Matthias Mann am Laptop. Daneben liegen auf dem Tisch seine Bewerbungsunterlagen.
Bildrechte: BR / Sandra Demmelhuber
Audiobeitrag

Matthias Mann zeigt, wie viele Absagen er in den letzten Jahren bekommen hat.

Audiobeitrag
>

Jung, motiviert, schwerbehindert – und arbeitslos

Jung, motiviert, schwerbehindert – und arbeitslos

Seit knapp drei Jahren versucht der 21-jährige Matthias Mann einen geeigneten Ausbildungsplatz zu finden. Doch er bekommt fast nur Absagen. Er ist dabei kein Einzelfall: Menschen mit Behinderung haben es noch immer schwer auf dem Arbeitsmarkt.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Matthias Mann ist den Tränen nahe. Schon seit einiger Zeit gehe es ihm nicht mehr gut, erzählt er. "Ich fühle mich nur noch leer. Ich verstehe nicht, die Firmen haben Fachkräftemangel und dann wählt man nur Leute aus, die man braucht."

Seit drei Jahren auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz

Matthias Mann aus Unterschleißheim ist 21 Jahre alt, motiviert – und arbeitslos. Seit drei Jahren versucht er mittlerweile, einen passenden Ausbildungsplatz zu finden. Rund 50 Bewerbungen hat er schon geschrieben – doch er bekommt fast nur Absagen.

Auf dem Tisch liegt so eine, abgeschickt von einem großen Einzelhandelskonzern: "Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass Ihr Profil nicht unseren Anforderungen entspricht und wir Ihre Bewerbung daher nicht weiter berücksichtigen können", steht da.

Standardmäßig formulierte Absagen

Solche unpersönlichen Antworten verletzten den jungen Mann. Er versteht nicht, warum er nicht einmal zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird. Seiner Meinung nach erfülle er die Voraussetzungen für eine Ausbildung als Einzelhandelskaufmann. "In der Bewerbung sage ich wirklich offen, was ich habe. Ich habe meine Probleme, natürlich. Aber ich bin motiviert zu arbeiten und möchte halt ein normales Leben führen."

Mittlerer Schulabschluss trotz Schwerbehinderung

Matthias Mann hat einen Gendefekt und ist deshalb mit einem Grad von 70 Prozent schwerbehindert. Er leidet unter einer Blutgefäßstörung und hat demzufolge eine Sehbehinderung (grüner Star), eine vergrößerte Milz und einen Knorpelschaden am Knie. Er kann zwar normal gehen und mit seiner Brille einigermaßen gut sehen, aber nicht lange stehen oder schwer heben. Außerdem hat er eine Lernschwäche.

Trotzdem hat er den Mittleren Schulabschluss geschafft. Und er engagiert sich ehrenamtlich für eine bessere Barrierefreiheit bei der Bahn.

Deutlich mehr Behinderte arbeitslos als Menschen ohne Behinderung

Dass es so schwierig ist, einen geeigneten Ausbildungsplatz zu finden, hätte Matthias Mann nicht gedacht. Und er ist kein Einzelfall. Obwohl sich in den letzten Jahrzehnten viel getan hat bei der Inklusion von behinderten Menschen in den Arbeitsmarkt, sind laut Informationen der Bundesagentur für Arbeit im prozentualen Vergleich deutlich mehr Schwerbehinderte arbeitslos als Menschen ohne Behinderung.

So waren im Jahr 2023 (abschließende Zahlen für das vergangene Jahr 2024 liegen noch nicht vor) rund 170.000 schwerbehinderte Menschen arbeitslos. Und das, obwohl sie laut Bundesagentur für Arbeit oft gut qualifiziert sind.

Sind Ausgleichszahlungen für Unternehmen zu niedrig?

Unternehmen, die nicht die gesetzlich vorgeschriebene Zahl von schwerbehinderten Menschen beschäftigen, müssen eine monatliche Ausgleichszahlung leisten. Doch diese sei mit ein paar hundert Euro viel zu gering, meint Christiane Mann. Vor allem für große Konzerne.

Matthias Manns Mutter fordert auch flexiblere Regelungen bei der Ausbildung. Damit Menschen wie ihr Sohn eine Chance haben, sich beruflich nach dem eigenen Tempo zu entwickeln: "Dass die mal einen Auszubildenden nehmen können, der statt drei Jahre vier Jahre braucht. Weil ein Gymnasiast kann verkürzen, warum kann keiner verlängern?"

Florian Kaiser, der Leiter für berufliche Ausbildung bei der IHK München und Oberbayern, erklärt, dass das Berufsbildungsgesetz, welches die duale Berufsausbildung in Deutschland regelt, für solche Fälle keine Spielräume lasse. Dennoch gebe es die Möglichkeit, die Ausbildungsdauer individuell um ein halbes Jahr zu verlängern, sofern die Zustimmung des Ausbilders vorliegt.

Wunsch: Ausbildungsplatz im Büro

Doch dafür müssen behinderte Menschen wie Matthias Mann überhaupt erst einmal jemanden finden, der bereit ist, sie auszubilden. Für den 21-Jährigen heißt es deshalb weiter: Bewerbungen schreiben.

Sein Wunsch wäre mittlerweile eine Ausbildung im Büro, am liebsten in einem Logistikunternehmen. Er kennt die Arbeitsabläufe schon ein bisschen, weil er manchmal seiner Mutter hilft, die als Sachbearbeiterin angestellt ist.

Und Matthias Mann hat noch einen Wunsch: Er möchte nicht auf das beschränkt werden, wo er Schwierigkeiten hat. Denn es gibt vieles, was er dafür richtig gut kann: "Also, ich bin computermäßig ziemlich gut aufgestellt und auch teamfähig. Zuverlässig. Wo man mich braucht, bin ich immer da."

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!