Unbeschwerte Lebensfreude wollen sie bieten – doch diese sieht mancher Volksfestbesucher in Bayern derzeit etwas getrübt. Nach dem Messerangriff mit drei Toten und mehreren Verletzten beim Stadtfest in Solingen stellt sich auch im Freistaat die Frage: Wie sicher sind Großveranstaltungen? Seit Freitag läuft in Augsburg der Plärrer. In Bamberg findet die Sandkerwa und in Nürnberg das Herbstvolksfest statt.
Plärrer: Einlasskontrollen, Beamte in Zivil, Streetworker und große Polizeipräsenz
Nach den Ereignissen in Solingen habe sie am Samstagmorgen mit dem Polizeipräsidenten gesprochen, sagte Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) dem BR. Demnach gebe es keinen Anlass zu vermuten, dass etwas Ähnliches auch in Augsburg passieren könne.
Auch der Sprecher der schwäbischen Schausteller, Josef Diebold, betonte im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk: "Wir können mit erhobener Brust sagen: Der Plärrer ist eine sichere Veranstaltung." In den vergangenen Jahren habe man das Sicherheitskonzept aufgestockt, es gebe Einlasskontrollen mit Securitymitarbeitern, die auch Taschen kontrollieren, Beamte in Zivil, Streetworker und eine große Polizeipräsenz: "Wir haben unsere Hausaufgaben in den letzten Jahren schon gemacht", sagte Diebold. Zur Familienfreundlichkeit des Plärrers gehöre auch die Sicherheit.
Im Video: Sprecher der schwäbischen Schausteller äußert sich zu Sicherheitskonzept
Augsburger Polizei: "Hauptfokus ist es, Präsenz zu zeigen"
Simon Crauser, Einsatzleiter der Augsburger Polizei am Plärrer, sprach von einem eingespielten Sicherheitskonzept der verschiedenen Behörden und der Veranstalter: "Hauptfokus ist es, Präsenz zu zeigen", so Crauser. Dabei werde man auch von Einheiten der bayerischen Bereitschaftspolizei unterstützt. Crauser sprach auch das elektronische Zählsystem für Besucher an sowie die Videoüberwachung auf dem Volksfest, die dabei helfe, Straftaten schnell zu entdecken.
Sandkerwa: verstärkt Patrouillen von Sicherheitspersonal in Straßen
Dominik Nakic von der Bamberger Sandkerwa sagte im Gespräch mit dem BR, dass nun auch verstärkt wieder Patrouillen von Sicherheitspersonal durch die Straßen laufen. Außerdem verwies er auf Durchsuchungen von Taschen der Besucher.
"Unsere Kontrollen werden wir knallhart durchführen. Und wenn jemand gedenkt, mit einem Messer hier reinzukommen, der wird hier nicht reinkommen", so Nakic. Auf der seit Donnerstag stattfindenden Sandkerwa seien bei Kontrollen bislang keine Gegenstände herausgezogen worden.
Schaustellerverbands-Chef fordert allgemeines Messerverbot
Auch in Nürnberg hat am Freitag das Herbstvolksfest begonnen. Lorenz Kalb, Chef des Süddeutschen Schaustellerverbands, sieht nach der Attacke in Solingen keinen Grund, das Sicherheitskonzept zu ändern. "Es ist ja auch eine andere Konstellation hier. Es ist ein Familienfest hier in einem ziemlich abgeschlossenen Platz. Das dort in Solingen war ein Musikfestival mit vielen Bühnen. Die Leute konnten von allen möglichen Seiten dahinströmen", so Kalb.
Das Herbstvolksfest bezeichnete er als "eines der sichersten Feste in ganz Deutschland". Neben ständigen Taschenkontrollen am Eingang nannte er unter anderem patrouillierende Sicherheitsstreifen als relevante Faktoren. Kalb richtete auch eine Forderung an die Politik, besonders an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD): Sie solle ein allgemeines Messerverbot erlassen.
Innenminister Herrmann: Risiko solcher Anschläge immer noch hoch
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) betont im BR24-Interview, dass bei dem tödlichen Messerangriff auf dem Stadtfest in Solingen ein terroristischer Hintergrund nicht ausgeschlossen sei. Das Risiko solcher Anschläge sei laut Herrmann in Mitteleuropa immer noch hoch, was auch der mutmaßliche Brandanschlag am Samstagmorgen auf eine Synagoge in Südfrankreich zeige.
In Bayern sei man in letzter Zeit von solchen Anschlägen verschont geblieben. "Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht, aber wir müssen alles dafür tun, um solchen Anschlägen möglichst vorzubeugen", so Herrmann. In Bayern gebe es strenge Sicherheitsvorkehrungen, wie auch beim bevorstehenden Oktoberfest, wo es Taschenkontrollen und ein Messerverbot gibt.
"Aufwand zu groß, um Messerverbot zu kontrollieren"
Ein allgemeines Messerverbot lehnt Herrmann ab: "Wir können über Messerverbote diskutieren, aber es hat nur einen Sinn, wenn es kontrolliert wird." Der Aufwand sei zu groß und die Anzahl der Angriffe mit Körperverletzung aus dem vergangenen Jahr, die mit Messern begangen wurden, sehr gering.
Aus seiner Sicht dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass durch Messerverbote das Gewaltproblem gelöst werden könne. Vielmehr verweist er auf extremistische Tendenzen, die aus seiner Sicht aus dem Ausland nach Deutschland getragen werden und auf eine gesellschaftliche Polarisierung seit dem Überfall der Hamas am 7. Oktober. Herrmann zufolge muss man sich nach Solingen auch mit diesen Fragen beschäftigen.
Im Video: Innenminister Herrmann spricht sich gegen allgemeines Messerverbot aus
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