Ein Absperrband der Polizei ist vor einem Tor des Bezirkskrankenhauses Straubing angebracht.
Bildrechte: picture alliance/dpa | Armin Weigel

Vier Männer sind am Samstagabend im niederbayerischen Straubing aus dem Bezirkskrankenhaus Straubing entflohen.

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Patientenfluchten aus Maßregelvollzug erreichen Höchststand

Seit 2019 sind in keinem Jahr so viele verurteilte Straftäter aus Bezirkskliniken in Bayern entwichen wie in den ersten acht Monaten 2024. Nur aus drei der vierzehn Maßregelvollzugseinrichtungen in Bayern wurden keine erfolgreichen Fluchten gemeldet.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Die aktuelle Flucht von vier Männern aus dem Bezirkskrankenhaus Straubing mit eingerechnet, sind in diesem Jahr bis August schon acht Patienten aus forensischen Kliniken entkommen. Das geht aus Zahlen des bayerischen Sozialministeriums hervor, die der BR angefragt hat. Das sind schon jetzt mehr als 2022, dem Rekordjahr der vergangenen fünf Jahre, als sieben Personen die Flucht gelang. Nur 2020 waren keine Entweichungen aus dem gesicherten Bereich einer der insgesamt 14 bayerischen Maßregelvollzugseinrichtungen zu verzeichnen. In den übrigen Jahren lagen die Zahlen bei vier (2023) und fünf (2019 und 2021).

Erste gemeinsame Flucht von vier Patienten

Und noch für eine weitere Höchstzahl steht das Jahr 2024 schon jetzt beim Maßregelvollzug. Der aktuelle Fall in Straubing ist das erste Mal, dass vier Patienten gemeinsam entkommen konnten. Zwar gab es in den vergangenen fünf Jahren auch schon Fluchten von drei Personen (2021, Isar-Amper-Klinikum München-Ost) und diverse Male auch von zwei Personen, am häufigsten flüchteten die Straftäter aber alleine.

Nur drei forensische Kliniken ohne Fluchten

Nur aus drei der vierzehn bayerischen Maßregelvollzugseinrichtungen wurden im Fünf-Jahres-Zeitraum keine erfolgreichen Fluchten gemeldet: Schloss Werneck (Ufr.), Bezirkskrankenhaus Bayreuth (Ofr.) und Bezirksklinikum Ansbach (Mfr.). Am häufigsten konnten Straftäter aus dem Isar-Amper-Klinikum München-Ost fliehen (insgesamt neun Personen).

Knapp 3.000 Menschen im Maßregelvollzug

Aktuell sind nach Angaben des Bayerischen Sozialministeriums 2.956 Personen in den bayerischen Maßregelvollzugseinrichtungen untergebracht. Darunter sind auch rund 440 sogenannte "Probewohner", also Patientinnen und Patienten, deren Maßregelvollzug so weit gelockert wurde, dass sie außerhalb der Klinik in eigenen Wohnungen oder anderen Einrichtungen wohnen.

Nur schuldfähige Straftäter kommen ins Gefängnis

Welche Straftäter ins Gefängnis kommen und welche in einer Klinik untergebracht werden, ist im Strafgesetzbuch geregelt und hängt von der richterlich festgestellten Schuldfähigkeit des Verurteilten ab. Schuldfähige Straftäter verbüßen ihre Freiheitsstrafe in Justizvollzugsanstalten. Wurde durch ein Gutachten im Prozess eine psychische oder Suchtkrankheit des Angeklagten diagnostiziert, kommen diese nach der Verurteilung in den Maßregelvollzug in besonders ausgestattete psychiatrische Kliniken und Entziehungsanstalten, auch als forensische Kliniken bezeichnet.

Maßregelvollzug: Straftäter werden als Patienten behandelt

Der Grundgedanke des Maßregelvollzugs ist, einerseits die Öffentlichkeit vor weiteren Straftaten zu schützen, andererseits die Verurteilten mit Hilfe von Therapien auf ein straffreies Leben in der Gesellschaft vorzubereiten. Sie werden deshalb als Patientinnen und Patienten betrachtet und behandelt, nicht als Gefangene wie die Insassen von Justizvollzugsanstalten. Unter den 14 bayerischen Maßregelvollzugseinrichtungen sind auch Kliniken mit besonderer fachlicher Ausrichtung. Zuständig für Jugendliche, Heranwachsende und junge Erwachsene aus ganz Bayern sind die Bezirkskliniken in Parsberg (Opf.) und Regensburg. In Taufkirchen an der Vils (Obb) werden nur Frauen aufgenommen.

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