Umgekippte Milchkanne neben in Glaskännchen und Gläser abgefüllter Milch
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Der Milchmarkt ist hart, manche Familienbetriebe geben auf

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Kleine Betriebe ausgeliefert? Die Macht des Milchmarktes

Kleine Betriebe ausgeliefert? Die Macht des Milchmarktes

Auf dem Milchmarkt gelten harte Regeln, mit denen besonders kleine Betriebe oft zu kämpfen haben. Einer von ihnen ist Ziegenhalter Christoph Röckl. Er musste seine Milchproduktion im Bayerischen Wald einstellen – trotz vielversprechender Prognosen.

Über dieses Thema berichtet: Der Funkstreifzug am .

Um eine Zeitreise zu unternehmen, reicht auf dem Hof von Christoph Röckl in Grafenau im Bayerischen Wald ein Schritt durch eine ganz bestimmte Tür. Dahinter verbirgt sich eine Melkanlage. Die Maschine zeugt von dem, was sich Röckl hier als Produzent von Ziegenmilch mit 100 Tieren aufbauen wollte. Doch sein Traum ist ausgeträumt, Spinnennetze spannen sich über Rohre und Leitungen.

Seine Ziegen hätten jetzt "ein schönes Leben", sagt Röckl. Nur einbringen würden sie nichts mehr. Die Milchziegen sind "trocken gestellt", Milch geben sie keine mehr. Die Molkerei, die Röckl belieferte, hat ihm zum Jahresende 2023 gekündigt. Seit August vergangenen Jahres kommt zu ihm und den beiden anderen Ziegenmilcherzeugern in der Region kein Milchwagen mehr.

Der Fall des Landwirts aus Niederbayern klingt zunächst speziell – schließlich ist Ziegenmilch ein Nischenprodukt – doch der Reihe nach.

Molkerei setzte auf Ziegenmilch

Christoph Röckl und seine Frau hatten sich im Jahr 2017 im Zuge einer Infoveranstaltung des Landwirtschaftsamtes Deggendorf überzeugen lassen, zu Ziegenhaltern zu werden. Anwesend war damals auch ein Vertreter der Molkerei Scheitz aus Andechs in Oberbayern. Wie sich anhand des BR-Archivs belegen lässt, prognostizierte er, dass die Molkerei mehr Ziegenmilch verarbeiten und vermarkten könne.

Die Röckls entschieden sich damals mit Anfang 20, den alten Kuhstall des Vaters umzubauen. Mit der Molkerei schlossen sie einen Fünfjahresvertrag ab.

Deal: Wenig Geld, dafür Sicherheit

Schon zu Vertragsbeginn mussten die Landwirte die hohen Transportkosten für die Milch selbst zahlen, 26 Cent. Damit verdienten Röckl und fünf weitere Bauern aus der Umgebung zuletzt 60 Cent pro Liter Ziegenmilch statt der 93 Cent, die laut Bundesinformationszentrum Landwirtschaft branchenüblich sind.

Dafür, so hieß es von der Molkerei, sei die Abnahme der Milch garantiert. Wenig Geld, viel Sicherheit: Das war der Deal, auf den sich die Bauern einließen - zumal es keine anderen Abnehmer für die Milch gab. Damit der Milchtransport günstiger wurde, hatten die Röckls 2020 mit einem Tag der offenen Tür versucht, mehr Bauern in ihrer Gegend für die Ziegenmilchproduktion zu begeistern – ohne Erfolg.

Projekt nicht lohnend

Für die Molkerei erwies sich das Projekt offenbar als nicht lohnend. Der Milchwagen hätte die sechsfache Menge fassen können. Dafür hatte sie den Landwirten angeboten, dass sie die Milch zumindest bis zum Vertragsende selbst zur nächsten Sammelstelle fahren können. Die liegt gut 100 Kilometer entfernt in Österreich. Seine Kollegen haben sich darauf eingelassen, Christoph Röckl nicht.

Beim Ziegenzuchtverband Bayern hat man zwar keine schlechten Erfahrungen mit der Molkerei Scheitz in Andechs gemacht. Doch das Problem, als kleiner Milchviehbetrieb nicht rentabel zu sein, kennen viele hier.

Christian Röckl mit Ziegen
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Im Bayerischen Wald haben einige Bauern auf Ziegenmilch umgestellt - damals scheinbar eine gute Idee. Nun hat die Molkerei den Vertrag gekündigt.

Enormer Preisdruck

Viel Masse – und geringe Preise. Dieses System prägt die Milch-Branche seit der Industrialisierung der Landwirtschaft. Selbst im Premiumsegment Bio-Ziegenmilch seien die Preise im Grunde zu gering, heißt es vom Verband.

  • Zum Artikel: Bauern-, Land-, Weide- oder Alpenmilch: Was ist wirklich drin?

Mit dem Finger auf die Molkereien zu zeigen, ist dem Agrarwissenschaftler Martin Banse dabei aber zu einfach. Banse leitet das Thünen-Institut für Marktanalyse in Braunschweig und beschäftigt sich mit dem Milchmarkt. Während sich die landwirtschaftlichen Betriebe als Spielball im Machtgefüge der Molkereien fühlen würden, gehe es den Molkereien im europäischen oder globalen Wettbewerb genauso, sagt Banse unter Verweis auf seine Forschungen. Die Molkereien könnten schließlich nur die Preise auszahlen, die sie am Markt erzielen können.

Letztlich ist es also die Zahlungsbereitschaft der Verbraucher, die den Preis für die Milch bestimmt. Die Rechnung scheint genauso einfach wie ungerecht: Der Einzelhandel und die Molkereien behalten eine Marge ein – das kann der Landwirt nicht, denn er steht als Produzent am Ende der Kette.

Landwirt muss Risiko tragen

Allerdings, so Banse, sei der Landwirt selten das Opfer. Er müsse in der Lage sein, unternehmerische Risiken abzuwägen. Das räumt auch der Vater von Christoph Röckl ein. Er verweist im gleichen Atemzug aber darauf, dass die Familie wegen des Vertrages mit der Molkerei kaum Bedenken gehabt habe. Man habe die Familie "mehr oder weniger angeworben", erinnert sich Josef Röckl. Niemand habe sich der Molkerei angedient. Die wiederum hat ihre Prognosen von damals korrigiert. Eine wirtschaftliche Schwäche, so ein Vertreter der Molkerei, wirke sich schnell auf den Markt aus.

Direktvermarktung keine Alternative

Die eigenen Produkte als Direktvermarkter zu verkaufen, ist für Christoph Röckl keine Alternative. Hier locken zwar die besten Gewinnchancen, Röckl fürchtet aber den damit verbundenen Aufwand. Zudem seien die Investitionskosten für eine eigene Molkerei mit über 150.000 Euro zu hoch.

Die Ziegen will die Familie deshalb verkaufen und von ihrem zweiten Standbein leben, der Herstellung von Mittelwänden für Bienenstöcke. Denn wie die meisten sind auch die Röckls nur im Nebenerwerb Bauern. Zum Glück, sagen sie heute.

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