Würzburg, Rosenheim, Straubing: Diese Messtationen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Bayern verzeichneten am vergangenen Mittwoch die bisher höchste Temperatur im Jahr 2022. Das trifft insgesamt auf knapp 80 Prozent der fast 100 DWD-Stationen zu, die aktuelle Werte für Bayern liefern – damit ist der 20. Juli offiziell der bisher heißeste Tag in diesem Jahr .
Schon den gesamten Juli über wurden an verschiedenen Orten in Bayern immer wieder sehr hohe Temperaturen gemessen. Dienstag und Mittwoch waren jedoch die ersten Tage, an denen fast alle Wetterstationen einen Höchstwert jenseits der 30 Grad verzeichneten. Mehr zu den verwendeten Daten und der Auswertung am Ende des Artikels.
Kitzingen wird erneut heißeste Stadt in Bayern
Die größte Hitze wurde wieder einmal im unterfränkischen Kitzingen erreicht – dort kletterte das Thermometer am späten Mittwochnachmittag auf 39,6 Grad. Das ist nicht weit entfernt vom dortigen Langzeitrekord – 40,3 Grad im Jahr 2015. Mit Möhrendorf bei Erlangen (39,5 Grad), Kahl am Main (38,4 Grad) und Nürnberg (38,4 Grad) folgen drei weitere unter- und mittelfränkische Stationen in der Rangfolge der vergangenen Hitzewoche.
Diese beiden Regionen hatten besonders unter den extremen Temperaturen zu leiden, aber auch in Teilen Schwabens und im Zentrum Bayerns wurde es sehr heiß, wie diese Grafik zeigt:
Die Mittel- und Unterfranken haben auch deshalb besonders stark unter Hitze gelitten, weil die extrem hohen Temperaturen hier auch besonders lange anhielten. So lagen die im 10-Minuten-Takt genommenen Messwerte in Kitzingen und Nürnberg am Mittwoch knappe 12 Stunden am Stück über 30 Grad.
Die folgende Grafik zeigt den Temperaturverlauf dieser Stationen im Vergleich mit zwei Orten weiter im Süden, wo die Höchsttemperatur auch hoch lag, aber die extreme Hitzebelastung nicht so lange andauerte:
So wird erst richtig klar, was ein einzelner "heißer Tag" – laut DWD ein Tag mit einer Maximaltemperatur über 30 Grad – bedeuten kann. Dienstag und Mittwoch waren die vorläufigen Höhepunkte, aber auch in den Wochen davor war die Belastung schon überdurchschnittlich hoch.
Wassermangel in Teilen Bayerns
In Unter- und Mittelfranken zeigt sich, dass all das nicht ohne Spuren an den Menschen vorbeigeht: Die anhaltende Hitze befeuert den akuten Wassermangel in der Region, Landwirte und Winzer fürchten um ihre Felder, die Waldbrandgefahr steht auf der höchsten Stufe.
BR24 hat dem Thema Wassermangel einen Live-Stream gewidmet – unter anderem zeigt hier eine Winzerin aus Iphofen bei Kitzingen live, wie die Hitze und Trockenheit ihren Trauben Schaden zufügt:
- Zum Artikel "Dürre und Hitze: Warum Unterfranken Bayerns "Hotspot" ist"
Vermehrt Opfer von Hitzebelastung in der Notaufnahme
Das Klinikum in Nürnberg bestätigt, dass in den vergangenen Tagen vermehrt Patienten und Patientinnen wegen einer Hitzebelastung in die ohnehin stark ausgelastete Notaufnahme kamen. Dabei sei diese Belastung oft gar nicht die Hauptursache für die Einweisung – die Hitze verstärke vielfach bereits vorhandene gesundheitliche Probleme.
In Würzburg sorgen sich die Mitarbeiter des Caritas Seniorenzentrums Bischof-Scheele-Haus um die Probleme, die die extremen Temperaturen besonders älteren Menschen bereiten: Der ohnehin schon schwächere Kreislauf wird stark belastet, es kann zu Wechselwirkungen mit Medikamenten kommen und auch der erhöhte Flüssigkeitsbedarf kann zur Gefahr werden. Viele ältere Menschen verspüren kein Durstgefühl oder möchten aufgrund von Schluckbeschwerden nicht trinken.
Wirklich gefährlich könnte die Hitze laut Einrichtungsleiterin Kathrin Ewert für die Senioren und Seniorinnen werden, die nicht oder nur kaum betreut werden. "Diejenigen, die zuhause wohnen, in schlecht isolierten Wohnungen oder wo sich eben nicht wie hier rund um die Uhr jemand kümmert und schaut, dass sie genug trinken oder dass sie am Nachmittag mehr drinbleiben." Hier müssten dringend neue Pflegekonzepte entwickelt werden.
Hitzeopfer laut Experte schlimmste Folge des Klimawandels
Auch BR-Meteorologe und Klimaexperte Michael Sachweh sieht hier dringend Handlungsbedarf. Die aktuellen und künftig zu erwartenden Hitzewellen sind aus seiner Sicht eine der schlimmsten Folgen des Klimawandels. Sie produzierten zwar keine Katastrophen-Bilder wie etwa ein Hochwasser, könnten aber wesentlich mehr Menschen töten: "Es sind erschreckend hohe Opferzahlen, die man immer wieder mitbekommt von großen Hitzewellen – die man eigentlich nicht für möglich hält. So errechnete eine neue wissenschaftliche Studie allein für den sehr warmen Sommer 2019 rund 6900 hitzebedingte Sterbefälle in Deutschland".
Die anhaltende Erwärmung sei nicht von der Hand zu weisen – sie ist anhand der Klimadaten bereits jetzt gut zu beobachten und flächendeckend nachweisbar. Schwankungen im Jahresverlauf und gelegentliche Einbrüche, etwa das kalte Jahr 2010, seien auf einzelne Wetterlagen zurückzuführen und änderten nichts am Langfristtrend. Für Bayern zeigt das die folgende Grafik sehr deutlich, in der die Jahresdurchschnittstemperatur für jedes Jahr, von 1890 bis 2021, farblich dargestellt ist:
Dennoch gibt es immer wieder Versuche, die akute Gefahr, die von dieser Entwicklung ausgeht und die ja bereits heute spürbar ist, klein zu reden. Der #Faktenfuchs hat sich die Verharmlosungen genauer angeschaut:
Auch die vergangenen Tage waren nur ein vorläufiger Höhepunkt. In der kommenden Woche soll es in Bayern erneut extrem heiß werden. Und selbst wenn der Donnerstag an vielen Orten Regen brachte – von Abkühlung kann nur bedingt gesprochen werden: Die Spitzentemperaturen lagen oftmals nur knapp unter oder sogar wieder leicht über 30 Grad.
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Über die Daten
Alle untersuchten Daten werden vom Deutschen Wetterdienst (DWD) zur Verfügung gestellt. Basis der Analyse sind 97 vom DWD überprüfte Messstationen in Bayern, für die aktuelle Daten zur gemessenen Lufttemperatur in verschiedenen zeitlichen Auflösungen vorliegen – bis jeweils einschließlich 21.07.2022 und mit weniger als drei Fehlwerten für das Jahr 2022.
Der DWD stellt zudem langjährige Gebietsmittelwerte für die Temperatur mithilfe eines Rasters, mit einer Auflösung von 1 km, dar. Das Raster entsteht, in dem die Daten der einzelnen Wetterstationen flächendeckend umgerechnet werden. Laut DWD ist das Messnetz in Deutschland seit 1881 dicht genug, "um Rasterfelder für die einzelnen Monate und daraus abgeleitete Mittelwerte zu gewinnen".
Die mittleren Jahrestemperaturen für das Streifendiagramm stammen aus diesen Gebietsmittelwerten. Das Streifendiagramm der mittleren Jahrestemperaturen ist inspiriert von den "Warming Stripes" des britischen Wissenschaftlers Ed Hawkins.
Die langjährigen Rasterdaten und Mittelwerte der Stationen wurden vom DWD qualitativ geprüft. Die aktuellsten Stationsdaten aus dem Juli 2022 wurden noch nicht der vollständigen Prüfung unterzogen (Datenstand: 22. Juli 2022).