"Heroes" Nürnberg: Gegen Gewalt im Namen der Ehre
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Das Projekt "Heroes" will gegen Gewalt aus falschem Ehrbegriff sensibilisieren und Jugendliche davor bewahren.

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"Heroes" Nürnberg: Gegen Gewalt im Namen der Ehre

"Heroes" Nürnberg: Gegen Gewalt im Namen der Ehre

Die "verletzte Familienehre", Mädchen, die sich laut der Eltern "falsch verlieben" – das führt häufig zu Auseinandersetzungen und Gewalt, nicht nur in der Familie, sondern auch in der Gesellschaft. Das Projekt "Heroes" will dagegen vorgehen.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Franken am .

Jugendliche mit Migrationshintergrund müssen oft die traditionellen Werte ihrer Familien mit den Normen der Mehrheit in Deutschland in Einklang bringen. Gerade Teenager geraten dabei unter Druck. In dem Projekt "Heroes" setzen sich junge Männer mit Migrationsgeschichte dafür ein, dass Jugendliche ein selbst bestimmtes Leben führen können, unabhängig von Geschlecht, patriarchalen Vorstellungen von männlich und weiblich, Familienehre oder gesellschaftlichen Erwartungen.

In Schulklassen geben sie Workshops, in denen Jugendliche in einem geschützten Raum über Identität, Ehre, Gewalt, Rassismus und Gleichberechtigung diskutieren können.

Wie wird man ein "Heroe"?

Efekan ist ein 18-Jähriger Deutscher mit türkischen Wurzeln. Er besucht die Fachoberschule (FOS) in Nürnberg und hat nebenbei ehrenamtlich eine einjährige pädagogische Ausbildung im Nürnberger Verein "Heroes" durchlaufen. Dabei hat er gelernt seine eigenen Wertevorstellungen zu hinterfragen und mit anderen konstruktiv darüber zu sprechen.

Die Trainer bestärken die angehenden "Heroes" außerdem darin, selbst bestimmt zu handeln – unabhängig von traditionellen Vorstellungen über Geschlecht oder Familienehre. Was Efekan hier gelernt hat, wird er nun in Schul-Workshops an andere Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund weitergeben.

Rollenspiel im Klassenzimmer

Stuhlkreis in der Klasse 9b an der Adam-Kraft-Realschule in der Nürnberg Südstadt. Schüler mit bosnischen, albanischen, griechischen und brasilianischen Wurzeln, Jugendliche aus Kamerun, Syrien und Georgien sind hier in einer Klasse. Sie lauschen einem Rollenspiel der beiden "Heroes" Efekan und Diaco. Darin freut sich ein türkischer Vater zwar, dass sein Sohn eine deutsche Freundin hat. Als er aber erfährt, dass die gleichaltrige Zwillingsschwester einen Freund hat, wird er laut. "Kümmer dich drum was deine Schwester macht", faucht er den Sohn an.

Die Sorge des Vaters um den Ruf und die Ehre der Tochter – so eine Situation kennen die meisten Schüler in der Klasse. Einige der Jungen und Mädchen haben diese Rollenverhalten in der eigenen Familie erlebt.

Gründung der "Heroes" nach Ehrenmord 2005

Gegründet wurden die "Heroes" in Berlin als Folge eines sogenannten Ehrenmordes an der jungen Kurdin Hatun Sürücü im Jahr 2005. Im Alter von 16 wurde sie mit ihrem Cousin verheiratet. Die Trennung von ihrem Mann und der Wunsch mit ihrem Sohn ein selbst bestimmtes Leben zu führen, empfand die traditionelle Familie als Schande. Hatuns jüngster Bruder tötete sie daraufhin auf offener Straße mit drei Schüssen in den Kopf.

Tausende Schüler erreicht

Seitdem kämpfen "Heroes" wie Efekan und Diaco für Gleichberechtigung und gegen Gewalt und Unterdrückung im Namen der Ehre. Allein im Raum Nürnberg und Fürth haben die "Heroes" mit ihren Workshops tausende von Schüler erreicht.

Kursleiter zu Besuch in Schule.
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