Über einen seltenen Fund in Endsee bei Rothenburg ob der Tauber im Landkreis Ansbach freuen sich die Archäologen des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege. Bei einer wissenschaftlichen Grabung legte das Team etwa zwei Meter unter der Geländeoberkante in einem Grab ein eisernes Gestell frei. Das stellte sich als Faltstuhl heraus und ist damit eines der bisher ganz wenigen Exemplare in Europa.
Archäologen von seltenem eisernen Klappstuhl begeistert
Wie das Landesamt mitteilt, lag der Klappstuhl in einem 1,3 mal 2,7 Meter großen Grab. Der 70 mal 45 Zentimeter große Faltstuhl stammt aus der Zeit um 600 und löste bei den Forschern echte Begeisterung aus.
"Es ist der zweite Fund eines eisernen Klappstuhls aus dem Frühmittelalter in Deutschland überhaupt! Dieser auf den ersten Blick so neuzeitlich wirkende Fund ist eine absolute Seltenheit und von höchstem kulturhistorischem Interesse." Mathias Pfeil, Leiter des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege
Wie der Generalkonservator des Landesamts für Denkmalpflege, Mathias Pfeil betont, gibt der Klappstuhl "Einblick in die Grabausstattung herausgehobener Bevölkerungsschichten und in den frühen Gebrauch von Möbeln."
"Sonder"-Grabbeigabe einer höhergestellten Frau
Der Klappstuhl wurde demnach als "Sonder"-Grabbeigabe einer weiblichen Bestattung gefunden. Die Frau, so schätzen die Forscher, sei im Alter von 40 bis 50 Jahren gestorben. Sie trug eine Perlenkette aus kleinen mehrfarbigen Glasperlen am Hals. Zudem fanden die Forscher an ihrem Gürtel ein Gehänge, unter anderem mit zwei Bügelfibeln, einer Almandinscheibenfibel, einer großen Millefioriperle und einem Spinnwirtel. Diese Funde wie auch der Klappstuhl sprechen dafür, dass die Frau einen hohen sozialen Rang innehatte.
Neben dem Klappstuhl, der zu Füßen der Toten deponiert war, lag ein Tierknochen, wahrscheinlich die Rippe eines Rindes als Teil einer Fleischbeigabe, so die Archäologen in ihrer Mitteilung. Die dort gefundenen Reste einer Holzverschalung lassen die Experten auf eine geschlossene Grabkammer schließen.
Faltstuhl als Zeichen der Macht
Faltstühle aus Bronze und Eisen habe es schon seit der römischen Antike gegeben. Sie seien zu einem der "bedeutendsten Amtszeichen in der Gesellschaft" geworden und verkörperten "Eigenschaften wie Autorität, Macht und Würde, so das Landesamt.
Experten untersuchen nun den als Block geborgenen Klappstuhl in den Restaurierungswerkstätten des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege bei Bamberg. Röntgenaufnahmen sollen Aufschluss über die Beschaffenheit des Stuhls geben.
Frauen- und Männergrab nebeneinander
Neben dem Frauengrab legten die Archäologen auch ein Männergrab frei, das sich in nahezu paralleler Anordnung und West-Ost-Ausrichtung befand. Dem Verstorbenen waren neben seinem Leibgurt mit Bronzeschnalle und Gürteltasche eine komplette Waffenausstattung mit Lanze, Schild und Spatha sowie ein Beinkamm beigegeben.
Außergewöhnlich gut erhaltener Fund
Laut Landesamt sind bislang europaweit 29 Fundstellen von frühmittelalterlichen Gräbern mit Faltstühlen überliefert, davon nur sechs aus Eisen. Die meisten seien in Frauengräbern gefunden worden, viele aber lange nicht so gut erhalten. Die Grabung findet im Zuge von Baumaßnahmen im Gewerbegebiet Rothenburg-Endsee statt. Erst im Juni hatten Forscher bei Grabungen im Landkreis Ansbach außergewöhnliche Funde aus der Steinzeit vermeldet.
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