Landwirtschaftsminister Cem Özdemir will zumindest eine der beiden geplanten finanziellen Belastungen für die Landwirte aus dem Haushaltspaket wieder zurücknehmen. "Da haben wir überzogen", sagte der Grünen-Politiker am Montagabend im ZDF-"heute journal".
Laut der beiden Beschlüsse soll zum einen die Energiesteuer für Traktoren-Diesel künftig nicht mehr an die Betriebe zurückerstattet werden. Zum anderen sollen land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge nicht mehr von der Kfz-Steuer befreit sein.
Özdemir: Bauern haben keine Alternative zum Diesel
"Wir führen diese Gespräche mit dem Ziel, dass das so nicht kommen kann", sagte Özdemir mit Blick auf die anderen Mitglieder der Bundesregierung. Er selbst suche nach Wegen, wie das einzusparende Geld dann auf andere Weise aufgebracht werden könne. Özdemir hatte zuletzt signalisiert, dass er die Pläne der Ampel kritisch sieht.
Mit den Plänen würden die Landwirte pro Jahr mit einer Milliarde Euro zusätzlich belastet. Problematisch findet Özdemir auch, dass es für die Bauern derzeit keine Alternative zum Diesel gebe: "Die schweren Landmaschinen lassen sich nicht anders betanken."
Landtags-Grüne warnen
Auch die Grünen im Bayerischen Landtag signalisierten, dass sie hinter Özdemir stehen. "Wenn die Steuerentlastungen für die Landwirtschaft wegfallen, ist das nicht nur schmerzlich, sondern vielfach existenzbedrohend für unsere Bäuerinnen und Bauern. Dieser Preis ist zu hoch und die Folgen sind zu schwerwiegend. Wir bitten daher den Bundeskanzler und seinen Finanzminister dringend, alternative Möglichkeiten zu prüfen", wird etwa Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze in einer Mitteilung zitiert.
Schulze sprach sich stattdessen für eine Anpassung des Dienstwagenprivilegs aus. Das wäre laut der Fraktionsvorsitzenden "weniger schmerzhaft" und bringe drei Vorteile: "Es spart Steuergeld, senkt klimaschädliche Abgasemissionen und trifft eine einkommensstarke Gruppe, die Mehrausgaben besser schultern kann."
Mia Goller, Sprecherin für Landwirtschaft der Landtags-Grünen, sagte, dass es einen langfristigen Ausweg aus der fossilen Abhängigkeit der Landwirtschaft brauche. Diese führe unter anderem "über mehr Forschung in klimafreundliche Kraftstoffe wie Raps- und Soja-Öl". Eine Hau-Ruck-Aktion jedoch bringe wenig und schade viel: "Wenn der Traktor bei der Unkrautbekämpfung wegfällt, landen wieder mehr Spritzmittel auf dem Acker. Das belastet Pflanzen, Tiere und unser Trinkwasser. Zudem stehen jetzt schon viele bäuerliche Betriebe unter starkem finanziellen Druck." Außerdem warnte Goller vor dem Wettbewerbsnachteil innerhalb der EU: "Denn in vielen Ländern werden Agrar-Betriebsmittel subventioniert. Wir müssen jetzt aufpassen, dass wir unsere Landwirtschaft nicht ins Abseits manövrieren."
Lettenbauer: "Landwirte müssen von ihrer Arbeit verlässlich leben können"
Die bayerische Grünen-Vorsitzende Eva Lettenbauer erinnerte daran, dass sich ihre Partei für den Erhalt der bayerischen Höfe einsetze: "Unsere Landwirtinnen und Landwirte müssen von ihrer Arbeit verlässlich leben können. Davon profitieren letztlich alle Menschen in Bayern. Wir unterstützen die Sparpläne daher nicht und fordern, die angedachten Streichungen in der Landwirtschaft zurückzunehmen."
Mit empörten Protesten und einer langen Traktorkolonne hatten am Montag Tausende Landwirte in Berlin Front gegen das vorgesehene Aus für Steuervergünstigungen gemacht. "Wir nehmen das nicht hin", rief Bauernpräsident Joachim Rukwied bei der Kundgebung vor dem Brandenburger Tor. Er forderte die Ampel-Koalition zur Rücknahme der beiden Einsparpläne auf und drohte größere Aktionen für Januar an. Auch in Mindelheim und Neu-Ulm gingen die Bauern auf die Straße.
Nach Urteil: Bund muss sparen
Den Ärger ausgelöst haben Sparpläne im Agrarbereich für den Bundeshaushalt 2024, die nach einer Verständigung von Kanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) bekannt wurden. Die Einsparungen waren an verschiedenen Stellen des Etats nötig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht mehrere Praktiken der bisherigen Haushaltsführung gekippt hatte.
Mit Informationen von dpa und AFP.
Im Video vom 18. Dezember 2023: BR24live zu den Protesten
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