Am heutigen Montagabend lädt die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern zum zentralen Gedenken zum 7. Oktober in die Ohel-Jakob-Synagoge ein. Zahlreiche Gäste aus Politik und Gesellschaft werden erwartet. Dabei wird auch eine Überlebende des Massakers im Kibbuz Be-erí sprechen. Auch in vielen weiteren Städte finden Gedenkveranstaltungen statt.
Überlebende des Hamas-Terrors unter den Gästen
Die Wahl-Münchnerin Dafna Gerstner war am 7. Oktober des vergangenen Jahres zu Besuch bei ihrem Bruder im Kibbuz, als Terroristen der Hamas den Ort direkt am Zaun zum Gazastreifen überrannten. Dafna Gerstners Bruder kam ums Leben. Ihr Elternhaus wurde zerstört, so wie der gesamte Kibbuz.
Sie habe ihr Vertrauen in den israelischen Staat und seine Armee verloren, sagte Gerstner vor einem knappen Jahr Reportern der ARD. Heute wird sie auch vor Vertretern dieses Staates in München sprechen. Zu dem Gedenkakt in der Synagoge wird die Generalkonsulin Israels in Bayern, Talya Lador-Fresher, erwartet und mit ihr der frühere Sprecher der israelischen Streitkräfte, Arye Sharuz Shalicar.
Außerdem unter den Gästen: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sowie Landtagspräsidentin Ilse Aigner (beide CSU), der US-Generalkonsul in Bayern, James Miller, sowie Kardinal Reinhard Marx und Landesbischof Christian Kopp und die Präsidentin der israelitischen Kultusgemeinde für München und Oberbayern, Charlotte Knobloch. Im Anschluss sollen zum Gedächtnis an die Opfer des 7. Oktober vor der Synagoge Kerzen entzündet werden.
Spaenle: Antisemitismus entgegentreten
Bayerns Antisemitismusbeauftragter Ludwig Spaenle (CSU) hat dazu aufgerufen, Antisemitismus entgegenzutreten. Nach dem 7. Oktober 2023 habe sich die Situation für Jüdinnen und Juden dramatisch verändert, sagte Spaenle bei BR24live. Die Solidaritätsveranstaltung am Sonntag in München sei ein "starkes Signal" gewesen, auch müsse der "wehrhafte Rechtsstaat" durchgreifen.
Auch sei es notwendig, den Menschen zu verdeutlichen, was jüdisches Leben in diesem Land bedeute. Es gehe nicht, dass deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger jüdischen Glaubens für Ereignisse etwa im Nahen Osten in politische Geiselhaft genommen würden. Ihnen werde Schuld zugemessen. Jüdinnen und Juden hätten Angst, für Spaenle der schlimmste Punkt.
Im Video: BR24live - Wie sicher sind Juden in Bayern?
Gedenken in Passau und anderen Orten Bayerns
Auch an anderen Orten Bayerns wird ein Jahr nach dem Hamas-Überfall der Opfer und Geiseln gedacht. Die regionalen Ableger der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) haben in einigen bayerischen Städten Gedenkveranstaltungen organisiert. In Passau werden unter anderem ein Politikwissenschaftler und eine 13-jährige Israelin sprechen. Zu Beginn der Veranstaltung will die DIG Passau Helium-Luftballons mit Bildern der Opfer und Geiseln fliegen lassen.
In Nürnberg findet um 17.45 Uhr ein Schweigemarsch statt. In Augsburg hat die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) laut Stadt ein Wochenprogramm unter dem Motto "Ein Jahr 7. Oktober" vorbereitet. Unter anderem soll es einen Workshop für Lehrkräfte geben. In Würzburg gibt es eine Demonstration in der Innenstadt. Auch die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) Regensburg-Oberpfalz erinnert mit einer Kundgebung vor der Regensburger Synagoge an die Gräueltaten.
DIG-Vorsitzender Dennis Forster betonte ausdrücklich, dass es nicht darum gehe, das Leid zu leugnen, das auch den Palästinensern widerfahre. Sie seien genauso Opfer der Hamas und deren verblendeten Unterstützer im Westen, die sich von Terroristen für ihren zerstörerischen Todeskult instrumentalisieren ließen, so Forster.
In Aschaffenburg hat der Förderkreis Haus Wolfsthalplatz, ein Verein zur Bewahrung des jüdischen Erbes der Stadt, zu einer Gedenkkundgebung aufgerufen. Der Vorsitzende des Vereins schreibt in dem Aufruf zu der Kundgebung, mit Sorge nehme man die politische Entwicklung in Deutschland und anderen europäischen Ländern wahr, dass populistisch-radikale Parteien gewählt werden. Diese Gesamtentwicklung sorge unter anderem dafür, dass Antisemitismus zunehmend offen gezeigt werde.
Auch in der Hofer Fußgängerzone findet eine Mahnwache für die Opfer des Hamas-Massakers statt. Man wolle mit dem Gedenken Zeichen setzen für die Solidarität mit den Menschen in Israel und gegen den zunehmenden Antisemitismus in Deutschland, teilt der neu gegründete Deutsch-Israelische Freundeskreis Hof mit, der die Mahnwache organisiert. Sie beginnt um 18.00 Uhr vor der Marienkirche in der Innenstadt.
Kundgebung gegen Antisemitismus und Marsch für Geiseln
Am Sonntagnachmittag hatten bereits zwei Kundgebungen in München an den 7. Oktober erinnert: Am Odeonsplatz kamen auf Einladung der Münchner Vertreter der Initiative "Run for their Lives" mehr als 8.000 Menschen zusammen, um für die Freilassung der 101 Geiseln zu demonstrieren, die sich noch in der Gewalt der Hamas befinden, und ein Signal gegen Antisemitismus zu setzen.
Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, appellierte an Gesellschaft und Politik für eine "sichtbare und nachhaltige" Solidarität mit der jüdischen Gemeinschaft. "Wir brauchen das Gefühl, hier erwünscht und gewollt zu sein." An die deutsche Politik appellierte auch der israelische Botschafter, Ron Prosor. Israel wünsche sich "ganz klar mehr Unterstützung".
Ministerpräsident Söder erklärte, Bayern werde mithelfen, dass "Israel sein Existenzrecht verteidigen kann und dass hier bei uns der Antisemitismus wieder zurückgeht". Die Kundgebung mündete in einen Marsch getreu dem Motto der Veranstalterinitiative "Run for their Lives" – Laufen für das Leben der Geiseln.
Im Video: BR-Reporterin Irene Esmann berichtet vom Gedenkakt in München
Im Video: Jahrestag des Hamas-Massakers in Israel
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