Geschmückte Laubhütte auf dem Nürnberger Hauptmarkt.
Bildrechte: Diana Liberova
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Auf dem Nürnberger Hauptmarkt steht eine jüdische Laubhütte. Die Juden feiern damit den Auszug aus Ägypten.

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Jüdische Laubhütte auf Nürnberger Hauptmarkt aufgebaut

Jüdische Laubhütte auf Nürnberger Hauptmarkt aufgebaut

Auf dem Nürnberger Hauptmarkt steht ab sofort eine geschmückte Laubhütte. Hier wird das jüdische Erntedankfest Sukkot gefeiert. Dass Nürnbergs "gute Stube" als Standort ausgewählt wurde, ist kein Zufall, denn hier lebten einst Juden.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Franken am .

"Weiter, weiter, weiter, und hoch", ruft der Kapo. Auf sein Kommando hieven junge Männer und Frauen in Handwerkerkluft Ständerwände aus Holz in die Höhe. Es sind Schülerinnen und Schüler der Beruflichen Schule 11 in Nürnberg. Die angehenden Schreiner und Zimmerleute bauen die Laubhütte direkt vor dem Eingang zum Nürnberger Rathaus auf. Die Hütte ist ganz neu – die Azubis des vergangenen Jahres haben sie im Auftrag des Partnerschaftsvereins Nürnberg-Hadera entworfen und gebaut. Ins helle Kiefernholz haben sie das Nürnberger Stadtwappen, das Stadtwappen von Hadera in Israel und Davidsterne gefräst.

Azubis gefällt die Laubhütte auf dem Hauptmarkt

Die Jugendlichen sind gern beim Aufbau der Laubhütte dabei. "Finde ich schön, das macht was her, gerade, wenn die Sonne draufscheint", sagt eines der Mädchen. "Gerade am Hauptmarkt kommen viele Menschen vorbei, und es ist schön, wenn es einen Ort der Gemeinschaft gibt. Und genau das soll es ja sein, ein Raum fürs Miteinander", ergänzt ein anderes. Ehrenamtliche des Partnerschaftsvereins waren zuvor im Unterricht und haben erzählt, was es mit dem Laubhüttenfest, hebräisch Sukkot, auf sich hat. "Ich weiß, dass es ein jüdisches Fest ist und dass sie da den Auszug aus Ägypten feiern", erzählt ein weiterer Schreinerlehrling. Zum Schluss schmücken die Azubis die Hütte mit Girlanden und Tannenzweigen. Der Himmel muss immer zu sehen sein.

Partnerschaftsverein rechnet mit Anfeindungen

Ob alle Passanten in Nürnberg so positiv auf die Laubhütte, die "Sukka", auf dem Hauptmarkt reagieren? Die Vereinsvorsitzende Diana Liberova hat ihre Zweifel. Sicherheitshalber hat sie die Telefonnummer des Verbindungsbeamten der Polizei in ihr Handy eingespeichert. "Wir müssen immer damit rechnen, dass jüdische Einrichtungen und insbesondere Einrichtungen, die mit Freundschaft mit Israel zu tun haben, angefeindet werden", sagt sie. "Es ist furchtbar, aber es ist Teil unserer Realität."

Hauptmarkt war einst jüdisches Ghetto

Der Hauptmarkt als Standort der Laubhütte erinnert daran, dass hier einst ein jüdisches Ghetto stand. "Hier haben jüdische Menschen gelebt und mit Sicherheit auch ihre Hütte aufgestellt und gefeiert", sagt Diana Liberova – bis sie im Jahr 1349 von Nürnberger erschlagen und vertrieben wurden. Kaiser Karl IV. hatte den Pogrom genehmigt – der patrizische Rat der Stadt Nürnberg wünschte sich einen großen Marktplatz, und da musste das Judenviertel weichen. 562 Menschen wurden ermordet, das waren etwa ein Drittel der jüdischen Einwohner Nürnbergs. Zwei Drittel wurden vertrieben.

Terroranschlag in Partnerstadt Hadera

Bis Sonntag bleibt die Sukka auf dem Hauptmarkt stehen. Jeder und jede ist eingeladen, in der Laubhütte mitzufeiern, sich über Nürnbergs Partnerschaft mit der israelischen Stadt Hadera zu informieren und damit auch ein Zeichen der Verbundenheit zu setzen. Denn erst vor rund einer Woche hat der Terror Hadera erreicht – ein Palästinenser hatte auf Menschen eingestochen und sechs von ihnen verletzt, zwei davon schwer.

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