26.01.2025, Bayern, Aschaffenburg: Zahlreiche Kerzen und Blumen liegen zum Gedenken an die Opfer des tödlichen Messerangriffs im Park Schöntal am Boden. Im Park Schöntal in Aschaffenburg wurden am 22. Januar 2025 eine Junge und einen Mann getötet. Foto: Daniel Vogl/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Nach tödlichem Angriff in Aschaffenburg - Trauerfeier

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Gedenken nach Messerangriff in Aschaffenburg: "Herz statt Hetze"

Gedenken nach Messerangriff in Aschaffenburg: "Herz statt Hetze"

Erschütterte Gesichter, Trauer und der Wunsch nach Zusammenhalt der Gesellschaft. Vier Tage nach der Bluttat mit zwei Toten hat Aschaffenburg an die Opfer erinnert. Eindringlich warnten Geistliche und Politiker davor, die Tat zu instrumentalisieren.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Tief erschütterte Angehörige, Einsatzkräfte, Seelsorgende, Politiker und Politikerinnen. Sie alle versammelten sich am Sonntagvormittag in der Aschaffenburger Stiftskirche zu einem ökumenischen Gedenkgottesdienst. Nur gut einen Kilometer von dem Ort entfernt, wo vier Tage zuvor ein kleiner Junge und ein mutiger Mann ihre Leben lassen mussten. Alle Redner zeigten sich fassungslos, warnten vor Hass und Spaltung der Gesellschaft und riefen zum Zusammenhalt auf.

Landesbischof Kopp: "Schreier und Nöler" helfen nicht

Bayerns evangelischer Landesbischof Christian Kopp sagte, der vergangene Mittwoch habe auch ihn "fassungslos" gemacht: "Ein Erwachsener gegen ein kleines Kind – das ist so abgründig, dass es tiefer kaum mehr geht", so Kopp. Dadurch entstehe ein "ein dunkles Meer von Gefühlen: Wut, Zorn, Hilflosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Erschrecken, Ohnmacht".

Dennoch seien es nicht "die Schreier und Nöler", die helfen. Das "Ziel einer friedlichen und gewaltfreien Gesellschaft" dürfe man sich "nicht von einer Person, die psychisch krank war", nehmen lassen – "und auch nicht von denen, die die Tat für die Spaltung unserer Gesellschaft nutzen wollen".

Bischof Jung: 41-Jähriger "Licht in der Finsternis"

Der katholische Würzburger Bischof Franz Jung sprach von der "Not, dass wir keine Antworten haben auf die quälenden Fragen nach dem Warum". Der 41-Jährige, der eingeschritten war und dabei selbst sein Leben verlor, sei ein "Licht in der Finsternis", so der Bischof. "Wir trauern umso mehr über einen solchen Menschen und seinen grenzenlosen Mut."

Auch Jung mahnte, es sei nötiger denn je, "gemeinsam durch diese dunklen Stunden zu gehen" anstatt sich "auseinanderdividieren" zu lassen. Die Aschaffenburger Bevölkerung zeige, dass sie zusammenstehe und beieinander bleibe, sich nicht vom Hass überwinden lasse "und jeder Form von Gewalt" absage.

Imam Mehmood: "Um uns sind viele Spalter"

Bei der ökumenischen Gedenkfeier sprach neben Kopp und Jung auch ein muslimischer Vertreter: Zischan Mehmood, Imam der Aschaffenburger Ahmadiyya-Gemeinde, erinnerte ebenfalls an den 41-jährigen getöteten Mann.

"Er hat damit die Menschlichkeit gerettet", so der Imam. Es sei nun unsere Aufgabe, "die Menschlichkeit zu bewahren, frei von Hass und Spaltung". Mitgefühl, Solidarität und Zusammenhalt seien wichtiger denn je, "denn um uns sind viele Spalter, die aus dem schrecklichen Ereignis Profit schlagen wollen", kritisierte Mehmood. Der Respekt vor den Opfern verbiete es, derartige Taten für Wahlkampfzwecke zu instrumentalisieren.

Oberbürgermeister: "Herz statt Hetze"

Aschaffenburgs Oberbürgermeister Jürgen Herzing (SPD) sprach von dem Zweijährigen als "kleinen Jungen mit großen Augen". Er habe einer multikulturellen Kinderbetreuungsgruppe angehört. Der 41-Jährige, Familienvater zweier Kinder, sei in seinem Stadtteil engagiert gewesen. "Er hätte nicht einschreiten müssen, aber er hat es uneigennützig getan. Er war wahrlich ein Schutzengel für die Kinder."

Es seien viele Fragen nach dem Warum offen, so beispielsweise, warum der Tatverdächtige extra von seinem Wohnort nach Aschaffenburg gefahren sei. Für die Aufklärung sei jedoch die Polizei zuständig, während es vielmehr die Aufgabe der Gesellschaft sei, "in Frieden und ohne Hass miteinander zu leben". Es gebe Politiker, die versuchten aus der Tat politisches Kapital zu schlagen – das Stadtoberhaupt spielte wohl auf den Besuch des Thüringer AfD-Chefs Björn Höcke am Freitag an, ohne dessen Namen zu nennen. Er dankte den Menschen, die sich diesem entgegengestellt hätten. Es gelte nun "Herz statt Hetze".

Er schilderte zudem eine erschütternde Szene: Am Samstag habe sich bei einer Demonstration gegen Rechtsextremismus in Aschaffenburg ein zwölfjähriges, afghanisches Mädchen ans Mikrofon gestellt und sich mit "angsterfüllter Stimme" entschuldigt. "Ich bin nicht böse", habe sie gesagt. Das Video liegt BR24 inzwischen vor. Die zwölfjährige Fatima sagte unter Tränen: "Menschen denken: Weil ich eine Afghanin bin, dass ich böse bin."

Söder: "Unfassbar, irre, verrückt, oh mein Gott"

Der Gedenk-Gottesdienst wurde um 11.45 Uhr unterbrochen, genau zur Tatzeit am vergangenen Mittwoch: Fünf Minuten lang haben die Glocken aller Kirchen in Aschaffenburg geläutet. Abschließend sprach noch Ministerpräsident Markus Söder (CSU): "Unfassbar, irre, verrückt, oh mein Gott!" – das habe Söder gedacht, als er von der Tat erfahren habe.

"Es tut wirklich weh", so der Ministerpräsident und nannte die Namen der beiden Opfer: Der kleine Yannis habe noch so viel vor sich gehabt. Kai-Uwe D. habe sich "dazwischen geschmissen" und sei ein "Vorbild für viele und für Menschlichkeit und Mut." Dem Mann soll laut Söder posthum die bayerische Rettungsmedaille für seine Zivilcourage verliehen werden. Auch andere Passanten hätten geholfen, den Tatverdächtigen verfolgt und so zu seiner Festnahme beigetragen.

Jetzt würden manche versuchen, "ihr Spiel damit zu betreiben". Darauf wolle er "besonnen und entschlossen reagieren", so Söder. In Richtung der Angehörigen sagte er: "Wir werden die beiden, die wir am Mittwoch verloren haben, nie vergessen."

Fürbitten der Einsatzkräfte und Kranzniederlegung am Tatort

Im Gottesdienst beteten Rettungskräfte in Fürbitten für die Opfer, für die Verletzten, die Einsatzkräfte, für die Stadtgesellschaft und "auch für die, die psychisch erkrankt sind und in ausweglosen Situationen nicht mehr wissen, was sie tun".

Vor dem Gottesdienst war Söder zusammen mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Tatort im Park Schöntal gewesen. Neben Aschaffenburgs Oberbürgermeister Jürgen Herzing von der SPD waren unter anderem auch Staatsministerin für Kultur und Medien Claudia Roth (Die Grünen), Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) sowie der Bundestagsabgeordnete Bernd Rützel (SPD) anwesend. Nancy Faeser sagte, sie sei "zutiefst erschüttert".

Anschließende Demonstration verläuft friedlich

Wenige Stunden nach dem offiziellen Gedenkgottesdienst zog ein Demonstrationszug mit Deutschlandfahnen durch die Stadt und am Park Schöntal vorbei. Dabei waren auch Plakate mit Verschwörungsmythen, AfD-Parolen und Drohungen gegen Politiker zu sehen. Nach Angaben eines Polizeisprechers waren es in der Spitze zwischen 1.300 und 1.500 Menschen.

Auf Social-Media-Plattformen kursiert ein Video von einem Mann, der in der Gruppe mitläuft und zweimal den Hitlergruß zeigt. BR24 liegen Videos und Fotos davon vor. Auf BR24-Nachfrage hat die Polizei am Montag bestätigt, dass sie Ermittlungen gegen den Mann aufgenommen hat – wegen des "Verwendens eines Kennzeichens verfassungswidriger Organisationen im Rahmen der Veranstaltung".

Die Zahl der Gegnerinnen und Gegner, die mit Sprechchören gegen die Demonstration protestierten, konnte die Polizei nicht benennen. Entlang der Strecke verliehen immer wieder Gruppen ihrem Protest Ausdruck. Es sei alles weitestgehend störungsfrei und friedlich verlaufen, so die Polizei am Sonntag. Aufgerufen zu der Demonstration hatte unter anderem die Gruppierung "Rhein-Main-steht-auf".

Im Video: Demoaufmarsch in Aschaffenburg am Sonntag

Demoaufmarsch in Aschaffenburg am Sonntag
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Demoaufmarsch in Aschaffenburg am Sonntag

Hinweise der Redaktion: In der ursprünglichen Version des Artikels hatte es geheißen, der getötete Zweijährige habe der Aschaffenburger Ahmadiyya-Gemeinde angehört. Dies trifft nicht zu. Wir haben den Artikel deshalb aktualisiert.

Zeitweise stand zudem der volle Name des 41-jährigen Todesopfers im Artikel. Aus Rücksichtnahme auf dessen Familie hat sich BR24 entschieden, den Nachnamen abzukürzen.

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