Überall im Freistaat fehlt es an Hausärzten, so auch in Pleystein in der Oberpfalz. Der Landkreis Neustadt an der Waldnaab hat dort nun ein deutschlandweit einzigartiges Projekt ins Leben gerufen. In der "SmartMed"-Praxis in Pleystein wartet statt eines Arztes hier demnächst eine medizinische Fachkraft in der Praxis. Sie kann bestimmte Untersuchungen durchführen und bei Bedarf einen Mediziner per Videotelefonie zuschalten.
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Derzeit sechs Kilometer Fahrtweg zum nächsten Hausarzt
In Pleystein gibt es noch einen Hausarzt. Die nächsten Allgemeinmediziner sind erst im knapp sechs Kilometer entfernten Vohenstrauß. Die Fahrstrecke ist zwar nicht lang, aber die Hausärzte in der Region sind komplett überlastet. Deshalb hat der Landkreis zusammen mit der AOK das Projekt "NEW SmartMed" ins Leben gerufen.
Arzt bekommt Daten übers Internet
In einem Haus mitten im Ortskern sind Räume für die Praxis angemietet worden. Zwei Zimmer, ein Wartezimmer sowie ein Behandlungsraum. Die "SmartMed"-Praxis soll einmal in der Woche geöffnet haben. Anstelle eines Arztes sollen die Patientinnen und Patienten einer medizinischen Fachkraft ihr Anliegen vorbringen können. Die Mitarbeiterin kann dann zum Beispiel auch den Patienten mit dem Stethoskop abhören oder den Blutdruck messen. Die Daten bekommt der Arzt anschließend übers Internet zugeschickt.
"Die medizinische Fachangestellte darf delegierbare Leistungen ausführen. Zum Beispiel Kontrolle der Vitalwerte, Verbandswechsel oder Urinkontrolle. Es gibt aber auch die Möglichkeit der Videosprechstunde, wenn ich den Kontakt zu meinem Arzt suchen will", berichtet Emilia Stauner. Sie ist die Projektmanagerin des Landkreises Neustadt an der Waldnaab.
Finanzierung aus eigenem Fördertopf
Für die AOK Nordbayern ist dieses Projekt ein wichtiger Schritt in die Zukunft, erklärt Jürgen Spickenreuther, er ist der Direktor der AOK Nordoberpfalz. Mehrere Monate waren nötig, um alle Partner ins Boot zu holen. Großes Thema war dabei auch die Abrechnung der Ärzte. Die Behandlung in der "SmartMed"-Praxis läuft in diesem Fall nicht über die Kassenärztliche Vereinigung (KVB), sondern über einen eigenen Fördertopf. Darin zahlen der Landkreis, die AOK Bayern und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ein.
Praxis soll medizinische Versorgung im ländlichen Raum stärken
Mit der "SmartMed"-Praxis will der Landkreis die Gesundheitsversorgung gerade im ländlichen Raum stärken. Es solle sichergestellt werden, dass die knappe Ressource Arzt entlastet würde, erklärt Andreas Meier, Landrat des Landkreises Neustadt.
"SmartMed"-Projekt läuft zunächst bis Ende des Jahres
Am 1. September startet die Praxis und soll bis Ende dieses Jahres in Betrieb sein. Zur Sprechstunde dürfen zunächst nur Patienten, die beim teilnehmenden Hausarzt Patient sind und AOK-versichert sind. In den kommenden Monaten möchte man viel durch dieses Modellprojekt lernen und es stetig weiterentwickeln, so Spickenreuther. Sein Wunsch wäre, dass mehr Ärzte diesen Schritt mitgehen, damit in den kommenden Jahren weitere "SmartMed"-Praxen entstehen können.
Anm. der Redaktion:
In einer früheren Version des Artikel stand, dass es keinen Arzt mehr in Pleystein gibt. Diese Aussage haben wir nach einem entsprechenden Hinweis korrigiert. Es gibt einen Arzt in Pleystein.
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