Jugendliche in München-Riem
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Kritik an AfD-Antrag: "Gegen die Interessen der Jugend"

Kritik an AfD-Antrag: "Gegen die Interessen der Jugend"

Die AfD sagt der größten bayerischen Jugendorganisation den Kampf an: Sie will die Mittel des Bayerischen Jugendrings kürzen. Wegen mangelnder Neutralität. Das passt zum Jugendbild der Partei.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Die AfD feiert sich auf TikTok und erreicht dort mehr junge Menschen als andere Parteien. Da ist zum Beispiel das Video von Maximilian Krah. Der Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl gibt jungen Männern Datingtipps und erklärt: "Echte Männer sind rechts, echte Männer haben Ideale, echte Männer sind Patrioten, dann klappt es auch mit der Freundin." Die Klickzahlen dieses und anderer TikTok-Videos von AfD-Politikern sind hoch.

Die Partei schafft es, Jugendliche anzusprechen. Das zeigt auch die Landtagswahl in Bayern im vergangenen Herbst. In der Altersgruppe von 18 bis 24 Jahren wählten 16 Prozent die AfD. Auch bei der U18-Wahl konnte die AfD große Zugewinne verzeichnen. Sie holte 14,9 Prozent und legte um 6,6 Prozentpunkte zu. Davon können andere Parteien nur träumen.

AfD will bei der Jugendarbeit sparen

Umso mehr lässt ein Antrag im bayerischen Landtag aufhorchen. Die AfD fordert kurz vor den Schlussberatungen, die Mittel für den Bayerischen Jugendring (BJR) im Doppelhaushalt 2024/2025 zu kürzen. Statt sieben Millionen Euro soll die Jugendorganisation nur noch vier Millionen für die Landesgeschäftsstelle und das Institut für Jugendarbeit bekommen. Begründung: Der BJR arbeite nicht "neutral" genug. "Im Bayerischen Jugendring finden sich auch Mitgliedsorganisationen, die politisch nicht auf neutraler Grundlage stehen", heißt es in dem Antrag. Als Beispiel wird die Jugendorganisation "Die Falken" genannt.

Der BJR ist laut Bayerischem Sozialministerium allerdings der "wichtigste Partner" der Staatsregierung in der Jugendarbeit. Er erreiche mit seinen Mitgliedsverbänden und Untergliederungen rund zwei Drittel aller bayerischen Kinder und Jugendlichen. Franz Schmid, jugendpolitischer Sprecher der AfD, will trotzdem weniger Geld für den BJR ausgeben. Er warnt: Manche Mitgliedsorganisationen des BJR – wie die Falken - stünden nicht auf "politisch neutraler Grundlage" und negierten "sogar die freiheitlich-demokratische Grundordnung". Die Jugendarbeit in Bayern ist laut Schmid auch ohne den BJR gut aufgestellt. Zahlreiche Sport-, Musik- oder Heimatvereine würden schon jetzt einen großen Teil der Jugendarbeit übernehmen. Ein BJR, „der vor allem einen politischen Auftrag hat“, sei da nicht notwendig.

Wissenschaftler: AfD will Demokratiebildung verhindern

Ist die AfD also doch nicht so nah an der Jugend dran? Sozialforscher Nils Schuhmacher und Sozialpädagoge Moritz Schwerthelm setzen sich wissenschaftlich mit der Jugendpolitik der AfD auseinander. Die Forscher der Universität Hamburg kommen zu dem Schluss: Die AfD wolle Demokratiebildung verhindern. "Politische Anträge wie die der AfD in Bayern versuchen, die erwähnte demokratische Vielfalt mit dem Verweis auf ein vermeintlich bestehendes Neutralitätsgebot in Frage zu stellen", schreiben Schuhmacher und Schwerthelm BR24 auf Anfrage. Wenn junge Menschen unterschiedliche politische Positionen erleben und lernen, für sich selbst eine Position zu finden, dann sei das Demokratiebildung. "Die AfD will diese Meinung vereinheitlichen. Und damit ist man wohl eher beim Ende des demokratischen Denkens."

Die Kinder- und Jugendarbeit unterliegt laut den Wissenschaftlern absichtlich keinem Neutralitätsgebot, wie es die AfD fordert. So steht es auch im Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (SGB VIII). "Man wollte vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus und der Hitlerjugend verhindern, dass eine demokratische Vielfalt an Meinungen und Perspektiven auf die Welt eingeschränkt oder gar unterdrückt wird", erklären Schuhmacher und Schwerthelm. Die Vorgehensweise der AfD bestehe nun darin, mit dem Begriff der Neutralität genau diese Vielfalt anzugreifen.

CSU verspricht mehr Geld für Jugendarbeit

Das sei mit der CSU aber nicht zu machen, bekräftigt Thomas Huber (CSU), stellvertretender Vorsitzender im Sozialausschuss des Landtags. "Wenn die AfD an der Jugend spart, schwächt sie die Demokratie." Politiker dürften Jugendlichen keine politische Gesinnung vorschreiben. "Wir wollen Jugendliche zur politischen Teilhabe animieren."

Den BJR möchten CSU und Freie Wähler deshalb stärken, statt schwächen. Die Regierungsfraktionen planen, die Jugendorganisation 2024 und 2025 zusätzlich mit 2,5 Millionen Euro zu fördern. Das Geld stammt aus der sogenannten Fraktionsinitiative, einem Budget, über das CSU und FW gesondert verfügen.

Sozialministerin Scharf: Vielfalt ist unverzichtbar

Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) stellt sich ebenfalls gegen den AfD-Antrag und hinter den Bayerischen Jugendring: "In herausfordernden Zeiten, in denen unsere demokratischen Strukturen von verschiedenen Seiten angegriffen werden, ist die Jugendarbeit wichtiger denn je." Die Vielfalt der dort verankerten Jugendverbände sei unverzichtbar für eine aktive Jugendarbeit.

In den vergangenen Jahren hat das Ministerium die Mittel für den BJR sogar erhöht. Während die Jugendarbeit des BJR 2018 noch mit fast 25 Millionen Euro gefördert wurde, waren es vergangenes Jahr 31 Millionen Euro. Auch heuer soll es wieder um die 30 Millionen Euro für den BJR vom Staat geben. Dem Vorwurf der AfD, die Jugendarbeit sei nicht neutral, widerspricht das Sozialministerium.

Die von der AfD kritisierte Organisation „Sozialistische Jugend – Die Falken“ fordert auf ihrer Internetseite ihre "Helfer" auf, "eine zentrale Rolle in unserem Klassenkampf für eine bessere Welt" einzunehmen und betont, dass sie den "Kapitalismus und seine Erscheinungen verabscheut". Dennoch hält das Ministerium "die Falken" für unproblematisch. Die genannten Zitate seien von der "grundgesetzlich garantierten Meinungsfreiheit abgedeckt". Das Sozialministerium sei in regelmäßigem Austausch mit dem Innenministerium, ob Jugendverbände womöglich "nicht auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung" stünden.

BJR-Präsident: AfD-Antrag "komplett irrational"

Auch der Bayerische Jugendring selbst wehrt sich gegen die Einsparpläne der AfD. Besonders jetzt sei Jugendarbeit besonders wichtig, mahnt Präsident Philipp Seitz. "Gerade junge Menschen sind von den Auswirkungen der Coronapandemie betroffen. Außerdem bereiten ihnen die aktuellen Kriege und die hohe Inflation große Sorgen." Die Jugendarbeit gebe in schwierigen Zeiten Halt und Orientierung, so Seitz. "Dass die AfD nun die Jugendarbeit zusammenstreichen möchte, ist komplett irrational und verantwortungslos."

Ähnlich reagiert die SPD im bayerischen Landtag auf den AfD-Antrag. "Die AfD vertritt nicht die Interessen der Jugendlichen", kritisiert die jugendpolitische Sprecherin der SPD, Anna Rasehorn. Der Bayerische Jugendring setze sich "mit aller Kraft für Demokratiebildung und gegen Diskriminierung" ein. "Dass die AfD hier Mittel kürzen will, passt ins Bild dieser rechtsextremen Partei, die alles aus dem gesellschaftlichen Leben drängen möchte, das nicht in ihr Weltbild passt."

Die AfD und die Jugend: Kein Interesse?

Wenn die AfD also bei der Jugendarbeit sparen will und – wie Kritiker behaupten – gar nicht an der Demokratiebildung junger Menschen interessiert sei, wie steht die AfD dann überhaupt zur Jugend? Laut den Hamburger Wissenschaftlern Schuhmacher und Schwerthelm verfügt die AfD nicht über eine jugendpolitische Agenda. Die Partei interessiere sich im Grunde gar nicht für Jugendliche, ihre Belange und Bedürfnisse. Stattdessen gehe es der AfD in Posts und politischen Aussagen "um eigene Sichtbarmachung, unabhängig von der Frage, wieviel inhaltliche Substanz der Beitrag aufweist".

Und die beiden Wissenschaftler gehen bei ihren Forschungsergebnissen noch weiter. Ein Blick in die Parteiprogramme der AfD zeige: "Jugendliche tauchen bei der AfD als Gegenstand der Erziehung auf, und zwar in der Familie, in der Schule und im Rahmen der Strafgesetzgebung, weniger als Subjekt mit eigenem Willen und eigenen Bedürfnissen." Bei dem von der AfD favorisierten Erziehungsstil gehe es nicht um "Förderung, Emanzipation, Entwicklung zu einer eigenständigen kritikfähigen Person". Erziehung werde vor allem "im Modus der Disziplinierung und als Ordnungspolitik" gedacht. Zu den heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen der Pädagogik passe das rein gar nicht.

Die AfD hat der größten bayrischen Jugendorganisation den Kampf angesagt: Dem bayrischen Jugendring (BJR) . Die AfD fordert kurz vor Abschluss der Verhandlungen zum Doppelhaushalt, dem Jugendring die Mittel fast zu halbieren.
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Die AfD hat der größten bayrischen Jugendorganisation den Kampf angesagt: Dem bayrischen Jugendring (BJR).

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