Die rot-grüne Bundesregierung will stärker gegen Gewalt gegen Frauen vorgehen. Sie hat deshalb eine sogenannte Gewaltschutzstrategie beschlossen. Darin enthalten sind Maßnahmen aus der Istanbul-Konvention. Das Übereinkommen des Europarats gilt seit 2018 auch in Deutschland. In dem Vertrag haben sich die Unterzeichnerstaaten zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und Mädchen durch politische und rechtliche Maßnahmen verpflichtet.
Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe soll kommen
Die Strategie enthält auf einzelne Ressorts abgestimmte Ziele im Bereich Gewaltschutz sowie 120 konkrete Maßnahmen, die mit Budgets, Zeitplänen und Verantwortlichkeiten unterlegt sind. Diese sollen zur Bekämpfung und Verhütung geschlechtsspezifischer Gewalt beitragen.
Ein Kernpunkt der Strategie ist das Gewalthilfegesetz, das sich derzeit in der parlamentarischen Beratung befindet. Es sieht ab 2030 für Opfer geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt einen Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe vor. Bis dahin soll das Hilfesystem ausgebaut werden - dazu zählen insbesondere Frauenhäuser, Schutzwohnungen und Beratungsstellen. Wegen der anstehenden Neuwahlen und der fehlenden Mehrheit der Bundesregierung ist die Verabschiedung des Gesetzes aber fraglich.
Weitere Punkte der Gewaltschutzstrategie betreffen die Einrichtung einer Koordinierungsstelle sowie einer Stelle für die Berichterstattung über geschlechtsspezifische Gewalt. Vorgesehen sind auch Regelungen zu einer vertraulichen Spurensicherung bei Gewalttaten sowie zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung von Tätern.
Bundesfamilienministerium koordiniert Gewaltschutzstrategie
Betont wurde, dass für die Umsetzung neben dem federführenden Ressort für Familie und Frauen die gesamte Bundesregierung verantwortlich ist. Eine Koordinierungsstelle im Bundesfamilienministerium soll allerdings die Maßnahmen zwischen den einzelnen Ministerien koordinieren. "Am Ende geht es darum, alles zu tun, um Frauen bestmöglich vor Gewalt zu schützen", so Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) nach dem Kabinettsbeschluss in Berlin und warb dafür, das Gewalthilfegesetz noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden.
Jede dritte Frau wird Opfer von physischer oder sexualisierter Gewalt
Zur Begründung der Strategie weist die Regierung darauf hin, dass in Deutschland jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben Opfer von physischer und/oder sexualisierter Gewalt wird. Im Jahr 2023 wurden nach Angaben des Bundeskriminalamtes 938 Mädchen und Frauen Opfer von versuchten und vollendeten Femiziden - 360 Frauen und Mädchen starben dabei. Femizid bedeutet, dass Frauen aufgrund ihres Geschlechts getötet werden – also weil sie Frauen sind.
Bei jeder vierten Frau ist der Täter ihr aktueller oder ein früherer Partner. Ein großer Teil der Taten spielt sich im häuslichen Raum ab. Von Partnerschaftsgewalt betroffen sind auch Männer, allerdings in deutlich geringerem Maße.
Mit Informationen von dpa und afp.
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