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In Plattling ist ein Mann bei einem begleiteten Ausgang aus einer psychiatrischen Klinik geflohen. Die Polizei warnte, er sei schwer krank und sehr gefährlich. Und auch wenn der Straftäter inzwischen wieder gefasst ist: Der Fall beschäftigt die BR24-Community. Viele BR24-User treibt die Frage um, ob zu lax mit gefährlichen Straftätern umgegangen wird.
Was ist das Ziel des Maßregelvollzugs?
Wer im Maßregelvollzug untergebracht ist, hat eine Straftat begangen, für die er wegen vollständiger oder teilweiser Schuldunfähigkeit nicht bestraft werden kann. Das Bayerische Maßregelvollzugsgesetz (BayMRVG) regelt die Unterbringung von Personen in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung. Das Gesetz spricht von "Untergebrachten", das Staatsministerium für Familie, Arbeit und Sozialen von "Patienten".
BR24-User "Obacht _007" meint, dass der bei Plattling Geflohene "vor der Bevölkerung weggesperrt werden" sollte. Die Politik sieht das anders. Aus dem Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales heißt es: "Der Maßregelvollzug ist nicht mit dem Strafvollzug vergleichbar. Die Freiheitsentziehung erfolgt aufgrund der krankheitsbedingten Gefährlichkeit der Patienten." Ziel sei es, zu heilen und zu resozialisieren.
Gibt es ein Recht auf Ausgang?
Der in Plattling geflohene Mann war zu Besuch in einem Kino, was nach Angaben der Behörden Teil eines sogenannten Realitätstrainings ist. BR24-User "bonivuk1" fragt dazu: "Wieso kriegt der Typ drei Jahre nach einer brutalen Hinrichtung bereits Ausgang?" Ein Ausgang ist eine Lockerung des Vollzugs und diese sieht das Gesetz zwingend vor, Patienten haben darauf einen Rechtsanspruch. Allerdings gibt das Gesetz keinen zeitlichen Rahmen vor. Es heißt nur: Der Vollzug sei zu lockern, sobald damit zu rechnen sei, dass damit die Behandlung und die soziale Wiedereingliederung gefördert werden. Zu begleiteten Ausgängen soll es zudem kommen, wenn davon auszugehen ist, dass die Lockerung nicht missbraucht wird.
Ein Ausgang kann demnach entweder in Begleitung von Beschäftigten des Maßregelvollzugs oder ganz ohne Begleitung geschehen. Dass bei dem Ausgang Polizisten zugegen sein müssen, schreibt das Gesetz nicht vor.
Mit Fußfesseln zur Resozialisation?
BR24-User "FXR" fragt nach der Qualifikation der Krankenhausmitarbeiter. User "Kiwiworld" will wissen, "warum so jemand keine Fußfesseln trägt". Aus dem Ministerium heißt es dazu, dass die Begleitpersonen entsprechend geschult seien. Eine Fesselung oder Ähnliches sei nicht vorgesehen, da es sich um eine Therapie- und nicht um eine Sicherungsmaßnahme handle.
Das Sozialministerium schränkt auf Nachfrage ein: "Besteht aus therapeutischer Sicht die Gefahr, dass die untergebrachte Person infolge einer Lockerung des Vollzugs eine schwere Straftat begeht (...), darf eine Lockerung des Vollzugs nicht erfolgen." Unter anderem aufgrund der medikamentösen Behandlung des Mannes habe diese Gefahr im Fall Plattling allerdings nicht bestanden.
Wer entscheidet und verantwortet eine Lockerung des Vollzugs?
Zuständig für den Maßregelvollzug sind in Bayern die Bezirke. Die Aufsicht über den Maßregelvollzug hat das Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS) mit Sitz in Bayreuth. Es untersteht dem Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales.
Die BR24-User "Fix" und "lesefisch" fragen nach, wer nun die Verantwortung für den Vorfall trägt. Das Sozialministerium erklärt dazu zunächst, die Leiter des jeweiligen Maßregelvollzugs entschieden in einem Team über jede Lockerung. In die Entscheidung einbezogen wird demnach neben dem Behandlungsverlauf auch die Straftat. Im vorliegenden Fall sei an der Entscheidung, wie bei Patienten mit besonders schweren Delikten üblich, ein weiterer Arzt oder Psychotherapeut beteiligt gewesen. "Die Verantwortung für jede Lockerungsentscheidung trägt die Maßregelvollzugsleitung", so eine Sprecherin des Ministeriums.
War die Lockerung im Fall Plattling zu "lax"?
BR24-User "Zel" meint: "Bei solch einer gefährlichen Person würde man eigentlich ganz andere Sicherheitsvorkehrungen erwarten, das ist vollkommen unverständlich." Und "Brutus" schreibt: "Durch diesen laxen Umgang mit gefährlichen Straftätern gefährdet man die Bevölkerung." Nach Meinung des Ministeriums sei die Lockerung des Vollzugs im Fall Plattling keineswegs "lax" gewesen. Stattdessen sei die Entscheidung entsprechend der gesetzlichen Vorgaben getroffen worden. Aufgrund der Prüfung sei nicht zu erwarten gewesen, dass die Lockerung missbraucht wird.
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