Der erste Möbel-Transporter war schon da – im Kloster Regina Pacis mitten in Rödelmaier herrscht Aufbruchstimmung. Und Wehmut: Zwei Jahre, ehe die Karmelitinnen das hundertjährige Bestehen des Karmels im unterfränkischen Landkreis Rhön-Grabfeld hätten feiern können, geben die acht Ordensfrauen ihren Klosterstandort auf.
Altersdurchschnitt 75: "Da kann man keine großen Sprünge mehr machen"
"Wir schaffen das einfach nicht mehr", sagt Priorin Ancilla Bulowski. Sie selbst ist 66 Jahre alt, die Jüngste ist 57, die Älteste 91, der Altersdurchschnitt liegt bei 75. "Da kann man keine großen Sprünge mehr machen", bilanziert Ancilla Bulowski. Und es kämen ja auch keine jüngeren Frauen nach, die sich für ein Leben zwischen Gebet und Arbeit hinter Klostermauern entscheiden – und die Karmelitinnen beim Erwirtschaften des eigenen Lebensunterhalts unterstützen könnten.
Schon zu Ostern haben sie ihre Hostienbäckerei aufgegeben, die Kräfte reichten einfach nicht mehr aus. Allerdings: "Die Einnahmen brauchten wir", sagt Ancilla Bulowski. Doch je älter die Schwestern werden, desto weniger können sie mit anpacken, um für den eigenen Broterwerb zu sorgen, zum Beispiel in der Kerzenwerkstatt, die auch zum Karmel in Rödelmaier gehört.
"Da fällt ein Kern des Dorfes raus"
Da half es auch nichts, dass zum Jahresbeginn ein offener Brief an die Karmelitinnen adressiert wurde, nachdem sich herumgesprochen hatte, dass die Ordensfrauen überlegen, ihr Kloster aufzugeben. "Ein Funken Hoffnung war da, dass die Schwestern doch bleiben", sagt Elisabeth Glückert aus der örtlichen Pfarrgemeinde, die den Brief mit aufgesetzt hat. "Unsere Pfarreiengemeinschaft würde ein wichtiges spirituelles Zentrum verlieren", heißt es in dem Brief. Mit 757 Unterschriften hatte ihn fast das ganze Dorf unterschrieben, auch Carola Kroczek vom Pfarrgemeinderat. "Da fällt ein Kern des Dorfes raus", sagt sie. Zumal sich die Karmelitinnen, die ihrer Ordensregel gemäß eigentlich zurückgezogen in Klausur leben, in Rödelmaier durchaus auch am katholischen Leben außerhalb der Klostermauern teilgenommen haben.
Umso größer wird die Lücke, die die Karmelitinnen hinterlassen: Schon zu Jahresende wollen die acht Ordensfrauen bei sechs Mitschwestern in der Eifel sein, um dort mit vereinten Kräften weiterzumachen. Nach Rödelmaier wollten die rheinland-pfälzischen Karmelitinnen nicht ziehen, das Kloster in Rödelmaier wäre ihnen zu klein und wegen der zentralen Lage in Rödelmaier zu dicht am Geschehen, was nicht zu ihrem Gebetsleben gepasst hätte. "Aber das Gemeinsame ist uns wichtiger als der Ort", sagt Priorin Ancilla Bulowski, auch wenn es selbst unter den Ordensfrauen eine Opposition gab, die bis zuletzt für den Verbleib in Rödelmaier eintrat.
Bald Flüchtlinge statt Ordensfrauen im Kloster?
Die Mehrheitsentscheidung hat sich aber durchgesetzt. Der Karmel in Rödelmaier wird bald Geschichte sein. Zurück bleibt der denkmalgeschützte Klosterbau, über dessen weitere Verwendung noch nicht entschieden ist. Richtungsweisend für die Nachnutzung wird die Entscheidung der Ordensfrauen sein, an wen sie verkaufen. Ein Gutachten schätzt den Wert des sanierungsbedürftigen Gebäudes auf 1,7 Millionen Euro.
Der Landkreis hat schon signalisiert, kein Interesse zu haben – also auch nicht, um in dem bald leerstehenden Kloster etwa Flüchtlinge aufzunehmen. "Und wir hören, dass die Gemeinde eh dagegen ist", sagt Ancilla Bulowski, der eine Nachnutzung wichtig ist, mit der auch die Menschen in Rödelmaier leben können. Denen wäre es freilich am liebsten gewesen, wenn die Karmelitinnen einfach geblieben wären. Am Sonntag feiern sie mit dem Würzburger Bischof Franz Jung einen Abschiedsgottesdienst – ab 14 Uhr in der benachbarten Pfarrkirche.
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