Ein Jude mit Kippa in der Innenstadt.
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Wenn sich Jüdinnen und Juden öffentlich zu ihrem Glauben bekennen, erleben sie immer wieder Hass und Anfeindungen.

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Israelbezogener Antisemitismus nimmt deutlich zu

Israelbezogener Antisemitismus nimmt deutlich zu

Seit dem Angriff der Hamas auf Israel ist die Zahl von israel-bezogenem Antisemitismus in Bayern um über 1.000 Prozent gestiegen. Die Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) beobachtet, dass sich viele Juden hierzulande nicht mehr wohlfühlen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Israel-bezogener Antisemitismus in Bayern hat seit dem Hamas-Angriff auf Israel vor rund einem Jahr deutlich zugenommen. Im ersten halben Jahr nach dem Angriff seien 527 Vorfälle mit Bezug zu Israel gezählt worden, teilte die Leiterin der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern (Rias Bayern), Annette Seidel-Arpaci, am Montag mit.

Israel-bezogener Antisemitismus: Steigerung um über 1.000 Prozent

Das sei eine Steigerung um 1.125 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, als 43 Vorfälle registriert wurden. Viel zu lange sei der israel-bezogene Antisemitismus als vermeintliche "Israelkritik" verharmlost worden, sagte Seidel-Arpaci. Gezählt wurden in den ersten sechs Monaten nach dem Hamas-Angriff: fünf tätliche Angriffe, zwölf gezielte Sachbeschädigungen, 19 Bedrohungen, elf Massenzuschriften und 480 Fälle von verletzendem Verhalten, darunter 127 Versammlungen. Erfasst wurden für den Bericht ausschließlich Fälle von israel-bezogenem Antisemitismus. 22 Prozent der Vorfälle seien dem antiisraelischen Aktivismus zuzurechnen, je vier Prozent dem islamistischen und linken Milieu.

Bei einem Großteil habe man keinen bestimmten politischen Hintergrund zuordnen können. Es sei zudem von einem großen Dunkelfeld antisemitischer Vorfälle auszugehen. Angesichts der Vorfälle könne sie nachvollziehen, dass sich viele Jüdinnen und Juden sowie Israelis in Bayern nicht mehr wohlfühlten, sagte Seidel-Arpaci. Wer für den jüdischen Staat einstehe oder jüdische Symbole zeige, müsse mindestens mit Anfeindungen rechnen. Bayern Sozialministerin Ulrike Scharf kündigt angesichts der steigenden Zahlen an, die Präventionsarbeit gegen Antisemitismus zu verstärken. Man werde diese Taten nicht tolerieren, sagte die CSU-Politikerin.

Historiker Wolffsohn: Gibt keine Alternative zum eigenen Staat

Der Münchner Historiker Michael Wolffsohn ist der Überzeugung, dass es für jüdische Menschen keine Alternative zum eigenen Staat gibt. Ein "entspanntes Leben" für sie sei außerhalb eines jüdischen Staates nicht möglich, sagte Wolffsohn am Montag im Münchner Presseclub. Jüdinnen und Juden seien in jedem Land - außer Israel - in der Minderheit und einem ständigen Rechtfertigungsdruck ausgesetzt.

Seit 3.000 Jahren habe sich nichts an der Diskriminierung von Jüdinnen und Juden in der Welt geändert. Der Angriff der Hamas sei zwar ein schreckliches Einzelereignis, aber in der jüdischen Geschichte nichts Neues, sagte Wolffsohn, der in Tel Aviv geboren wurde und bis 2012 an der Universität der Bundeswehr gelehrt hat. "Nein, Geschichte wiederholt sich nicht. Aber der Antisemitismus bleibt."

Generalkonsulin: Keine "legitime Kritik"

Von Zuständen wie in den USA oder Berlin sei man in Bayern aber weit entfernt. Die israelische Generalkonsulin Talya Lador-Fresher betonte dennoch, dass für jüdische Menschen seit dem 7. Oktober nichts mehr sei, wie es war. Sie selbst habe hunderte antisemitische Briefe und Kommentare erhalten. Diese enthielten keine "legitime Kritik" an Israel, sondern "puren Hass". Auch der vereitelte Anschlag auf das israelische Generalkonsulat in München Anfang September sei nicht der erste Vorfall dieser Art gewesen. Im Mai etwa sei eine Flasche mit Patronen auf das Gelände des Generalkonsulats geworfen worden, sagte Lador-Fresher.

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