Einsatzkräfte transportieren einen Schwerverletzten ab
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Gewalttat mit mehreren Schwerverletzten in Aschaffenburg

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Tödlicher Messerangriff in Aschaffenburg: Was wir bisher wissen

Tödlicher Messerangriff in Aschaffenburg: Was wir bisher wissen

Ein kleiner Junge und ein Mann sind tot: Der Messerangriff auf eine Kindergartengruppe in Aschaffenburg sorgt über Bayern hinaus für Entsetzen. Zum Tatablauf und dem Verdächtigen sind inzwischen Einzelheiten bekannt. Der Überblick.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Eine schreckliche Gewalttat erschüttert Bayern: In der unterfränkischen Stadt Aschaffenburg hat ein Messerangreifer zwei Menschen getötet. Drei weitere Opfer werden mit schweren Verletzungen im Krankenhaus behandelt. Was bislang bekannt ist:

Was ist passiert?

Am Mittwoch um 11.45 Uhr wird das fränkische Aschaffenburg jäh aus seinem Alltag gerissen. Mitten im Innenstadtpark Schöntal sticht ein Mann mit einem Küchenmesser auf mehrere Menschen ein. Laut Innenminister Joachim Herrmann (CSU) griff der Täter "unvermittelt und gezielt" eine Kindergartengruppe an, Passanten gingen dazwischen.

Zwei Menschen werden tödlich verletzt, ein Kita-Kind und ein Mann. Drei Menschen erleiden schwere Verletzungen. Die Polizei ist nach dem Angriff schnell vor Ort und nimmt einen Tatverdächtigen fest.

Was ist über die Opfer bekannt?

Ein zweijähriger Junge marokkanischer Abstammung ist tot. Auch einem 41 Jahre alten Mann konnten die Rettungskräfte nicht mehr helfen. Der Passant war laut Herrmann dazwischengegangen und bezahlte die Zivilcourage mit seinem Leben. Der Minister hebt hervor, dass durch das mutige Einschreiten "weitere Kinder vor dem Tod bewahrt" wurden. 

Zudem verletzte der Angreifer ein zweijähriges Mädchen, das aus Syrien stammt, schwer. Es sei mit drei Messerstichen im Halsbereich ins Klinikum Aschaffenburg gebracht worden, sagt Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU). Dort sei auch ein 72-Jähriger wegen Stichverletzungen im Brustkorb operiert worden. Eine 59-jährige Erzieherin hat sich auf der Flucht vor dem Täter den Arm gebrochen und wurde ebenfalls in die Klinik gebracht. Alle sind laut Gerlach außer Lebensgefahr.

Was ist über den Tatverdächtigen bekannt?

Der Messerangreifer von Aschaffenburg wohnte in einer Asylunterkunft in der Gegend und war nach Angaben des Innenministers in psychiatrischer Behandlung. Der 28-jährige Afghane sei in der Vergangenheit mindestens dreimal wegen Gewalttaten aufgefallen, jeweils in psychiatrische Behandlung gekommen und wieder entlassen worden, schildert Herrmann. Im Dezember wurde seine Betreuung angeordnet.

Der Verdächtige war wegen eines von ihm selbst abgebrochenen Asylverfahrens ausreisepflichtig. Laut derzeitiger Erkenntnis war der Afghane Ende 2022 nach Deutschland eingereist - über Bulgarien. Daraufhin habe es ein Dublin-Verfahren gegeben. Demnach ist der Staat für die Abwicklung des Asylverfahrens zuständig, in dem der Geflüchtete zuerst EU-Boden betreten hat. Die Abschiebung nach Bulgarien sei gescheitert, weil die entsprechende Frist dafür nicht eingehalten wurde, so Herrmann. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) habe die bayerischen Ausländerbehörden zu spät informiert.

Angeschlossen habe sich daraufhin ein normales Asylverfahren. Im Dezember 2024 kündigte der Mann schriftlich bei der Ausländerbehörde an, freiwillig auszureisen. Daraufhin habe das BAMF den Afghanen aufgefordert, so Herrmann, sich beim afghanischen Generalkonsulat die nötigen Papiere zu besorgen. Ausgereist sei er zunächst aber noch nicht. Zudem war er "weiter offensichtlich auch in psychiatrischer Behandlung".

Was sagt die Polizei über das Motiv?

Beim Verdächtigen wurden zunächst keine Hinweise auf ein islamistisches Motiv gefunden. "Im Moment geht die Mutmaßung sehr stark in Richtung seiner offensichtlich psychischen Erkrankungen", sagt Herrmann. In der Unterkunft des Afghanen seien entsprechende Medikamente gefunden worden. Die Durchsuchung habe keinerlei Hinweise auf eine radikale, islamistische Gesinnung gebracht. Zum Motiv des Angriffs auf die Kindergartengruppe werde weiter ermittelt. 

Was ist über die Festnahme bekannt?

Der Angreifer wurde laut Herrmann nach der Tat von Passanten verfolgt und nach zwölf Minuten von Polizisten festgenommen. Ob er sich bei seiner Festnahme wehrte, ist nicht öffentlich bekannt. Die mutmaßliche Tatwaffe, ein Küchenmesser, wurde sichergestellt.

Weil der Verdächtige versucht haben soll, über Bahngleise zu fliehen, wurde der Bahnverkehr in Aschaffenburg eingestellt. Der Hauptbahnhof wurde gesperrt, es kam zu Zugausfällen und Verspätungen.

Kurz nach dem Angriff ging die Polizei noch von zwei mutmaßlichen Tätern aus. Das bestätigte sich aber nicht. Bei der zweiten festgenommenen Person handele es sich um einen Zeugen, hieß es später.

Was ist über den Tatort bekannt?

Der historische Park Schöntal im englischen Gartenstil ist nach Stadtangaben etwas mehr als neun Hektar groß. In der jüngsten Vergangenheit kam es in dem Areal vermehrt zu Straftaten.

Erst im vergangenen November hatte die Polizei den Park Schöntal in Teilen als "gefährlichen Ort" eingestuft. Aschaffenburgs Polizeichef Frank Eckhardt betonte damals: Es handle sich dort vor allem um Betäubungsmitteldelikte und um Raub sowie Körperverletzung innerhalb des Drogenmilieus. Es sei aber objektiv sicher, sich im Park Schöntal aufzuhalten.

Wie geht es jetzt weiter?

"Es ist alles noch im Fluss", sagte ein Polizeisprecher am Morgen nach der Tat. Man trage nun alle Informationen zusammen, sowohl zum Zustand der drei Schwerverletzten als auch zum Leben des mutmaßlichen Täters. "Das klären wir gerade ab."

Zudem muss der Tatablauf rekonstruiert werden - mithilfe gesicherter Spuren vom Tatort, von Zeugen sowie Bild- und Videomaterial, das Unbeteiligte womöglich vom Geschehen gemacht haben. Auch die Suche nach dem Tatmotiv steht im Fokus der Ermittler.

Der verdächtige 28-Jährige soll am Donnerstag im Laufe des Nachmittags einem Haftrichter vorgeführt werden. Ob er gewillt ist, sich dort zu seinen Gründen für die Attacke zu äußern, ist ungewiss. Die Ermittler rechnen damit, dass entweder ein Haft- oder ein Unterbringungsbefehl gegen den tatverdächtigen Afghanen erlassen wird.

Auch die Frage nach seiner Schuldfähigkeit zur Tatzeit dürfte die Ermittler beschäftigen. Zudem werden sich Behörden Fragen gefallen lassen müssen, warum der ausreisepflichtige mutmaßliche Täter noch in Deutschland war. 

Polizei warnt vor falschen Spendenkonten

Am Donnerstag um 10 Uhr hat Aschaffenburgs Oberbürgermeister Jürgen Herzing (SPD) einen Kranz am Tatort niederlegt. Um 18 Uhr sind die Menschen eingeladen zu einem Stillen Gedenken in der Nähe des Herstallturms im Park Schöntal. Auch ein Gedenkgottesdienst ist geplant am Sonntag, um 10.30 Uhr, in der Stiftskirche St. Peter und Alexander. Es wurde auch ein Krisentelefon eingerichtet: Unter 0800-6553000 steht ein Kriseninterventionsteam rund um die Uhr zur Verfügung.

Indes warnt die Polizei hilfsbereite Menschen vor falschen Spendenkonten für Angehörige der Opfer. Bei der Kriminalpolizei gingen Hinweise auf gefälschte Spendenaufrufe in den sozialen Medien ein, teilte das Polizeipräsidium Unterfranken mit. Man prüfe, ob es sich um illegale Aktionen handle.

Im Video: BR-Reporter Pirmin Breninek vor Ort in Aschaffenburg

BR-Reporter Pirmin Breninek im Gespräch.
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BR-Reporter Pirmin Breninek im Gespräch.

Im Video: BR-Reporterin Barbara Ecke im Gespräch

BR-Reporterin Barbara Ecke im Gespräch.
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BR-Reporterin Barbara Ecke im Gespräch.

Anmerkung zur Kritik an der Berichterstattung:

Unsere Reporterin bedauert die Formulierung sehr. Natürlich ist sie tief betroffen von den Ereignissen. Sie hat an einer Stelle in einer ihrer vielen Live-Schalte den Faden verloren und nach Worten gesucht. Sie lebt und arbeitet in Aschaffenburg und wollte den Schockzustand des Ortes darstellen. Das hat sie auch in den Schalten passend gemacht. An einer Stelle aber den Faden verloren und dann auch aus ihrer Sicht aus Versehen gänzlich unpassend formuliert. Sie trauert, wie alle, mit den Familien.

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