Susanne Renner steht in der Küche des Johanniter-Kindergartens Zauberwald in Tegernheim und räumt die Spülmaschine ein. Seit dem Frühjahr ist sie hier angestellt. Ihre Aufgabe: Vor und nach dem Mittagessen der Kinder kümmert sie sich um das Geschirr und reinigt die Oberflächen. Jeden Tag ist sie von 10.45 Uhr bis 14.30 Uhr in der Küche im Einsatz. Langweilig wird es ihr hier nicht, sagt sie. "Nach dem Mittagessen kommen mehr Teller zusammen, da hab ich schon was zu tun. Es macht mir wirklich Spaß, hier in der Küche zu arbeiten."
Arbeitsagentur unterstützt Kindergarten
Susanne Renner ist 46 Jahre alt. Zuvor hat sie in der Wäscherei eines Seniorenheims gearbeitet. Doch die Aufgaben der Wäscherei wurden dann von einer externen Firma übernommen. Sie musste sich eine neue Arbeit suchen. Die Zeit ohne Arbeit sei nicht förderlich gewesen, sagt ihre Mutter, Ingrid Renner. Jetzt habe sie Anregung noch und nöcher.
Im Kindergarten arbeitet Susanne Renner nun 19 Stunden pro Woche. Für ein Jahr übernimmt die Agentur für Arbeit fünfzig Prozent der Kosten für die Stelle - wegen des größeren Aufwands beim Einarbeiten. Ansonsten handelt es sich laut den Johannitern, die den Kindergarten betreiben, um einen normalen Arbeitsvertrag. Eine Seltenheit bei Menschen mit Trisomie 21. Viele bekommen trotz Eignung auf dem richtigen Arbeitsmarkt kaum eine Chance.
Zu wenig Angebot für Menschen mit Trisomie 21
Das bestätigt auch Karin Lange vom Verein "einsmehr" in Augsburg, der Familien beim Thema Trisomie 21 unterstützt. In den rund 230 Familien, die vom Verein betreut werden, hätten nur etwa fünf Betroffene eine Stelle auf dem regulären Arbeitsmarkt. Viele Unternehmen hätten Berührungsängste – auch aus Unwissenheit, sagt Lange. Obwohl manche Bewerber sehr wohl für den sogenannten "ersten Arbeitsmarkt" geeignet wären, blieben am Ende doch oft nur die Werkstätten. Die häufig geäußerte Kritik, dass Menschen hier ausgenutzt würden, da kein Mindestlohn gezahlt werde, teilt Lange aber nicht: "Die Werkstätten haben auf jeden Fall ihre Berechtigung und sind für viele der Weg. Aber manche sind auch unterfordert." Die Betroffenen sollten zumindest die Chance haben, zu wählen.
Reguläre Betriebe müssten sich mehr bewegen und spezielle Stellen schaffen, sagt die Vereinsvorsitzende. Geeignete Arbeitsplätze gebe es zum Beispiel in der Gastronomie, in Kliniken oder der Altenpflege – oder eben im Kindergarten, sagt Lange. Alles Bereiche, die immer wieder auch über einen Arbeitskräftemangel klagen.
Inklusion für Kindergärten wichtig
Im Kindergarten Zauberwald sind sie jedenfalls sehr froh über ihre neue Mitarbeiterin, sagt Daniela Klotz aus der Kindergartenleitung. Zwar hätten die Kinder am ersten Tag schon geschaut, aber schon am zweiten Tag sei das vorbei gewesen. Wenn das Geschirr erledigt sei, bleibe manchmal auch noch Zeit zum Spielen mit den Kindern. Beim Puzzeln oder bei den Bügelperlen sei die neue Mitarbeiterin bei den Kindern als Helferin besonders gefragt.
Inklusion gehöre in die Kindergärten, sagt Klotz. Viele Kinder würden keine Menschen mit Behinderung kennen und hätten daher keine Berührungspunkte. Und was sagt Susanne Renner? Auch wenn es manchmal laut ist, was sie eigentlich überhaupt nicht mag, gefällt ihr ihre neue Arbeit. "Eigentlich perfekt", sagt sie. "Da ist immer was los."
- zur ARD-Mediathek: Behindertenwerkstätten in der Kritik: Gescheiterte Inklusion?
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