Johannes Becher (Bündnis 90/Die Grünen) spricht im Plenum des Bayerischen Landtags
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Grünen-Frontmann auf Zeit: Johannes Becher vertritt Schulze

Grünen-Frontmann auf Zeit: Johannes Becher vertritt Schulze

Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze ist in Elternzeit - vorübergehend steht Johannes Becher an der Spitze und erlebt "viele erste Male". Der heimatverbundene Jurist will "eine pragmatische Politik der Mitte machen". Ein Porträt.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Johannes Becher ist sichtlich stolz, als er die Tür zu seinem Haus aufmacht und in die "Grießerie" einlädt. So hat er das Gebäude getauft – passend zum Platz "Auf dem Gries". Drei Jahre lang hat der Grünen-Politiker ein 500 Jahre altes, einsturzgefährdetes Haus in der Moosburger Innenstadt saniert: vom Schandfleck hin zu einem Gebäude, das für alle da sein soll.

Es ist sein großes Herzensprojekt: "Der Raum steht Vereinen gratis zur Verfügung. Die machen hier ihre Vorstandssitzungen, der Palliativ-Verein zum Beispiel", schildert der studierte Jurist. Aktuell ist eine Kinderausstellung im Hauptraum zu sehen. Ursprünglich wollte Becher selbst in das Haus einziehen. Weil die Adresse aber zu bekannt ist und er seine Familie aus der Öffentlichkeit heraushalten will, wohnt er doch woanders.

Seit 2008 ist Becher Stadtrat in Moosburg, 2018 wurde er in den Landtag gewählt. Nach der Landtagswahl wurde er Stellvertreter von Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze. Als sein Ziel gab er kurz darauf aus: Schulze den Rücken freizuhalten. Seit dem Sommer aber vertritt er sie: Weil Schulze nach der Geburt ihres zweiten Kindes vorübergehend pausiert, steht nun Becher an der Spitze der Fraktion.

Becher selbstkritisch: "manchmal noch Luft nach oben"

Für den 36-Jährigen ist es eine Umstellung. "Das ist jetzt schon eine andere Rolle", sagt er. "Die Leute erwarten plötzlich, dass man gestaltet, Entscheidungen trifft." Gerade gebe es "viele erste Male" für ihn: Da war kürzlich sein erster Auftritt beim Politischen Frühschoppen beim Gillamoos, da waren die ersten Fernsehinterviews als Interims-Fraktionschef.

Herausfordernd sei das, sagt er. Manchmal sei er noch nicht ganz zufrieden mit seiner Performance: Da sei "manchmal noch Luft nach oben".

"Besonders wichtig: miteinander reden"

Bechers großes Anliegen: mit Leuten ins Gespräch kommen. Insbesondere mit Menschen, die nicht die Grünen wählen, die anderer Meinung sind. Deshalb nutzt er stets die Parlamentarische Sommerpause und wandert eine Woche durch Bayern, um sich mit Menschen zu unterhalten.

Dieses Jahr startete er in Berchtesgaden – von dort ging es 200 Kilometer Richtung Moosburg. Er wolle im Detail verstehen, was die Menschen bewege, wofür man Lösungen brauche, schildert der Grünen-Abgeordnete. Deshalb habe er auch in rund 25 verschiedenen Kitas je einen Tag hospitiert: Um von den Angestellten vor Ort zu hören, was schieflaufe, was sie von der Politik erwarteten.

Unzufrieden mit der Ampel

Ganz offen spricht Becher darüber, dass er mit der Politik der Ampel in Berlin unzufrieden ist. Da sei vieles falsch kommuniziert und Fehler gemacht worden. Für Bayern will er "eine pragmatische Politik der Mitte machen", wie er es formuliert.

Dazu gehört beispielsweise eine klare Haltung in der Migrationsfrage: "Eine Konsequenz des Rechtsstaats gehört dazu", betont Becher. "Die Fleißigen, die Anständigen, die Schutzbedürftigen, die müssen unterstützt werden." Wer hier aber ein Kalifat errichten wolle - für den sei kein Platz.

"Meine Heimat ist hier"

Becher gilt fraktionsübergreifend als einer der besten Redner im Landtag. Bei seinen Erwiderungen auf Regierungserklärungen, besonders aber auf Reden von AfD-Politikern – läuft er zu Höchstform auf. Alles in breitem Oberbayerisch, so wie er auch im Zweiergespräch redet.

Nachgesagt wird Becher auch ein großer Ehrgeiz. Lockt da vielleicht in ein paar Jahren der Sprung in den Bundestag? "Auf keinen Fall", sagt der 36-Jährige. "Der Unterschied zwischen Markus Söder und mir ist: Wenn ich sage, 'mein Platz ist in Bayern', dann meine ich das so." Er stellt klar: "I bin da dahoam." Vermutlich bis zum Jahresende wird er die Fraktion noch führen.

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