Die Flussperlmuschel gilt als akut vom Aussterben bedroht.
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Die Flussperlmuschel gilt als akut vom Aussterben bedroht.

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Hartschalige Oberpfälzer: Flussperlmuscheln ausgewildert

Hartschalige Oberpfälzer: Flussperlmuscheln ausgewildert

Sie gilt als akut vom Aussterben bedroht: die Flussperlmuschel. Um dem entgegenzuwirken, wurden im Naturpark Steinwald Dutzende Jungtiere ausgewildert. Die Tiere haben Probleme mit der natürlichen Vermehrung.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Zwischen Oberfranken und Tschechien stehen zwei Männer in Wathosen in einem Bach. Sie sind auf der Suche nach etwas sehr Wertvollem: Flussperlmuschel-Kindern. Die Männer sind Mitarbeiter der Huschermühle, einer deutsch-tschechischen Aufzuchtstation des BUND (Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland). Sie kümmern sich speziell um Flussperlmuscheln, eine stark vom Aussterben bedrohte Tierart.

Flussperlmuschelvorkommen nur noch im Osten Bayerns

Die Aufzuchtstation bei Regnitzlosau im Landkreis Hof ist seit 2018 in Betrieb. Dort werden Muschellarven herangezogen, die aus den wenigen Gewässern entlang Bayerns Ostgrenze stammen, in denen es überhaupt noch Flussperlmuscheln gibt. In der Huschermühle wachsen sie ein gutes Jahr in sogenannten Lochplatten heran, dann in Sediment-Boxen. Das sind kleine Plastikkisten mit Steinchen darin, durch die Wasser hindurchströmen kann.

Nach Aufzucht: Muschel-Heimkehr in die Oberpfalz

Knapp fünf Jahre hat es gedauert, bis die Jungmuscheln in der Huschermühle auf die Größe eines kleinen Fingernagels herangewachsen sind. Jetzt sind sie groß genug für eine Rückkehr in ihre Oberpfälzer Heimat – in denselben Bach im Steinwald, aus dem die Larven einst herausgeholt worden sind.

Der dortige Bestand überaltert zunehmend und würde ohne die Nachzucht wohl in absehbarer Zeit zusammenbrechen, sagt Geschäftsführerin Elisabeth Frank. Bisherige Auswilderungsversuche mit jüngeren Muscheln seien nur von sehr überschaubarem Erfolg gewesen. Deswegen versucht man es im Steinwald jetzt mit den 40 älteren Muscheln.

Die nächsten zwei Jahre werden sie aber auch in ihrem Heimatbach noch in ihren Sediment-Boxen bleiben. So können die Ranger ihr Wachstum und ihre Gesundheit überwachen, bevor die Jungtiere endgültig in den Bachboden dürfen.

Flussperlmuschel akut vom Aussterben bedroht

Eine extrem hohe Sterblichkeit der Jungtiere hat die Flussperlmuschel in vielen mitteleuropäischen Ländern - der angestammten Heimat der Tierart - bereits aussterben lassen. Sie ist auch in Deutschland vom Aussterben bedroht und international als "gefährdet" auf der Roten Liste geführt.

Große Bestände gibt es laut Wolfgang Degelmann von der Hofer BUND-Kreisgruppe nur noch in den unberührteren Gebieten Skandinaviens und Nordamerikas. Im Landkreis Hof und im Landkreis Tirschenreuth finden sich die größten noch verbliebenen Bestände in ganz Mitteleuropa. Der Schwund ist aber auch dort drastisch: Degelmann und seine Mitstreiter haben aus historischen Quellen näherungsweise rekonstruiert, dass es nach dem Zweiten Weltkrieg allein im Landkreis Hof noch etwa sieben bis zehn Millionen Flussperlmuscheln gegeben haben dürfte. Heute seien davon noch rund 20.000 Exemplare übrig.

Fehlende Bachforellen setzen den Muscheln zu

Die Gründe für den massiven Schwund sind nicht bis ins Detail klar. Neben der allgemein gestiegenen Gewässerverschmutzung gehen Naturschützer von zwei Hauptgründen aus: Zum einen die Verdrängung der Bachforelle, die die Muschel als Wirtsfisch zwingend braucht. In den ersten Monaten leben die Muschellarven als Parasiten in den Kiemen der Fische.

Zum anderen, und das gilt als größtes Problem, weil immer mehr sehr feine Sedimente in die Bäche geraten. Dadurch sind die Bachbetten vielfach schlammig – und im Schlamm versinken die Nachwuchs-Muscheln einfach und sterben, so Wolfgang Degelmann. Die Tiere brauchen also eher gröbere Steinchen auf dem Boden ihres Baches, an denen sie sich festhalten können.

Nachzucht keine Dauerlösung

Die Nachzucht durch Menschen sollte allerdings keine Lösung auf Dauer sein, betonen sowohl Wolfgang Degelmann als auch Elisabeth Frank. Zum Beispiel im Naturpark Steinwald zielt ein Artenhilfsprojekt für die Flussperlmuschel daher schon seit 2001 eher darauf ab, die Bedingungen in ihrem Lebensraum wieder zu verbessern. Dazu wird etwa mit Sedimentfangnetzen gearbeitet und dafür gesorgt, dass auch die Bachforelle wieder gut in den Bächen leben kann. Bemühungen dieser Art - wie auch die jüngste Auswilderung - werden von einer landesweiten Koordinationsstelle für Muschelschutz unterstützt, die seit 2008 an der TU München angesiedelt ist.

Zwischen Steinen und Kiesel liegen Flussperlmuscheln in einem Bach.
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In der Oberpfalz bringen Umweltschützer Flussperlmuscheln in einen Bach aus, um das Vorkommen der gefährdeten Art zu stärken.

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