Dürfen soziale Netzwerke Daten ihrer Nutzerinnen und Nutzer für Werbezwecke unbegrenzt speichern? Diese Frage kann ab sofort mit "nein" beantwortet werden. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in dieser Frage nun ein entsprechendes Urteil gesprochen.
Datennutzung steht Grundsatz der Datenminimierung entgegen
In der Urteilsbegründung heißt es: Es stehe dem in der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) festgelegten Grundsatz der "Datenminimierung" entgegen, wenn sämtliche personenbezogenen Daten "zeitlich unbegrenzt und ohne Unterscheidung nach ihrer Art für Zwecke der zielgerichteten Werbung aggregiert, analysiert und verarbeitet werden", teilte das höchste europäische Gericht mit.
Hintergrund ist eine Klage des österreichischen Datenschutzaktivisten Max Schrems. Er hatte in der Vergangenheit in seinen Auseinandersetzungen mit Facebook zwei spektakuläre Erfolge vor dem EuGH erzielt, die den gesamten Datenaustausch zwischen den USA und der Europäischen Union betrafen.
Schrems rügte mit seiner Organisation noyb, dass der Internetkonzern Meta, der u. a. Facebook betreibt, sich nicht an den Grundsatz der Datenminimierung aus der DSGVO halte. Meta würde einfach das gesamte Online-Verhalten speichern, anstatt die Verarbeitung auf das notwendige Maß zu beschränken.
Kläger-Anwältin begrüßt das Urteil: Datenbestand wächst täglich
"Wir sind sehr erfreut über das Urteil", sagte Katharina Raabe-Stuppnig, eine Anwältin von Schrems in einer ersten Reaktion. Meta habe im Grunde seit 20 Jahren einen riesigen Datenbestand über die Nutzer aufgebaut, der täglich wachse. Nach diesem Urteil dürfe nur noch ein kleiner Teil des Datenpools von Meta für Werbung verwendet werden.
"Meta nimmt den Datenschutz sehr ernst und hat mehr als fünf Milliarden Euro investiert, um den Datenschutz in das Herzstück all unserer Produkte zu integrieren. Jeder, der Facebook nutzt, hat Zugang zu einer breiten Palette von Einstellungen und Werkzeugen, die es den Nutzern ermöglichen, die Verwendung ihrer Daten zu steuern", erklärte dagegen Meta.
Bei Informationen über sexuelle Orientierung gilt besonderer Schutz
Ein weiterer Punkt der Klage war die Verarbeitung von sensiblen Daten, wie etwa der sexuellen Orientierung. Für diese Daten gilt in der DSGVO ein besonderer Schutz, sie dürfen nur in bestimmten Ausnahmefällen verwendet werden. Eine solche Ausnahme besteht etwa, wenn die Information bereits zuvor öffentlich gemacht wurde.
Diese Frage stellte sich im vorliegenden Fall, da Schrems auf einer Podiumsdiskussion über seine Homosexualität gesprochen und diese damit womöglich derart öffentlich gemacht hatte, dass eine Nutzung durch Facebook für personalisierte Werbung gerechtfertigt sein könnte.
"Der Umstand, dass eine betroffene Person Daten zu ihrer sexuellen Orientierung offensichtlich öffentlich gemacht hat, führt dazu, dass diese Daten unter Einhaltung der Vorschriften der DSGVO verarbeitet werden können", so der EuGH. Es sei nicht ausgeschlossen, dass Schrems seine sexuelle Orientierung bei der Veranstaltung offensichtlich öffentlich machte. Ob diese Information datenschutzkonform genutzt wurde, müsse der österreichische Oberste Gerichtshof beurteilen.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!