Die brutalen Schreihälse können wieder einen Erfolg verbuchen. Immer öfter vertreiben sie Leute aus der Politik. Erzwingen Personalentscheidungen durch Einschüchterung, Drohung, Hetze. Methoden, die bei der Auslese unseres politischen Personals nicht vorgesehen sind. Und die gefährlich sind für die Demokratie.
Gegner vor der Haustür
Politiker müssen Streit, Stress, Frustration, Zwänge ertragen. Unfaire Kritik sowieso. Kein Mitleid! Was aber nicht in ihrer Job-Beschreibung steht: Angst, Sorge um die Familie, ein Mob vor der Haustür oder auf dem Dach. Dass der Bauernpräsident Felßner die Bauernproteste gegen die Ampel seinerzeit mäßigte, hat die Tierschützer auf seinem Hof nicht beeindruckt. Sie griffen zu Mitteln, die Felßner seinen Gegnern ersparte. Verständlich, dass er hinwirft.
Wäre Felßner der Erste, der auf solchen Kampf keine Lust hat, wäre es nicht so schlimm. Aber wir sehen eine Kette der Kapitulationen. Zu Recht warnte Bärbel Bas kurz vor ihrem Ausscheiden als Bundestagspräsidentin, Deutschland verliere auf allen Ebenen der Politik Frauen, die sich sexistische Angriffe, Anfeindungen, Hass nicht mehr antäten. Männer auch, wäre zu ergänzen. Der CDU-Mann Marco Wanderwitz aus Sachsen war nur der Bekannteste, der vor "brutalen Schreihälsen" aus der Bundespolitik floh.
Nachwuchsproblem für die Demokratie
Die Auswahl an Repräsentanten, auf die eine repräsentative Demokratie angewiesen ist, wird derzeit gewaltvoll geschrumpft. Wer das gutheißt, opfert das Land dem radikalen Mittelmaß. Es ist egal, ob Günther Felßner ein vielversprechender Ministerkandidat war. Dass seine politische Karriere jetzt so endet, kann auch den engagiertesten Tierschützer nicht freuen. Wir dürfen die Auswahl unserer Entscheider weder dem Mob noch Aktivisten überlassen. Sonst droht ein dramatischer politischer Nachwuchsmangel.
Diäten und Besoldungen der Politiker sind kein Schmerzensgeld. Sie dürfen es niemals werden. Sonst fließen sie nur noch an Leute, die Politik nicht aus Leidenschaft machen. Sondern weil sie nichts anderes können.
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