranken in Ansbach beraten. Die hat die Rechtsaufsicht und muss den Etat genehmigen. "Wir haben einen Haushalt beschlossen, wo wir unsere Projekte und Investitionen beschreiben", erklärt er. "Wir wissen aber, dass wir die notwendigen Kredite, um das alles umzusetzen, erstmal gar nicht genehmigt bekommen werden."

Aufsichtsbehörde bestimmt künftig mit

Was heißt das jetzt konkret? Die Regierung von Mittelfranken muss künftig jeden einzelnen Kredit genehmigen. Vorläufige Haushaltsführung heißt das. Statt selbst bestimmen zu können, muss die Stadt Erlangen erst die Ansbacher Sparkommissare überzeugen. "Das ist wie in der Schule. Da muss man jetzt etwas nachsitzen und das ein oder andere dem Lehrer mehr zeigen, als wenn man der Klassenprimus wäre."

Keine Kündigungen geplant

Die Stadt Erlangen kann lediglich "das finanzieren, was zum laufenden Betrieb zwingend erforderlich ist", sagt Oberbürgermeister Florian Janik (SPD) in seiner Haushaltsrede. Zum Beispiel Mieten und Pachten oder die Gehälter. Vor betriebsbedingten Kündigungen müsse sich deshalb kein städtischer Mitarbeiter fürchten. Janik zieht den Vergleich zur freien Wirtschaft. Dort müsste ein Betrieb in vergleichbarer Lage massiv Stellen abbauen.

Projekte können fertig gebaut werden

Allerdings werden frei werdende Stellen ein halbes Jahr lang nicht nachbesetzt. Das bedeute, dass der Arbeitsdruck in den Amtsstuben steigt. Bereits begonnene Bauprojekte können fertiggestellt werden. Doch es kann nach Janiks Worten in diesem Jahr kaum etwas Neues begonnen werden. Eine Ausnahme wird ein Feuerwehrhaus sein. Das ist für die Sicherheit in der Stadt notwendig – und deshalb hofft Beugel darauf, dass die Aufsicht dafür einen Kredit genehmigt.

Schulden steigen um zwei Drittel

Insgesamt rund 42,5 Millionen Euro an Krediten könnte die 120.000-Einwohner-Stadt neu aufnehmen. Das würde bedeuten, dass die Pro-Kopf-Verschuldung um rund zwei Drittel auf 1.140 Euro steigen würde. Ob es dazu kommt – alles offen, wegen der vorläufigen Haushaltsführung.

Höhere Gebühren, weniger Service

Jeder Erlanger wird die Finanzkreise zu spüren bekommen, hieß es schon im Vorfeld. Denn die Stadträte haben bereits Sparprogramme verabschiedet. Wegen der Wiederbesetzungssperre könnte es zu längeren Wartezeiten kommen. Gebühren werden steigen – auch wenn es beispielsweise bei der Stadtbibliothek nur um wenige Euro im Jahr geht. Das Poetenfest und das Figurentheaterfestival werden mit einem reduzierten Programm stattfinden. Und das Kulturzentrum E-Werk bekommt weniger Zuschuss als ursprünglich geplant.

Steuerkrise trifft nicht nur Erlangen

Der Grund für die Finanzkrise sind die Gewerbesteuereinnahmen, die seit Herbst 2024 massiv eingebrochen sind. Und das nicht nur in Erlangen. Auch in Forchheim hat ein großer Gewerbesteuerzahler eine hohe Rückerstattung bekommen. Die Stadt hat jetzt ähnliche Probleme wie Erlangen. Für das laufende Jahr rechnet Erlangens Kämmerer nur noch mit Gewerbesteuereinnahmen von rund 120 Millionen Euro. Das sind rund 100 Millionen Euro weniger als in seiner Prognose aus dem Vorjahr, die er noch vor der Finanzkrise gemacht hat.

Das zeigt die Abhängigkeit der Kommunen von großen Gewerbesteuerzahlern. Erlangens Nachbarstadt Fürth beispielsweise hat eine andere Wirtschaftsstruktur, sagte vor kurzem OB Thomas Jung (SPD) bei seiner Jahrespressekonferenz. Keine großen Gewerbesteuerzahler, sondern viele mittelgroße Familienunternehmen, "da tut es nicht so weh, wenn einer mal ausfällt", so Jung.

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