Alfred Stier und sein Sohn Josef aus Bärnau im Landkreis Tirschenreuth sind die ersten Oberpfälzer Teichwirte, die es im größeren Stil mit einer Indoor-Halle versuchen. Vier ihrer 28 Fischarten - Teile der Bach- und Regenbogenforellen, die Zander und White-Tiger-Garnelen - leben seit einiger Zeit drinnen in sogenannten Kreislaufanlagen.
Darunter versteht man in der Fischzucht Systeme, in denen das Wasser ähnlich wie in einer Kläranlage permanent gereinigt und zurückgeleitet wird. Deshalb gelten diese Anlagen als verhältnismäßig ökologisch, weil nur ein sehr geringer Anteil des Wassers - ein bis zehn Prozent - täglich erneuert wird. Außerdem schließt eine Kreislaufanlage die Verwendung von Antibiotika aus, weil die ihre Biofilter verstopfen würden, sagt Josef Stier.
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Fischotter, Kormoran und Biber setzen Teichwirten zu
Die Fischzucht Stier ist mit etwa zehn Mitarbeitern einer der größeren Betriebe in der Oberpfalz und damit eine Ausnahme. "Die Karpfenteichwirtschaft wird in Bayern zu 99 Prozent im Nebenerwerb betrieben, die durchschnittliche Fläche sind zweieinhalb Hektar", sagt Anna Klupp von den "Young Fishermen" - die Jugendorganisation des bundesweiten Dachverbandes der Binnenfischer.
Durch die immer größeren Probleme mit zurückkehrenden Tierarten wie Fischotter, Kormoran und Biber haben über zwei Drittel der Nebenerwerbler in den vergangenen zehn Jahren einfach aufgehört: Laut Bayerischem Landesamt für Statistik waren in der Oberpfalz im Jahr 2013 noch rund 1.500 Betriebe registriert, die Speisefische produzieren. 2023 waren es nur noch rund 400 – wobei sich die Gesamtmenge an Fisch aber kaum verändert hat.
Zukunft für junge Teichwirtinnen und Teichwirte gesucht
Gerade die "Young Fishermen" treibt deshalb die Frage um, wie die Branche für sie mittelfristig überhaupt noch ein Lebensunterhalt sein kann. Als reine Teichwirtschaft ohne die Halle würde er den Betrieb seines Vaters nicht weiterführen, sagt der 21-jährige Josef Stier: Der Ertrag eines Teiches sei durch die Fischräuber inzwischen nicht mehr planbar genug.
Ihr Betrieb beliefere zum Beispiel das Oktoberfest und müsse dort schon weit im Voraus feste Liefermengen vertraglich zusagen. Sollten die dann zum Beispiel durch den Fischotter nicht mehr in den Teichen sein, würde also ein doppelter Verlust entstehen. Die 2023 von der Bayerischen Staatsregierung erlassene Verordnung zum Abschuss des geschützten Fischotters hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof als rechtswidrig verworfen.
Investition für Halle kaum größer als für Zäune
Um alle diese Teiche mit Zäunen gegen Fischotter zu schützen, wäre für seinen Betrieb eine Investition von etwa 2,4 Millionen Euro nötig gewesen, sagt Alfred Stier: "Da hab ich mich lieber für den Weg entschieden: Ich bau eine Indoor-Halle." Dort lassen sich nun auch in Salzwasser lebende White-Tiger-Garnelen züchten, denen es in Bayern eigentlich erheblich zu kalt wäre. Sie stammen aus dem östlichen Pazifik und brauchen Temperaturen um die 30 Grad Celsius.
Verhältnisse, die in der Oberpfalz nur mit dem Einsatz von viel Energie herstellbar sind. Alfred und Josef Stier erzeugen die für ihre Halle selbst: Mit einer Holzvergasungsanlage mit Blockheizkraftwerk und einer großen Photovoltaikanlage auf dem Dach. Außerdem experimentieren sie mit schwimmenden Solarmodulen auf ihren Teichen. Das Ziel ist, die Fischzucht auch in der Halle nach Möglichkeit vollständig regional und nachhaltig umsetzen zu können.
Statt Fischmehl: Selbst hergestelltes Insektenmehl
Das größte Hindernis für dieses Ziel ist allerdings das Futter. Es enthält bislang Fischmehl, das zunehmend in der Kritik steht, weil es importiert wird und seine Herstellung in ärmeren Ländern teils dramatische Folgen hat. Um das zu ändern, sind die Stiers in Bärnau zu einem von bisher nur drei Betrieben in Deutschland geworden, die die Insektenmastanlage eines bayerischen Start-ups ausprobieren.
Das Besondere an jener Anlage ist, dass Land- und Teichwirte sie selbst betreiben können. Sie setzt einen Nährbrei auf Basis örtlich anfallender Reste an – bei der Fischzucht Stier vor allem Weizenkleie. Ein Roboterarm füllt den Brei in Kisten, in die dann junge Larven der Schwarzen Soldatenfliege kommen, die sich in einem Wärmeschrank daran fett fressen.
In den nächsten Wochen wird noch eine zweite Anlage nach Bärnau geliefert, die die Larven zu Insektenmehl weiterverarbeitet. Die Hoffnung ist, dass dieses Insektenmehl dann tatsächlich das Fischmehl als zentrale Proteinquelle im Fischfutter ersetzen kann.
Indoor-Fischzucht: Mögliche Lösung mit großen Einschränkungen
Wenn all das gelingt, wollen Josef und Alfred Stier den Beweis dafür antreten, dass eine vollständig nachhaltige und regionale Erzeugung von Speisefischen auch in einer Halle möglich ist – auch wenn ihre Garnelen preislich nie mit jenen aus riesigen Zuchtanlagen in Asien oder Südamerika konkurrieren können werden.
Der offensichtliche ökologische Nachteil bleibt aber: Eine Halle mit Kreislaufanlagen ist ein geschlossenes System – ganz im Gegensatz zu einem Fischteich, der Lebensraum und Teil eines Ökosystems ist.
Eine Perspektive für die Fischzucht in der Oberpfalz - da sind sich einschließlich der Stiers alle einig - kann eine Indoor-Halle demnach bestenfalls in wirtschaftlicher Hinsicht sein. Für den Erhalt des ökologischen und kulturellen Wertes - die traditionelle Karpfenteichwirtschaft ist seit 2021 offiziell immaterielles Kulturerbe - gibt es keine Alternative zu Teichlandschaften in freier Natur. Wärmeliebende Salzwasser-Garnelen wird man dort allerdings sicher niemals halten können.
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