Leifheit-Seniorenzentrum in Garmisch-Partenkirchen.
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Leifheit-Seniorenzentrum in Garmisch-Partenkirchen.

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Garmisch-Partenkirchen prüft NS-Vergangenheit Günter Leifheits

Garmisch-Partenkirchen prüft NS-Vergangenheit Günter Leifheits

Garmisch-Partenkirchen ist der Ort mit der höchsten Seniorendichte in Bayern. Günter und Ingeborg Leifheit haben der Gemeinde 57 Millionen Euro vermacht – für Seniorenarbeit. Nun holt den Ort die NS-Vergangenheit des Haushaltswaren-Unternehmers ein.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Bisher waren die Leifheits Lichtgestalten für die Seniorenarbeit unter der Zugspitze. Der Haushaltswaren-Unternehmer aus Rheinland-Pfalz hatte mit einer Stiftung nach seinem Tod 2009 dem Markt Garmisch-Partenkirchen 57 Millionen Euro vermacht, um Menschen im Alter das Leben zu erleichtern.

War Leifheit SS-Offizier?

Doch jetzt fällt mit einer Studie des Münchner Historikers Stefan Holler ein Schatten auf das Leben von Günter Leifheit. Er soll ab 1940 Offizier der Waffen-SS und Mitglied der "Leibstandarte" von Adolf Hitler gewesen sein. Es handelt sich hierbei um eine am 17. März 1933 von Adolf Hitler gegründete und ihm direkt unterstellte paramilitärische Organisation.

Im Rathaus in Garmisch-Partenkirchen ist man nun aufgeschreckt. Nach einem Rechtsstreit mit den Leifheit-Erben konnte der Markt seit 2016 über das Geld verfügen, gründete eine gemeinnützige GmbH, die Longleif GAPA gGmbH (externer Link), und baute ein Seniorenzentrum mit Leifheits Namen.

Bürgermeisterin will lückenlose Aufklärung

Die Bürgermeisterin Elisabeth Koch (CSU) will eine lückenlose Aufklärung: "Zunächst müssen wir das ganz sauber, ganz ordentlich und ganz transparent aufarbeiten. Und dann müssen wir mit den Schlüssen, die sich aus einem Gutachten ergeben, umgehen. Wir müssen uns fragen, trägt dieses Wohngebäude – das Leifheit – seinen Namen noch zu Recht?"

War Leifheit auch an SS-Verbrechen beteiligt? Bislang noch keine Hinweise

Günter Leifheit hat in den 1960er-Jahren Millionen Teppichkehrer, Wäscheständer oder Bügeleisen produziert und verkauft. 1972 verkaufte er seine Firma im rheinland-pfälzischen Nassau an einen amerikanischen Konzern und wurde 1974 Privatmann. Beide Orte, Nassau und Garmisch-Partenkirchen, wollen der historischen Wahrheit auf den Grund gehen und die Frage beantworten, ob Leifheit an SS-Verbrechen beteiligt war. Bisher gibt es dazu noch keine Hinweise.

Forschungsroboter wird mit Stiftungsgeldern von Leifheit mitfinanziert

Neben dem Markt Garmisch-Partenkirchen dürften auch andere Partner der gemeinnützigen Longlife GAPA gGmbH Interesse an einer Aufklärung haben. Der Forschungsroboter Garmin der Technischen Universität München wird beispielsweise ebenfalls mit Stiftungsgeldern von Leifheit mitfinanziert.

Derzeit entsteht für 20 Millionen Euro der Longlife-Campus in Garmisch-Partenkirchen. Hier soll für die Geriatrie-Forschung ein eigenes Gebäude gebaut werden. Gemeinsam mit einer Pflegeschule der Caritas und einer Einrichtung für betreutes Wohnen. Der Projektleiter Maximilian Mayer von der Longleif GAPA gGmbH muss beim Bau die Stiftungsziele der Leifheits im Blick haben.

"Wir dürfen Institutionen unterstützen, die im Bereich der Altenpflege tätig sind", sagt Mayer, "und – das ist ganz wichtig – wir dürfen die Forschung im sogenannten '3. Alter' unterstützen". Diese Seniorenforschung war Leifheit auch in anderen Projekten wichtig. Die Universität Mainz hat über eine weitere Stiftung in Nassau ebenfalls Gelder für die Geriatrie-Forschung erhalten.

Noch viele offene Fragen – Studie soll unabhängig überprüft werden

In Garmisch-Partenkirchen fragt man sich jetzt, warum weder die Biografen noch Weggenossen etwas von der NS-Vergangenheit gewusst haben oder gewusst haben wollen. Der Münchner Autor der Studie, der Historiker Stefan Holler, ist gebürtig aus Nassau und hat auch deshalb die Studie verfasst.

Sie soll jetzt nach dem Willen der Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen von unabhängigen Gutachtern überprüft werden. Die Ergebnisse wollen die beiden Gemeinden Nassau und Garmisch-Partenkirchen gemeinsam veröffentlichen.

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